Evangelium
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen. Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat. Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht. Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch zurück. Wenn ihr mich lieb hättet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich. Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.
Johannes 14,23–29
Der sechste Ostersonntag fällt in diesem Jahr auf den 1. Mai. Der 1. Mai ist ein sogenannter weltlicher Feiertag; es ist der Tag der Arbeit. 1890 wurde dieser Tag der Arbeiter in Amerika begründet und später in Deutschland zum Feiertag erhoben. Der 1. Mai dient vor allem dazu, Arbeitern ihre Rechte zukommen zu lassen. Die Kirche hat sich offenbar der Idee angeschlossen und den 1. Mai zum Gedenktag für den heiligen Josef bestimmt: Josef den Arbeiter.
In diesem Jahr steht im Zentrum dieses sechsten Ostersonntags allerdings die Geschichte der Kirche nach der Auferstehung Jesu.
Wie es in einer Institution so üblich ist, wenn sie immer größer wird, entstehen Fragen und Konflikte.
Für die ersten Christen war es eine große Frage, ob jene, die sich taufen lassen wollten, vorher noch beschnitten werden mussten.
Die eine Seite vertrat die Meinung, nur wer – wie Jesus auch – Jude war (sich also beschneiden ließ), kann getauft werden. Die andere Seite mochte den Taufwilligen „keine weitere Last“ auferlegen.
Wer hat Recht?
Im Evangelium dieses Sonntags finden wir eine Antwort: „Der Heilige Geist wird euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Für die Auseinandersetzung, für das Suchen nach dem richtigen Weg ist der Kontakt zum Heiligen Geist eine Hilfe.
Das zeigen auch die Beispiele vom Beginn der Heilsgeschichte im neuen Bund. Die junge Frau Maria empfängt durch den Heiligen Geist den Erlöser. Nach der Kreuzigung Jesu ziehen sich die engsten Vertrauten zurück. Sie verharren einmütig im Gebet. Vom Geist erfüllt können sie dann die Gute Nachricht von der Auferstehung Jesu verkünden.
Immer wieder lassen sich die ersten Christen auf das Gebet um die Geistesgaben ein. Dann treffen sie Entscheidungen.
Für unsere Zeit, sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft sowie im persönlichen Bereich, ist das Besinnen auf das Zentrale eine große Chance. Für mich als Christ sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass ich alles mit Gott berede. Der Dank für das Gelungene ist ebenso wichtig wie das Annehmen von Schicksalsschlägen oder der eigenen Schuld. Vor Entscheidungen, die mein Leben und meine Situation verändern, braucht es das Gebet. In Momenten, in denen mir alles zuwider ist, darf ich erst dann Entscheidungen treffen, wenn ich eine Nacht darüber geschlafen und mit Gott die Fragen besprochen habe.
Für unsere Kirche gilt aus meiner Sicht: Jeder muss sich fragen lassen, ob er sein Anliegen als Machtfrage betrachtet oder ob es ein wirkliches Anliegen ist zum Wohl der vielen Christen in der einen Kirche. Persönlich habe ich nicht den Eindruck, dass das immer geschieht. Ob in der Pfarrei, im Dekanat, ob in der Diözese oder in Rom, überall spielen Machtfragen eine zu große Rolle. Wenn so oft die Glaubwürdigkeit unserer Kirche eingefordert wird, dann steht der Umgang mit der Macht an erster Stelle!
Die ersten Christen beriefen sich zuallererst auf die Frohe Botschaft von der Auferstehung Jesu. Sie steht als wahres Zeugnis an erster Stelle.Dann ließen sie sich auf das Gebet in der Gemeinschaft ein, um Klarheit zu bekommen. Danach wurde entschieden zum Wohl des christlichen Glaubens und zum Wohl der Menschen in den unterschiedlichen Gemeinden.
Dieses christliche Modell scheint mir heute mindestens ebenso wichtig zu sein wie damals. Der Glaube an den auferstandenen Herrn wird uns die nötige Kraft geben!
Wolfgang Zopora („wolfgang.zopora@ bistum-wuerzburg. de“) ist Pfarrvikar in der Pfarreiengemeinschaft „TauberGau, Röttingen“.

