Die Predigt im Wortlaut:
„Damit es mit Deutschland wieder aufwärts geht!“, werden derzeit viele Alternativen entwickelt, konkreter ausgedrückt: Die aktuelle gesellschaftliche und politische Situation wird heftig kritisiert, aber – so mein Eindruck – weniger bedenkenswerte Lösungen angeboten, als radikale und teilweise völlig konträre Forderungen in den Raum gestellt.
„Damit es mit Deutschland wieder aufwärts geht!“, wird leider kein Weg aufgezeigt, um Menschen zusammenzuführen und in die Zukunft mitzunehmen, sondern Einschränkungen und Abgrenzungen werden gefordert.
„Damit es mit Deutschland wieder aufwärts geht!“, wird von nicht wenigen die nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte Idee eines gemeinsamen Europas in Frage gestellt und das Heil in Nationalstaatlichkeit gesehen.
„Damit es mit Deutschland wieder aufwärts geht!“, werden Fremde stigmatisiert, während massive Verfehlungen Einheimischer zu Lasten der Allgemeinheit nicht so intensiv bemängelt werden, ob es um Abgasmanipulation, um Betrug an Kranken- und Pflegekassen geht, um Steuerflucht – sogar durch Banken organisiert – oder um immens hohe Managervergütungen bzw. Bonuszahlungen oder ganz einfach um die Forderung nach mehr Geld bei weniger Leistung.
Man könnte die Liste der Beispiele beliebig fortsetzen, allerdings verbunden allerdings mit der Frage, ob es damit wirklich aufwärts geht für die Menschen in unserem Land oder in der Gesellschaft oder in der Völkergemeinschaft dieser Erde. Dabei ist fürwahr nicht nur der ökonomische, der wirtschaftliche Bereich zu berücksichtigen, sondern mehr noch der ethische Aspekt, der die Würde jedes Einzelnen betrifft und schließlich auch die geistige und geistliche Grundlage, aus der die Haltung der Solidarität und des verantwortungsvollen Miteinanders erwächst.
Mehr und mehr nachdenkliche Stimmen derer werden laut, die sich Sorgen machen um die Entwicklung nicht nur unseres Landes, sondern der Welt, die nur dann gutgeheißen werden kann, wenn sie menschenwürdig, gerecht und sozial ist. Das entspricht auch der Kernbotschaft der Enzyklika „Laudato si“. Papst Franziskus geht es um weit mehr als um Umweltschutz, sondern vorrangig um den Schutz der Schöpfung als Ganzes. Es geht um den Dreiklang Gott – Mensch – Schöpfung. Dabei betont der Papst zu Recht, dass sich die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung nicht getrennt voneinander betrachten lassen. Es geht zutiefst um unsere Weltverantwortung.
Und damit sind wir mitten in der Botschaft des Festes Christi Himmelfahrt. Es geht zutiefst darum, dass es aufwärts geht – aber nicht nur für ein Land, sondern für alle Menschen. Der Evangelist Lukas erinnerte damals seine Gemeinde und heute uns an den Durchbruch zum Leben: „Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren …“ Und dann die wichtige Ansage: „Ihr seid Zeugen dafür.“
Und weil die Jünger zum Zeugnis für die Botschaft Jesu erst bewegt werden mussten, sagten die Männer in ihren weißen Gewändern, von denen die Apostelgeschichte über die Himmelfahrt des Auferstandenen berichtet: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“
Es kommt darauf an, nicht nur fromm nach oben zu schauen, sondern aus der Kraft, die ER uns gibt, die Welt um uns in den Blick zu nehmen und – jetzt zitiere ich das Leitwort der Caritas – „Not sehen und handeln“.
Die große Not unserer Zeit ist, dass ein kleiner Teil der Menschheit auf Kosten und zu Lasten der allermeisten lebt, und dass die privilegierten Regionen sich abschotten wollen. Diese Haltung aber hat keine gute Zukunft!
Zwar können wir selbst in einem wohlhabenden Land wie Deutschland eine große Zahl an Menschen aufnehmen, die vor Krieg, Terror und Armut fliehen, doch wir sind nicht in der Lage die Not der ganzen Welt hier bei uns wenden. Wir können aber sehr wohl mit unseren Möglichkeiten und mit unserem politischen Einfluss in der Welt nicht nur Wirtschaftsverträge schließen, sondern auch wirkungsvoll mithelfen, dass vor Ort, in der Heimat der Geflohenen, menschenwürdige und gerechte Lebensbedingungen geschaffen werden, um dadurch Fluchtursachen zu bekämpfen. Damit geben wir Zeugnis für die Menschenfreundlichkeit Gottes, die uns in Jesus nahegekommen ist.
Ebenso geben wir Zeugnis für IHN, wenn wir den Menschen, die bei uns angekommen sind, mit Wertschätzung und Würde begegnen und nicht alle unter Generalverdacht stellen, weil einige wenige ein besorgniserregendes Verhalten an den Tag legen. Denn auch wir möchten nicht alle gemessen werden an dem egoistischen und berechnenden Verhalten, mit dem Einzelne in unserem Land nur ihre Vorteile sichern und herauszuholen versuchen.
„Damit es – ich möchte ergänzen: nicht nur – mit Deutschland wieder aufwärts geht!“, kommt es darauf an, dass wir mit unserem Tun in großen wie in kleinen Dingen Zeugnis für IHN und SEINE Frohe Botschaft geben. Dadurch schaffen wir die Grundlage, dass die Menschen, die aus einer für uns fremden Kultur, mit einer anderen religiösen Prägung und mit einer eigenen Mentalität nun bei uns sind, durch uns in Berührung kommen mit dem, was unseren Glauben, unser Welt- und Menschenbild ausmacht.
Wo dies in vielen Gemeinden geschieht, erwacht teilweise sogar eine Neugierde für unsere Lebenshaltung. Ebenso werden die Menschen, die eines Tages wieder in ihre Heimat zurückkehren, um dort mitzuwirken beim Aufbau einer friedvollen Welt, sicherlich auch die Erfahrungen in der Begegnung mit uns einbringen.
Andererseits sollten wir uns davor hüten, das, was uns fremd ist, von vornherein als minder oder gar schlecht zu beurteilen, denn das Zeugnis für den Auferstandenen und die Lebenshaltung, für die ER einsteht, braucht es gegenüber allen Menschen in unserem Land.
Im Blick auf eine große Bank hierzulande, die vor nicht allzu langer Zeit mit großen Summen an Steuergeldern gerettet wurde, nun aber für Kunden Anlagegeschäfte organisiert hat, bei denen der Allgemeinheit ein mindestens zweistelliger Millionenbetrag vorenthalten wurde, sagte ein Kommentator im Rundfunk: Das „Management … ist moralisch bankrott.“
„Damit es – nicht nur – mit Deutschland wieder aufwärts geht!“, braucht es Alternativen zu den gängigen Lebensmustern, aber fürwahr nicht solche, wie sie in diesen Wochen heftig diskutiert werden.
Deshalb müssen wir Christen auch den Mut haben, immer wieder die wunden Punkte des Menschseins und im Zusammenleben zu berühren und selbst Stein des Anstoßes zu sein. Wir müssen grundsätzlich über sinnvolle Wege nachdenken, damit das Leben sowie der Umgang miteinander glücken. Die Kirche darf sich nicht daran stören, dass sich die Gesellschaft an ihr reibt. Und die Kirche muss das Bewusstsein wachhalten, dass die Welt das eigentliche, bleibende letzte große Glück und Heil nicht bieten kann, und dass wir ein Leben lang unterwegs sind zur Vollendung in Gott.
Damit es mit der Welt insgesamt aufwärts geht – jedoch weniger in materieller Hinsicht als im Blick auf das eigentliche Ziel, die Vollendung in Gott – sind wir gesandt, die Frohe Botschaft weiterzugeben und aus SEINER Kraft heraus zu handeln. Dazu sind wir von Gott in die Welt hineingestellt und gesandt. Denn es gilt auch uns heute sein Wort: „Ihr seid Zeugen dafür!“
Zur Besinnung nach der Kommunion
„IHR MÄNNER VON GALILÄA“
nicht die Augen gen Himmel
mit Hosianna-Blick durch die Welt
sondern den Himmel im Herzen
und die Welt in den Blick nehmen
so sollen wir seine Zeugen sein
die am Boden Liegenden sehen
hinschauen und zupacken
und für ihre Auferstehung
kämpfen
(Heinz Detlef Stäps)
