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Ältestes Gotteshaus außerhalb Würzburgs

Pfarrkirche Sankt Johannes der Täufer in Brendlorenzen feiert 1300. Jubiläum –Pontifikalgottesdienst mit Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele

Bad Neustadt (POW) Eine originale Urkunde zur Kirchweihe gibt es nicht mehr. Doch eine Vielzahl von Querverweisen legt den Schluss nahe: die Pfarrkirche Sankt Johannes der Täufer im Bad Neustädter Stadtteil Brendlorenzen kann 2006 auf 1300 Jahre Geschichte zurückblicken. Am Sonntag, 19. November, feiert die Pfarrei aus diesem Grund um 9.30 Uhr einen Pontifikalgottesdienst mit Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele. Bereits am Donnerstag, 16. November, um 19.30 Uhr referiert Historiker Dr. Heinrich Wagner in der Pfarrkirche zum Thema „Die Frühzeit des Christentums im Vorland der Rhön“.

Eine wichtige Quelle zur Altersbestimmung der Kirche von Brendlorenzen zitierte 1992 Anton Lutz, damals Pfarrer in Brendlorenzen, im Kirchenführer. Die Mönche des nahe gelegenen Zisterzienserklosters Maria Bildhausen betreuten von 1307 bis zur Auflösung ihres Konvents im Jahr 1803 die Pfarrei und pflegten folgende Überlieferung: „Die Kirche in Brend wurde im Jahre 706 vom heiligen Willibrord, der damals zur Einweihung der von Herzog Hetan II. auf seinem Schlosse gebauten Kirche nach unserem Franken gekommen war, zu Ehren des heiligen Martinus eingeweiht.“ Sie ist demnach außerhalb Würzburgs das älteste noch erhaltene Gotteshaus im Bistum Würzburg. Der lückenlose baugeschichtliche Zusammenhang zwischen der Ur-Anlage und der heutigen Kirche steht außer Zweifel.

Diese Einschätzung unterstreicht Pfarrer Hans Beetz. „Bei der Bistumsgründung im Jahr 742 ist das Gotteshaus in Brendlorenzen bezeugt. Stand damals die „Basilica Sankt Martin“, so müsse sie vorher eingeweiht sein. Das könne nur in der Zeit zwischen der Mission durch Kilian und Gefährten im Jahr 689 und der Bistumsgründung 742 geschehen sein. „Es ist belegt, dass Willibrord nach 700 Missionsreisen in das heutige Rhön-Grabfeld unternommen hat.“ Dem Anschein nach war die Kirche „in villa Brende“, wie auf einer Urkunde Ludwigs des Frommen zu lesen ist, Stützpunkt für die Christianisierung des damalige Westergaus. „Die Tatsache, dass das Gotteshaus ursprünglich Eigenkirche des Königs war und unter Karl dem Großen wieder in den Besitz des Herrscherhauses kam, ist bezeichnend für die damalige Verquickung von Mission und Kolonisation, von Kirche und Reichspolitik“, schreibt Lutz im Kirchenführer. Die unmittelbare Nähe einer Quelle legt die Vermutung nahe, dass sich an der Stelle der späteren Basilika ein Taufplatz befand, der zuvor vielleicht auch heidnischer Kultplatz war. „Das würde auch erklären, weshalb die Kirche heute Johannes dem Täufer geweiht ist und nicht mehr dem heiligen Martin“, sagt Beetz.

Nicht zuletzt wegen des wuchtigen Turms mit Satteldach vermittelt die Kirche von außen die Vorstellung einer romanischen Gottesburg. Im Inneren prägt doch eine überwiegend barocke Ausstattung das Bild. Der Hochaltar wurde 1719 vom Neustädter Bildhauer Johann Caspar Hippeli errichtet und wurde 1755 um einige Rokokoelemente ergänzt. Das Altarbild zeigt die Himmelfahrt Mariens. „Die Zisterzienser waren großer Marienverehrer. So ist die Himmelfahrtsdarstellung zusammen mit der Figur von Bernhard von Clairvaux ein Hinweis auf die Zisterzienser, die Seelsorger in Brendlorenzen waren“, berichtet Beetz. Besonderes Kleinod der Pfarrkirche ist die alte Sakristei, deren spätgotische Fresken in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zufällig wiederentdeckt wurden. Zu sehen sind unter anderem ein Zyklus von 22 Szenen aus dem Leben Jesu. Er reicht von dem Gespräch Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen über den Einzug nach Jerusalem und die Kreuzigung bis hin zur Darstellung Jesu in seiner himmlischen Herrlichkeit: Er thront auf dem Regenbogen; zwei Schwerter, die von seinem Mund ausgehen, und zwei Engel mit Posaunen weisen Jesus als Weltrichter aus. An der Außenwand der Sakristei ist dem Leben Jesu die Reihe der Apostel gegenüber gestellt.

2004 regte Dr. Annette Faber vom Landesamt für Denkmalpflege eine genaue Altersbestimmung des historischen Dachstuhls der Kirche an. „Das Ergebnis ist eine kleine Sensation“, sagt Beetz. Das dendrochronologische Gutachten, bei dem anhand des Musters der Jahresringe das Alter der Bäume ermittelt wird, wies Hölzer nach, die 1120 und 1188/89 gefällt worden sind. „In Bayern gibt es nur wenige Dachstühle, die älter sind.“ Die Kirche sei über Jahrhunderte von Feuer verschont geblieben und habe auch den Zweiten Weltkrieg ohne Bombardierung überstanden. Und auch das Eichenholz selbst sei ein besonders beständiges Material.

Für Pfarrer Anton Lutz ergibt sich aus der langen Geschichte der Kirche auch ein Auftrag, wie er im Kirchenführer abschließend schreibt: Sie verpflichte, „dieses Denkmal der Frömmigkeit und des Kunstsinns unserer Vorfahren zu pflegen und mit Leben zu erfüllen, damit es auch künftigen Generationen Zeugnis von der Kraft des Glaubens gebe.“

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