Liebe Schwestern und Brüder,
es gibt in der ganzen Menschheitsgeschichte keine aufregendere Nachricht als die von der Auferstehung Jesu am Ostersonntag!
Selbst die uns derzeit beschäftigenden Probleme im und mit dem Irak und dem Iran, im Nahen Osten und in verschiedenen afrikanischen Ländern, selbst die augenblickliche wichtige Debatte um die Klimaveränderung und deren Folgen haben bei weitem nicht das Gewicht wie die Botschaft, dass Jesus von den Toten erstanden ist!
Abgesehen davon, dass jedes Jahr um diese Zeit immer wieder Phantasieprodukte auf dem Büchermarkt erscheinen, die Beweise für die Nichtigkeit dieser Botschaft herbeibringen wollen – ich denke zum Beispiel an die momentane reißerische Aufmachung, die Gräber Jesu und seiner Familie in Jerusalem gefunden zu haben – diese Auferstehungsbotschaft bleibt herausfordernd.
Ungläubiges Erstaunen bei vielen unserer Mitmenschen, Achselzucken und verlegenes Lächeln sind aber auch oft Reaktionen auf diese ungeheuerliche Nachricht!
In kurzen, prägnanten Sätzen hat Petrus in der heute vorgetragenen Passage aus der Apostelgeschichte (Apg 10,34-43) das apostolische Zeugnis über Jesus zusammengefasst. Die zentrale Aussage: „Gott hat ihn auferweckt.“
Können wir dieser Botschaft glauben? Dürfen wir ihr glauben? Welche Gründe führt Petrus an ?
Als erstes verweist er auf die vielen Zeugen, die ihm begegnet sind: „Gott aber hat ihn am dritten Tag auferweckt und hat ihn erscheinen lassen…“ (10,40) Seine Auferstehung wird nicht nur von den Frauen und den Aposteln behauptet, sondern er ist auch anderen Menschen erschienen.
„Wem?“ – wird man fragen dürfen. Und Petrus: „Zwar nicht dem ganzen Volk, wohl aber den von Gott vorherbestimmten Zeugen“ (10,41). Aha, so denken jetzt wohl einige, nur vorher bestimmten Zeugen – wenn das einmal mit rechten Dingen zugeht! Wer sind diese Zeugen? Petrus sagt „wir“, die Apostel, „die wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben“. Er verweist vorher schon darauf, dass die Apostel mit Jesus herumgezogen sind, und seine Predigten und Wunder erlebt haben. Die Apostel sind Zeugen für das ganze Leben – nicht nur für die Auferstehung. Für sie war diese Ostererfahrung auch absolut neu. Petrus wollte zunächst gar nicht Maria von Magdala glauben, dass das Grab leer war. Er lief mit Johannes, dem Lieblingsjünger, zum leeren Grab, um sich selbst zu überzeugen. (Vgl. das Tagesevangelium Joh 20,1-9).
Dann aber begegnete Petrus mehrfach dem Auferstanden. Er gibt sogar an, dass der Auferstandene mit ihm und anderen „gegessen und getrunken habe“ (Apg 10,41).
Aber nicht nur die Apostel und die Frauen am Grab sind Zeugen, sondern auch viele andere. Paulus spricht von mehr als 500, von denen noch viele am Leben seien (vgl. 1 Kor 15,6) und schließlich auch von sich selbst (vgl. 1 Kor 15,8) – vor Damaskus.
Die zweite wichtige Aussage des heiligen Petrus ist der Verweis auf die Propheten, die auf Jesus als den verheißenen Retter hingewiesen hätten. Seine Auferstehung steht nicht im Sensationslicht der Geschichte sondern in der Heils-Logik Gottes! So wie er leiden musste, um uns Menschen zu erlösen, so musste er auch auferstehen, um sein Heilswerk zu vollenden und uns in seine „Herrlichkeit“ vorausgehen (vgl. Lk 24,26).
Seine Auferstehung ist also gleichsam der ‚Türöffner’ für unsere Auferstehung. Indem Christus durch seine Auferstehung den Tod bezwungen hat, hat er auch unseren Tod besiegt. Dies ist für viele Mitmenschen, schwer zu glauben. Tagtäglich machen wir die Erfahrung des Sterbens und des Todes. Heute sterben Menschen noch genau so wie vor 2000 Jahren. Ist also alles doch nur eine fromme Illusion?
Die Schwierigkeit der Verkündigung der Auferstehung kommt hier an einen entscheidenden Punkt: Wir können die Geschehnisse des Karfreitags hautnah nachempfinden, gleichsam – wenigstens äußerlich – mit einer Kamera aufnehmen. Aber die Auferstehung? Das Geschehen der Osternacht ist mit keiner Linse einzufangen und vor Augen zu führen. Damit wird die Verkündigung abhängig von der Glaubwürdigkeit der Zeugen, die selbst dem Auferstandenen begegnet sind. Wir können zunächst also nur dem Zeugnis der Frauen und Männer vertrauen, die für die Richtigkeit ihrer Botschaft einstehen. Dies ist der Angelpunkt auch unserer Verkündigung. Schon der heilige Paulus weiß das. Deshalb schreibt er ja an die Korinther: „Wie können einige von euch … sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“ (1 Kor 15,12ff.) Wenig später schreibt der Völkerapostel: „Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen.“ (1 Kor 15,20) Sein Glaube, ja – durch die Begegnung mit Ihm, dem Lebendigen, vor den Toren von Damaskus – sein Wissen darum, ist der Motor für seine unermüdlichen Missionsreisen. Er will – wie die anderen Apostel – diese ungeheuerliche Frohbotschaft bis an die Grenzen der Welt tragen, um die Menschen daran teilhaben zu lassen! Auch wir heute morgen hier im Würzburger Dom stehen in der Reihe all derer, denen diese frohe Nachricht zu Herzen gehen darf!
Denn die Konsequenz für uns ist die Aussage, dass auch wir mit Christus von den Toten auferstehen werden. Wenn dem aber so ist, dürfen wir schon jetzt den Himmel in den Blick nehmen und auf diese neue Dimension zugehen, die uns in den Sakramenten immer wieder zugänglich gemacht wird. Wir dürfen uns dabei nicht aus der Verantwortung für diese Welt stehlen – im Gegenteil: aus der Freude über die Auferstehungsbotschaft wächst und die Kraft für die Gestaltung dieser Welt zu, für die wir die Maßstäbe des Himmels zugrunde legen dürfen!
Wenn Christus wirklich auferstanden ist, ist nichts mehr wie vorher! Dies sollte uns helfen, die Botschaft des hl. Paulus ernst zu nehmen und konkret umzusetzen: „Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische!“ (Zweite Tageslesung, Kol 3,2)
Dies wünsche ich uns allen heute von ganzem Herzen!
Amen.
(1507/0569; E-Mail voraus)