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„Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“

Hirtenbrief von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann zur Fastenzeit 2007

Liebe Schwestern und Brüder,
„Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“ (vgl. Neh 8,10) Dieses Wort aus dem alttestamentlichen Buch Nehemia steht als Leitsatz über den Richtlinien unserer Pfarreiengemeinschaften.
Manchem von uns mag dieses Wort idealistisch erscheinen. Die weltweiten Probleme, die eigenen Alltagssorgen, die Probleme mit Priester- und Ordensnachwuchs sowie die Umstrukturierungen der Pfarrgemeinden lassen leicht die Freude verblassen. Aber gerade darum gilt: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“ Gott ist die Mitte und der Grund unserer Freude. Mit IHM dürfen wir beherzt die uns gestellten Aufgaben angehen.
Zwei große Themen begleiten uns in diesem Jahr und werden uns darüber hinaus noch längere Zeit als wichtige „Schrittmacher“ in unserem Bistum begleiten:
Schon im vergangenen September habe ich dazu eingeladen, durch die Errichtung von Pfarreiengemeinschaften eine verantwortete und verantwortbare Pastoral in unserem Bistum auf Zukunft hin zu gestalten. Dazu gehört der persönliche Einsatz aller. Deshalb haben wir am 1. Adventssonntag in unserer Diözese die Berufungsinitiative gestartet. Mit der Berufungskerze sowie vielfältigen Gebetsanregungen konnten erste Akzente und Handlungsimpulse gesetzt werden.
Mensch – Christ – Mut zu mehr
Diese Berufungsinitiative will uns ermutigen, die je eigene von Gott geschenkte Berufung neu in den Blick zu nehmen. Wir haben nicht neben allem anderen auch noch eine Berufung, sondern wir sind vom Ursprung her von Gott gewollte, geliebte und berufene Menschen.
Jeder Mensch ist von Gott berufen, Mensch zu sein. Keiner verdankt sich selber. Gott hat uns bei unserem Namen gerufen. Darum zu wissen, ist gerade heute wichtig, weil unser Menschsein auf vielerlei Weise bedroht ist. Die Fragen zu Gentechnik, zur Forschung an embryonalen Stammzellen, Präimplantationstechnik, die Diskussion um das Lebensrecht ungeborener Kinder und alter Menschen, lassen uns hellhörig werden. Die Berufung zum Menschsein ist keine Binsenweisheit, sondern muss wieder neu entdeckt werden: Mensch erkenne deine Würde!
Doch jedes Menschsein ist offen für Größeres. Hans Urs von Balthasar hat einmal geschrieben: „Berufung ist immer der Ruf ins Ureigene und ins ganz Andere.“ Es geht dabei um unsere Berufung zum Christsein. Dieser Ruf ist an uns alle in Taufe und Firmung ergangen. Gott hat uns erwählt, durch Taufe und Firmung in der Kirche sein Wort zu hören, zu leben und so weiterzusagen in eine Welt, die sich – wenn auch vielleicht manchmal unbewusst und verquer – nach Gott sehnt. Die je eigene Berufung, die so unterschiedlich ist, wie es Menschen gibt, gilt es zu erkennen, dankend anzunehmen und einzusetzen.
Berufungsinitiative – das bedeutet auch als Christinnen und Christen nach unserer ganz persönlichen Berufung in der Kirche zu fragen. Die Freundschaft mit Christus lässt uns reiche Frucht bringen. So gibt es viele Aufbrüche auch im apostolischen Leben mit erstaunlich vielen neuen geistlichen Bewegungen, genauso wie es viele Formen des Glaubens im Alltag gibt.
Voller Dankbarkeit schauen wir auf die Frauen und Männer, die als Eheleute die Liebe Gottes in ihrer Familie leben und dort den Grundstein für die Erfahrbarkeit der Liebe Gottes legen. Dankbar schauen wir auf die vielen engagierten Menschen, die ob jung oder alt, sich unermüdlich in unseren Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften einsetzen. Dazu gehören die vielen Ehrenamtlichen, die sich in den unterschiedlichsten Aufgabengebieten und Gremien aber auch als Helfer in der Liturgie einbringen. Sie gilt es zu stärken und zu fördern.
Gleichzeitig dürfen wir nicht die Sorge um die hauptberuflichen Dienste vernachlässigen. Die vielen Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten bringen sich in den Gemeinden und Schulen mit ihren vielfältigen Fähigkeiten ein. Auf sie können und wollen wir nicht verzichten. Deshalb setzen wir uns bewusst im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten für das Weiterbestehen aller pastoralen Berufsgruppen ein. Die Ständigen Diakone sind ein besonderes Geschenk an die Kirche. Ihre Wiederentdeckung ist eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ihr wichtiger Dienst bleibt auch in Zukunft von großer Bedeutung.
Unsere Berufungsinitiative erfordert allerdings noch mehr die Sorge um Priester- und Ordensberufungen.
Schmerzlich spüren wir den Priester- und Ordensmangel besonders in den ländlichen Gebieten. Wie oft
höre ich bei Besuchen in kleinen Pfarreien: ‚Hätten wir doch noch einen Priester vor Ort. Wäre doch die
regelmäßige sonntägliche Eucharistiefeier in unserer Pfarrkirche möglich. Würden doch noch
Ordensschwestern in unserem Kindergarten, Krankenhaus oder Altenheim tätig sein! Gäbe es doch auch
bei uns noch die betende Ordensgemeinschaft.’
Wenn wir in die Heilige Schrift hineinschauen, spricht Jesus oft die Berufung mit dem kleinen Satz aus:
„Komm und folge mir nach!“ (Vgl. Mt 4,19,20,22; 9,9; Mk 1,17.18 u.v.m.) Von Petrus und Andreas, von
Jakobus und Johannes heißt es: Sie ließen ihre Netze zurück und folgten ihm nach. Der Zöllner Zachäus
bekannte seine Sünden, gelobte Gutmachung und Umkehr. Der reiche Jüngling konnte sich allerdings
nicht von seinem Vermögen trennen.
Die Berufung in die spezifische Nachfolge bedeutet das Zurückgeben des eigenen Wollens und der
persönlichen Lebensplanung in die Hände Jesu Christi.
Gott beruft ganz persönlich. Es gibt kein allgemein gültiges Muster, das man heranziehen könnte. Doch
jede Berufung geschieht aus Liebe zu uns und unseren Mitmenschen. Wer diesen Ruf in sich wahrnimmt,
darf sich darauf verlassen, dass Gottes Liebe durchträgt. ‚Dieses Wunder unserer leeren Hände’ – wie
der Priester in Georges Bernanos’ Roman ‚Tagebuch eines Landpfarrers’ bekannte – ist auch das
Wunder, das jeder Berufene wieder neu erleben darf.
Um jungen Leuten die Möglichkeit zu geben, über den eigenen Lebensweg nachzudenken, werden in
diesem Jahr in den unterschiedlichen Regionen unseres Bistums Begegnungen zum
Gedankenaustausch angeboten. Aber auch unser aller Gebet um Priester- und Ordensberufungen ist
eine bleibende Notwendigkeit. Nehmen Sie die brennenden Berufungskerzen in Ihren Gemeinden immer
wieder zum Anlass, für Berufungen zu beten. Gleichzeitig ist in unseren Familien eine Atmosphäre der
Aufgeschlossenheit und des Wohlwollens wichtig, damit Berufungen zum Priester- und Ordensleben
wachsen können.
Errichtung von Pfarreiengemeinschaften
Die Errichtung von Pfarreiengemeinschaften ist unsere positive Antwort auf die personellen und
finanziellen Engpässe in der Kirche. Dieses Konzept ist aber auch unsere Reaktion auf die
gesellschaftlichen Umbrüche unserer Tage. Diese sind von einer großen Spannung gekennzeichnet. So
werden Lebensräume immer umfangreicher und die Entfernungen, in denen das Leben gestaltet wird,
immer größer. Die Mobilität der Menschen wächst ständig. Gleichzeitig werden aber die Gruppen, in
denen sich Menschen bewegen, begegnen und wohl fühlen, immer kleiner und individueller. Diese
Entwicklungen müssen wir ernst nehmen, wenn wir auch in Zukunft unserem Auftrag, Kirche für die
Menschen zu sein, gerecht werden wollen.
Der größere Rahmen der Pfarreiengemeinschaft will unseren Blick über die örtlichen Grenzen hinaus
weiten. Er fordert uns heraus, auch nach neuen, bisher nicht gewohnten, ja vielleicht sogar unbekannten
Lebenschancen in der Schul-, Arbeits- und Freizeitwelt zu fragen. Zugleich benötigen wir ein waches
Auge für die vielen kleinen Gruppen, die sich sowohl in den alten örtlichen als auch in den neuen
Lebensräumen zusammenfinden können.
Diese schwierige Aufgabe gelingt nur, wenn die Kirche die missionarische Kraft aller Charismen einbringt.
Seelsorge braucht ein Gesicht beziehungsweise viele Gesichter – gerade vor Ort.
Der Pfarrer, der einer jeweiligen Pfarreiengemeinschaft vorsteht, kann nicht allein alle Aufgaben
schultern. Er darf nicht ständig überfordert werden, indem von ihm alles abverlangt wird, was früher ein
Pfarrer in einer kleinen überschaubaren Gemeinde leisten konnte. Er kann auch nicht unentwegt
Gottesdienste feiern und zu allen Sitzungen und Zusammenkünften verpflichtet werden. Schmerzlich
beobachte ich, dass so manchem Priester die Puste ausgeht und über den vielen Verpflichtungen die
Freude an der Berufung leidet. Helfen Sie mit, dass die Priester Seelsorger sein können, die auch noch
Muße, genügend Zeit zum Gebet haben und ohne schlechtes Gewissen ausruhen dürfen. Bei der
Umstrukturierung der Pfarreiengemeinschaften muss auch die Suche nach Entlastung der Priester von
Verwaltungsaufgaben mitbedacht werden. So kann und soll die Verantwortung bis hin zur Verwaltung auf
mehrere Schultern verteilt werden. Seelsorge für heute und die Zukunft gelingt nur im engagierten
Zusammenwirken aller Kräfte. Dazu gehören der Pfarrer, die in der Pfarreiengemeinschaft eingesetzten
Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten ebenso wie die vielen
hauptberuflichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei danke ich besonders allen,
die sich in den Pfarrgemeinderäten und Kirchenverwaltungen engagieren.
Liebe Schwestern und Brüder,
ich habe zwei Schwerpunkte genannt, die für die weitere Entwicklung unseres Bistums wichtig sind und mir besonders am Herzen liegen. Diese möchte ich Ihnen ebenso ans Herz legen.
Wir dürfen als Kirche aus dem Bewusstsein leben, dass Christus der eigentliche Hirte seiner Kirche bleibt und der Geist Gottes unter uns wirkt. Es ist der Geist, der Stärke, Kraft und Freude schenkt, der neue Perspektiven und Zukunft ermöglicht. Ich wünsche uns, dass wir in allem diesen Geist spüren dürfen und dass wir so auch die Erfahrung machen können, die in dem großartigen Satz zusammengefasst ist: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“
Ich wünsche und erbitte uns viel Kraft und Mut für eine geistliche Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben.
Danke sage ich allen, die sich bisher schon dafür eingesetzt haben. Ich bin überzeugt, dass wir mit Gottes Hilfe auf einem guten Weg sind.
Es segne Sie alle der dreifaltige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.