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"Bei Gott gibt es ganz andere Maßstäbe"

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Sonntag, 20. September 2009, zur Eröffnung der Caritasherbstsammlung 2009 in Würzburg

Ja, liebe Schwestern und Brüder, das ist so typisch für uns Menschen: Gott ruft uns in seinen Dienst und wir –, wir drehen uns um uns selbst, suchen egoistisch nach eigenem Ruhm und Ehre.

Im soeben vorgetragenen Evangelium müht sich Jesus ab, seinen engsten Gefolgsleuten, klar zu machen, dass er kurz davor stehe, ausgeliefert und getötet zu werden – und diese haben nichts besseres zu tun, als darüber zu streiten, wer von ihnen der Größte sei.

Welch ungeheuerliche Nachricht teilt Jesus seinen Jüngern mit: Er spricht von seinem Kreuzweg und Tod, und damit doch offensichtlich von etwas unglaublich Erschreckendem, das seine Jünger aus der Fassung bringen müsste. Diese verinnerlichen jedoch gar nicht diese Botschaft, sondern sehen nur sich, ihr Fortkommen, ihre Ehre.

Um diesen Skandal, der ja an der Messianität Jesu zweifeln lassen musste, abzuschwächen, waren verschiedene Wunder vorausgegangen: die Verklärung auf dem Berg, die wunderbare Brotvermehrung, die Heilung eines besessenen Jungen und vieles mehr. Jesus hatte den richtigen Zeitpunkt für die Ankündigung seines Leidens und Sterbens vorbereitet – und auch gleichzeitig schon von seiner Auferstehung gesprochen – und doch lassen sich offensichtlich die Jünger nicht auf dieses herausfordernde Geschehen ein.

Ja, liebe Schwestern und Brüder, so sind wir Menschen! Nach Jesu Tadel: „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.“(Mk 9,36) stellt er ein Kind in die Mitte der Jünger, nimmt es in seine Arme und sagt ganz schlicht: „Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.“ (Mk 9,37)

Auch diese Handlung und seine Worte machen eine starke Aussage: Im Grunde heißt es doch, was soll euer unsinniges Feilschen um die eigene Stellung? Bei Gott gibt es ganz andere Maßstäbe: Nicht der reiche, bedeutende, mächtige Mensch nimmt hier die ersten Plätze ein, sondern der Schutzlose, der Schwache, das bedürftige Kind, das der Hilfe der anderen bedarf. Der Erste bei Gott muss der freiwillige Diener aller sein. Wer ein Kind um Jesu willen an- und aufnimmt, der nimmt nicht nur Jesus-Christus auf, sondern auch Gott, den Vater, der ihn zu uns geschickt hat.

Diese Botschaft ist hoch aktuell. Wie gehen wir aber damit um? Man darf gar nicht an die vielen schon im Mutterleib getöteten Kinder denken. Jede Tötung ist auch ein Verhindern des Kommens Gottes in unser Leben! Wie viele Kinder haben schlechte Voraussetzungen für ein erfülltes Leben! Das vorgetragene Beispiel der allein erziehenden Mutter hat auch darauf hingewiesen.

Aber auch der Wohnungslose, der Bettler, hat einen Weg in die Krise genommen, aus der er nicht mehr heraus gekommen ist. Ich könnte Ihnen viele ähnliche Beispiele nennen!

Liebe Schwestern und Brüder, in diesen Tagen gehen wieder Tausende Sammlerinnen und Sammler von Haus zu Haus und bitten um eine Spende für die am Rand der Gesellschaft Lebenden, für die Notleidenden, die wahrlich unserer Hilfe bedürfen.

Ich weiß, dass diese Aufgabe Schwerstarbeit ist. Oft genug wird Ihnen Gleichgültigkeit, ja Ablehnung widerfahren. Ich habe dies früher bei Hausbesuchen genug erlebt, wenn mir die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. Aber viele freuen sich auch über Ihren Besuch. Zumal die älteren, einsamen und kranken Menschen sind offen und froh, dass Sie kommen und anderen helfen. Hier tun Sie gleich zweimal etwas Gutes: Sie machen einen erwünschten Besuch und Sie sammeln für Menschen, die es selbst nicht können. Viele kleine Beträge summieren sich am Ende zu einem beeindrucken Betrag. Auch in unserem Bistum Würzburg ergibt das, was Sie bei der Caritassammlung erbitten, jährlich ca. 1,2 Millionen Euro. Bayernweit kommen wir auf etwa 13 Millionen Euro. Würden wir diese mühsamen Wege der Haussammlungen aufgeben, verlören wir nicht nur eine große Geldsumme, sondern auch das öffentliche wirksame christliche Zeugnis unserer Verantwortung für die Armen.

„Wir rücken zusammen“ – so lautet ein Motto. Wenn Sie daran denken, dass viele Helfer in diesen Tagen unterwegs sind, um das Ureigenste unseres christlichen Auftrages in die Tat umzusetzen, dann wird Ihnen vielleicht manches Mal leichter ums Herz. Es geht ja um nicht weniger, als dass wir mithelfen, dass „Menschen am Rande in den Mittelpunkt rücken“. Mit jedem Schritt, den Sie in dieser Mission gehen, legen Sie Zeugnis für Jesus Christus ab.

Unser Heiliger Vater, Papst Benedikt XVI., hat zwei seiner jüngsten Sozial-Enzykliken überschrieben „Deus caritas est“ –“Gott ist Liebe“ und „Caritas in veritate“ – „Liebe in Wahrheit“. Dort legt er eindrucksvoll die theologische Grundlage für dieses Ihr bewundernswertes Tun dar. Wir wissen ja: „Liebe ist nicht nur ein Wort, Liebe das sind Worte und Taten.“

Möge vielen Menschen – sowohl denen die in diesen Tagen solche Hausbesuche machen, als auch denen, denen sie begegnen, das Herz und der Geldbeutel aufgehen.

Mir hat einmal der Schriftsteller Reiner Kunze in ein Buch die Widmung geschrieben: „Für alle, die im Herzen barfuß sind.“ Ja, je sensibler und feinfühliger wir im Herzen sind, desto mehr verstehen wir den Auftrag Jesu: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Amen.