Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Aids macht sprachlos

Film- und Diskussionsabend der Pfadfinder und des Café Dom@in im Kilianeum

Würzburg (POW) „Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wie kann ich es sagen? Und wie wird meine neue Freundin darauf reagieren, dass ich Aids habe?“ Der 16-jährige Jan im Spielfilm „Fickende Fische“ wartet, bis es fast zu spät ist. Beinahe geht die Liebe zwischen ihm und Nina an seiner Sprachlosigkeit zu Bruch. Marco dagegen hat seinem Freund schon beim ersten Rendezvous reinen Wein über seine Aids-Erkrankung eingeschenkt. Marco redet im Anschluss an den Film im Café Dom@in am Mittwochabend, 30. November, ganz offen über seine Erkrankung. Er habe ein Gespür dafür entwickelt, wem er von seiner Krankheit erzählen könne und wem nicht. Schon einige Jahre sei er inzwischen mit diesem Freund zusammen. Aids sei für sie stets präsent, obwohl sein Freund darüber nicht sprechen könne.

Es ist sehr still geworden im Kilianeum in der Ottostraße bei der Veranstaltung des Café Dom@in und der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) im Rahmen ihrer Themenwoche Aids. Die kleine Runde der Gesprächteilnehmer hört Marco sehr aufmerksam zu. Ines Richter-Schulz vom Caritas-Aidszentrum Unterfranken ergänzt: Sie habe einen Klienten, der seinem Freund schließlich – neben ihm auf der Couch sitzend – per SMS seine Aids-Erkrankung mitgeteilt habe, weil es ihm nicht über die Lippen gekommen sei. Anders als bei anderen Krankheiten, müssten Aids-Kranke viel mehr Verantwortung für andere übernehmen, um sie nicht anzustecken, ergänzt Lambert Zumbrägel, Leiter des Café Dom@in.

Aids macht sprachlos. Viele seiner Bekannten und Freunde sprechen Marco nie auf Aids an. Unsicherheit und Angst bestimmen noch immer den Umgang mit aidskanken und HIV-positiven Menschen. Das wird im Gespräch deutlich. Eine falsche, oft reißerische Darstellung des Themas in den Medien – vor allem in den Anfangsjahren der Krankheit – habe viel dazu beigetragen, stellt Richter-Schulze fest. Erschreckend sei, wie wenig Wissen über die Ansteckungswege bei Jugendlichen vorhanden sei. Dass der Aidserreger durch Geschlechtsverkehr übertragen werde, sei zwar oft bekannt. Dass man einen Aidskranken küssen könne, ohne eine Ansteckung fürchten zu müssen, wüssten allerdings immer noch sehr wenige.

Richter-Schulze lobt den Film der Regisseurin Almut Götte, weil er die Fakten über Aids richtig darstelle. Das sei in Fernsehen meistens nicht der Fall. „Aids ist inzwischen therapierbar, aber nicht heilbar“, sagt die Sozialpädagogin, die von Aids Betroffene berät und Aufklärungsarbeit an Schulen leistet. Wenn er jeden Morgen immer zur gleichen Uhrzeit seine Medikamente nehmen muss, wird Marco an seine Krankheit erinnert. Nie kann er mal lange ausschlafen. Und wie Jan im Film bekommt er da schon mal eine richtige Wut: „Da könnte ich auch mal alles kurz und klein schlagen.“ Den Rückzug in eine Traumwelt – Jans Paradies ist „dunkel, blau und nass“ und liegt bei den Fischen unter Wasser – kennt Marco auch von sich. Er träumt dann von einem eigenen Café, um der Wirklichkeit zu entfliehen.

Es war ein Abend, der berührte und mehr Beteiligung verdient gehabt hätte, sind sich die Veranstalter einig. Doch der kleine Kreis habe die Beobachtung bestätigt, dass Aids unsicher und sprachlos mache. Nach Aussage Zumbrägels kommt das Aids-Quiz bei den Jugendlichen besser an, bei dem man in der Themenwoche Aids im Café Dom@in mitmachen kann. Wenn er sie anspreche: „Schon mal einen Aids-Test gemacht?“, füllten alle den Fragebogen aus. Und dann gebe es die Chance, ins Gespräch zu kommen.

(4905/1600; E-Mail voraus)