Würzburg/Elsenfeld (POW) Zum ersten Mal hat die Zeitschrift „Lebendige Seelsorge“ den Preis für lebendige Seelsorge verliehen. „Heute geht von Würzburg ein positives Signal aus: Die Gemeinden sind lebendig“, sagte der Erfurter Bischof Dr. Joachim Wanke bei der Preisverleihung am Samstag, 16. Februar, in der Katholischen Hochschulgemeinde in Würzburg. Die Seelsorge in den Pfarreien sei nicht am Absterben, sondern lebe und bringe Neues hervor, konstatierte der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Mit dem Preis würden innovative und zukunftsweisende Projekte aus den Bereichen „Gemeindepastoral“, „Jugendarbeit“ sowie „Dialog von Religion und Kultur“ ausgezeichnet, betonte Herausgeber und Würzburger Professor für Pastoraltheologie, Dr. Erich Garhammer. Zu den sechs Gewinnerprojekten zählt auch der „Elsenfelder Dialog“ aus der Diözese Würzburg.
Bischof Wanke warb dafür, in dem gegenwärtigen kulturellen „Rückenwind zu segeln“. Als Beispiele für diesen Rückenwind nannte er das gewachsene Umweltbewusstsein der Menschen, Globalisierung und Biotechnik. Vor dem Hintergrund der öffentlich präsenten ökologischen Sensibilität der Bürger dürfe man auch wieder von der „Schöpfung“ reden. Mit Blick auf die Globalisierung und ihre Folgen sagte Wanke, viel eindringlicher als früher erkenne man, dass alle Menschen rund um den Globus tatsächlich in einem Boot säßen. Die zunehmenden biotechnischen Möglichkeiten sensibilisieren laut dem Bischof die Leute für die Frage, was denn die Würde des menschlichen Lebens ausmache und wie man sie schützen und bewahren könne. Derzeit stehe man in einem dramatischen Kulturumbruch, der die Existenz von Kirche in den europäischen Wohlstandsgesellschaften zur Disposition stelle. Dennoch sei die Situation offen und nicht im Sinne einer fortschreitenden Entchristlichung entschieden. „Wir werden in der Seelsorge wohl lernen müssen, dass es heute eine breit angelegte, im gewissen Sinn der Erlebnis- und Angebotsgesellschaft nachempfundene polyphone Pastoral geben muss.“
Der Erfurter Bischof ermunterte dazu, neuen Mut in der Seelsorge zu fassen. Das Ackerfeld sei auch heute für das gute Wort Gottes bereit. Steine und Unkraut werde es immer geben. Aber es gebe auch Samen, der aufgehe und hundertfältige Frucht bringe. Alle, die sich für Gottes gute Botschaft stark machen, seien so etwas wie „Unternehmer“, die das Evangelium unter die Leute bringen wollten, sagte Wanke. Äußerst schädlich sei es, wenn ein Unternehmer negativ von seinem „Produkt“ rede. „Der tief sitzende Selbstzweifel am Erfolg des eigenen Tuns ist die größte Gefahr für einen Unternehmer.“
Kirchliche Orte könnten in Zukunft nicht einfach mehr durch eine traditionelle Rollenbeschreibung gestaltet werden, stellte Garhammer fest. Pastorales Handeln müsse künftig pastorale Orte als solche erst definieren und qualifizieren. Angesichts dieser Situation scheine es ratsam, zu einem projektorientierten Mitarbeitereinsatz in der Pastoral überzugehen. Das bedeute aber nicht, das bisherige „Reflexionsdefizit“ in der Pastoral mit einer „modernen Planungsgläubigkeit“ zu vertauschen. Vielmehr gehe es darum, neue Orte der kreativen Konfrontation von Evangelium und Leben zu gestalten, aber auch die alten Orte zu stärken und sichtbar zu machen, an denen dies längst geschehe. Die im Echter-Verlag herausgegebene Zeitschrift „Lebendige Seelsorge“ habe vor diesem Hintergrund den Projektpreis ausgelobt. Nach Garhammers Angaben haben sich rund 50 Initiativen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum um den Preis beworben. Drei Jurygruppen hätten die Gewinnerprojekte ermittelt.
Das Projekt „Elsenfelder Dialog“ ist nach der Überzeugung der Jury ein gelungenes Beispiel für den „Dialog von Kulturen“. Ausgehend von einem Konflikt um den Bauantrag für ein „Kulturzentrum mit Jugendzentrum und Gebetsstätte“, den der Deutsch-Türkische Kulturverein gestellt hatte, ergriff der Bürgermeister der Gemeinde Elsenfeld im November 2004 die Initiative für das Dialog-Projekt. Den Beteiligten sei es seither geglückt, die unterschiedlichen Gruppierungen und Altersschichten in diesen Prozess mit einzubeziehen. Besonders bemerkenswert erscheint der Jury, dass die Gesprächspartner die anfängliche Krisensituation, die auf allen Seiten zunächst von Vorurteilen geprägt gewesen sei, in einen kreativen Prozess des gegenseitigen Kennenlernens haben umwandeln können. Der „Elsenfelder Dialog“ überzeuge durch seine Orientierung an den konkreten Bedürfnissen vor Ort. Damit setze das Projekt an der unmittelbaren Lebenswirklichkeit der in Elsenfeld lebenden Menschen an und unterscheide sich von manch anderen abgehobenen Dialogprojekten.
In der gleichen Kategorie wurde die von Peter Rast (München) geschaffene „Missa Colorata“ ausgezeichnet. Diese wurde von 2004 bis 2007 in drei unterschiedlichen Fassungen in München und Aachen aufgelegt. Sie besteht aus Farbprojektionen, die in den Kirchenraum hinein projiziert werden. Jedem Teil der Eucharistiefeier ist eine Farbe zugeordnet, die sich in einer Sequenz mit vier weiteren Tafeln in den Farben der anderen gottesdienstlichen Teile entfaltet.
Im Bereich Gemeindepastoral entschied sich die Jury für das Erfurter Projekt „Fest soll der Taufstein immer steh’n“ und ein Modell für die Beteiligung Ehrenamtlicher an der Pfarrleitung der Diözese Linz. In Erfurt führen Kinder Besucher auf den Erfurter Domberg. „Dieses Projekt macht Kinder in unserer Gesellschaft stark, weil es ihnen etwas zutraut, nämlich vor Erwachsenen ihre Kenntnisse anzuwenden und über ihren Glauben zu sprechen“, würdigte die Jury. Das Konzept des Linzer Projekts – „Hören, was der Geist den Gemeinden sagt“ – setze den interessanten Fokus, dass sich aus den Pfarreien selbst heraus Dienste entwickeln könnten, die eine Entlastung der Hauptamtlichen fördere und dem Leitbild des Anteils am gemeinsamen Priestertum folgten. „Somit weist das Konzept in eine Richtung, die in eine tragfähige Zukunft führen kann.“
In der Kategorie Jugendarbeit wurden ein Krankenhausprojekt („We care 4 you“) von Jugendlichen für Jugendliche in Kärnten und ein Musicalprojekt prämiert. Mit dem „Liedberger Totentanz“ haben sich über 20 Jugendliche aus Korschenbroich/Niederrhein mit Leben und Tod beschäftigt. „We care 4 you“ bekämpfe einerseits Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit. indem es unter anderem den Alltag in das Krankenhaus bringe, betonte die Jury. Andererseits könnten die Kranken den Besuchern Einsichten über das Gut der Gesundheit vermitteln: Leben und Gesundheit seien nicht nur „machbar“, sondern ein Geschenk. Die Akteure des „Liedberger Totentanzes“ hätten Höhen und Tiefen durchlebt und ein schwieriges Thema kreativ umgesetzt. „Die Projekt-Auseinandersetzung war nicht nur künstlerisch, sondern hatte auch thematische und spirituelle Akzente“, heißt es in der Würdigung.
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