Seit vielen Jahren bin ich mit einer Gruppe aus meiner Gemeinde als Pilger auf Jakobs-weg unterwegs. In diesem Jahr werden wir, so Gott will, an unserem Ziel in Santiago ankommen und dann noch weitergehen bis zum Kap Finisterre. Vom Aufbruch von Zuhause, bis zum Ziel, liegen fast 3000 km zu Fuß. Damit verbunden sind unzählige Begegnungen, Bilder von Landschaften, die ich im Herzen trage. Überraschungen, Anstrengung, viel Schweiß, erfüllende spirituelle Momente, das gemeinsame Singen, die Erfahrung von Gastfreundschaft, das Kennenlernen von Kulturen und Sprachen, wunderbare Begegnungen, Lebensgeschichten die mich begleiten, das Pilgern auf uralten Wegen, das Rasten in Kapellen, Kirchen und Klöstern. Vor allem aber ganz viel Dankbarkeit.
Am Ziel unserer Pilgerreise erwartet uns der Atlantik, das Ende der Welt, wie es die Pilger früherer Zeiten nannten. Dort möchte ich den letzten Winkel erforschen, auf die äußersten Klippen klettern, auf den letzten Vorsprung mich wagen, unter mir nur noch Gischt und schäumende Brandung.
In der Ferne - soweit das Auge reicht – sieht man nur noch endlose Weite, zerfließend am Rande des Horizonts. Aber dann - was kommt dahinter? Wie geht es weiter dort, wo ich nicht mehr hinblicken kann?
Die Pilger früherer Zeiten taten sich leicht in ihrer Art zu glauben, indem sie einfach die Augen schlossen und vom Meer her die Ahnung des Jenseits in sich einsogen, von der Seite Gottes her, die uns heute nicht fremd sein darf. Für die Pilger und Pilgerinnen war dies früher der Umkehrpunkt. Sie machten sich wieder zurück auf dem beschwerlichen Weg nach Hause in ihren Alltag. Sie gingen verändert heim und sahen ihren Weg und ihr Leben jetzt mit anderen Augen.
Wir alle machen Pilgererfahrungen in unserem Leben. Ich wünsche uns, dass auch wir immer wieder verändert zurück kehren und erfahren dürfen was es heißt, Pilger oder Pilgerin der Hoffnung zu sein.
Holger Oberle-Wiesli