Würzburg (POW) Neuere Entwicklungen der orthodox-katholischen Beziehungen standen im Mittelpunkt eines Vortragsabends, zu dem die Katholische Akademie Domschule anlässlich der Türkei-Reise von Papst Benedikt XVI. eingeladen hatte. Dabei zeigte sich die wechselvolle Geschichte zweier Kirchen, angefangen beim mittelalterlichen Schisma über erste ökumenische Begegnungen Anfang des 20. Jahrhunderts bis hin zum heutigen Dialog der Kirchenoberhäupter.
Mit Spannung wurde die Begegnung Benedikts XVI. mit Bartholomaios I. erwartet. Für Dr. Thomas Mark Németh, Fachvertreter für Ostkirchengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät Würzburg, war sie der „eigentliche Höhepunkt der Papstreise. Der Papst tritt damit in die Fußstapfen seiner beiden Vorgänger Paul VI. und Johannes Paul II.“ Nach einem kurzen Überblick über die Stationen der Reise machte der Referent einen Sprung zu den Wurzeln des Dialogs nach einer fast 1000-jährigen Trennungsgeschichte. Dabei verdeutlichte er, wie komplex das Thema der Ökumene ist.
Neben dem unterschiedlichen Verständnis von Primat und bischöflicher Kollegialität in der Gesamtkirche auf orthodoxer und katholischer Seite gehen nach den Worten Némeths auch innerhalb der orthodoxen Kirchen selbst die Rechtsauffassungen über die Jurisdiktionsgewalt des „primus inter pares“, des „Ersten unter Gleichen“, auseinander. Daneben komme es immer wieder zu Spannungen zwischen Orthodoxen und den mit Rom unierten katholischen Ostkirchen. Bei der diesjährigen Versammlung der internationalen katholisch-orthodoxen Dialogkommission in Belgrad seien sie erstmals am Verhandlungstisch zusammengesessen.
„Es gibt durchaus berechtigte Hoffnungen, dass der Dialog nun wieder in Gang gekommen ist. Die Tür ist geöffnet für weitere Annäherungen“, schloss Németh. Dafür sprächen nicht zuletzt die Persönlichkeiten an der Spitze von orthodoxer und katholischer Kirche. Bartholomaios I. zeige sich seit 15 Jahren offen im ökumenischen wie auch im interreligiösen Dialog; Benedikt XVI. wiederum sei ein profilierter Kenner der Ostkirchen und schätze deren Traditionen. Sie bestimmten die Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel in Zukunft. „Man darf gespannt sein.“
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