Würzburg (POW) Im Bistum Würzburg will man verstärkt über den eigenen kirchlichen Tellerrand hinausblicken. Bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg appellierte das diözesane Laiengremium an die Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften, sich neu und nachhaltig missionarisch vor Ort und für die Weltkirche zu engagieren. Gleichzeitig rief der Diözesanrat zum Kaufboykott von Produkten des „Coca-Cola“-Konzerns auf, der die Menschenrechte ignoriere. Die Versammlung am 14. und 15. März stand ganz im Zeichen der weltkirchlichen Verantwortung der Diözese Würzburg.
„Als Kirche sind wir fähig, weltweit Hoffnung zu stiften. In der Kirche Deutschlands neigen wir zum Jammern, aber wir können aus der Jammergestalt ein Hoffnungszeichen machen“, rief der Hauptreferent der Tagung, Professor Dr. Franz Weber aus Innsbruck, den Delegierten zu. Lob gab es von dem Pastoraltheologen für das bisherige weltweite Engagement im Bistum Würzburg, seien es die Partnerschaft mit der tansanischen Diözese Mbinga oder die weltweiten Kontakte zwischen Pfarreien und Verbänden. Der Blick über den eigenen Kirchturm hinaus befreie aus mancher ortskirchlichen Engstirnigkeit und ängstlicher Bewahrung kirchlicher Tradition, „die anderswo in der Welt sich anders gestaltet und weiterentwickelt, als wir es bei uns zulassen“. So manches könnten die Christen Westeuropas von anderen Teilen der Weltkirche lernen. „Die Kleider der Weltkirche sind luftig bunt und vielfarbig. In jeder Kultur kleidet sich die Kirche anders, weil sie in jedem Volk eine eigene Gestalt annimmt, ohne dass sie deshalb aufhört, die eine katholische und apostolische Kirche zu sein“, sagte Weber.
In Deutschland sei die Kirche zu wenig prophetisch und sehr feige geworden. Sie könne von Teilen der Weltkirche lernen, die Mächtigen mit Ungerechtigkeiten zu konfrontieren. „Ich wünsche mir Wächter, die die Soziallehre und nicht nur die Glaubenslehre einfordern“, betonte Weber. Mit Blick auf kleine christliche Gemeinschaften in Afrika warnte der Pastoraltheologe vor Megastrukturen in der deutschen Seelsorge. „Megastrukturen können uns das Leben als Kirche kosten, wenn wir nicht neue Formen der Gemeinschaft finden.“ Der christliche Glaube brauche erlebbare und spürbare Gemeinschaft in überschaubaren Gemeinden. Von der Kirche Asien könne der interreligiöse Dialog gelernt werden und von der Kirche Lateinamerikas der Einsatz für die Armen.
Nach Beschluss des Diözesanrats sollen die Verantwortlichen in den Gemeinden das missionarische Engagement vor Ort und für die Weltkirche neu bedenken und nachhaltig unterstützen. Das heutige, dialogische und sozial-politische Verständnis von Mission solle durch Predigt, Gesprächskreise und Aktionen bekannt gemacht und Sachausschüsse „Mission-Gerechtigkeit-Frieden“ errichtet werden. Verstärkt solle über die Arbeit der kirchlichen Hilfswerke informiert und die Gemeindepartnerschaften sowie die Diözesanpartnerschaft mit Mbinga intensiviert werden. Den Bischof bat das Gremium, dafür Sorge zu tragen, dass weltkirchliche Themen in der Aus- und Fortbildung der Seelsorger hinreichend umgesetzt werden.
Dass der Diözesanrat weit über den eigenen Tellerrand hinausblickt, unterstrich sein Aufruf an die Katholiken im Bistum Würzburg, den Kauf und Verkauf von Produkten des „Coca-Cola“-Konzerns wegen dessen mangelnden Einsatzes für Menschenrechte einzustellen. Die Vollversammlung verurteilte das Verhalten von multinationalen Konzernen wie „Coca-Cola“, nicht ausreichend ihrer sozialen und ethischen Verantwortung nachzukommen. Von „Coca-Cola“ sowie von allen multinationalen Konzernen verlangte der Diözesanrat, die Vorgaben des Internationalen Pakts der bürgerlichen und politischen Rechte und die des Pakts für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einzuhalten und gegenüber ihren Mitarbeitern die Verhaltensregeln einzulösen, zu denen sie sich selbst verpflichteten. Im Jahr 2009 wolle man den Beschluss in Bezug auf die Reaktion von „Coca-Cola“ und auf die aktuelle Lage in Kolumbien und in Indien hin überprüfen. Zu spüren war der Boykott bereits bei der Vollversammlung: Dort fehlte Coca-Cola auf der Getränketafel.
Zum Auftakt der Versammlung sprach sich der Vorsitzende des Diözesanrats, Karl-Peter Büttner, entschieden gegen eine geplante Änderung des Stammzellgesetzes aus (siehe Bericht „Klares Nein zur Stichtagsverschiebung“).
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