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8. Sonntag im Jk, Lj C, 2.3.2025, Hösbach – St. Michael

Die Haltung und den Weg Jesu wählen!

„Wer die Wahl hat, hat die Qual!“ Jede und jeder von uns muss sich in unzähligen Begegnungen und Situationen entscheiden: Was ist jetzt zu tun? Was gilt es anzusprechen? Wie tue ich das? Hoffentlich gelingt es, uns so zu entscheiden, dass daraus ein besseres Miteinander erwächst. Denn dann bleibt uns die Qual erspart und letztlich werden wir – im Kleinen wie im Großen – stets eine gute Wahl treffen!

Die Predigt im Wortlaut:

„Wer die Wahl hat, hat die Qual!“ Der Volksmund bringt mit diesem Diktum zum Ausdruck, dass es oft nicht einfach ist, sich zwischen verschiedenen Alternativen zu entscheiden. Die „Qual“ zeigt sich eben auch darin, dass meine Entscheidung das Risiko birgt, mich falsch zu entscheiden.

„Wer die Wahl hat, hat die Qual!“ Das zeigt sich aktuell z.B. in den USA, wo manche schon nach wenigen Wochen über ihre Wahlentscheidung schockiert sind, weil sie bislang in staatlichen Behörden arbeiteten und jetzt zu den Empfängern der von Elon Musk in Massen versendeten Kündigungsschreiben gehören. Andere bereuen ihre Wahl, weil sie z.B. die nun angekündigten radikalen Sparmaßnahmen etwa im Bereich der Entwicklungshilfe für sehr bedenklich erachten. Wiederum andere sind einfach entsetzt über die Abkehr von gewachsenen internationalen Verbindungen und der Hinwendung an Russland. Schließlich sind besorgte Menschen schockiert über die unvorstellbare Eskalation vor laufenden Kameras beim Disput über die Ukraine an diesem Freitag im Weißen Haus.

„Wer die Wahl hat, hat die Qual!“ Das zeigt sich z.B. bei uns im Blick auf das Ergebnis der Wahl vom vergangenen Sonntag, wo mancher vielleicht nur seinen Protest zum Ausdruck bringen wollte. Nun aber zeigt sich, dass die extremen Ränder – rechts und links – massiv gestärkt wurden. Nicht wenige fürchten daher, dass bei notwendigen Entscheidungen nicht die Interessen des gesamten Volkes im Blick sind, sondern dass vielmehr danach entschieden wird, was der eigenen Ideologie entspricht. Der Wahl kann also schnell die Qual politisch erforderlicher Prozesse folgen, deren Auswirkungen nicht nur die eigene Gesellschaft betreffen, sondern darüber hinaus auch die internationalen Vernetzungen.

Die Herausforderung für diejenigen, die nun in die politische Verantwortung gehen, ist, das Gesamte unserer Gesellschaft, Europas und der Welt im Blick zu behalten und Weichen für ein sozial gerechtes und friedvolles Miteinander zu stellen. Bei allem, was dafür geregelt und angepackt werden muss, braucht es immer auch die Kraft, – egal, wie sie entschieden werden – Anfeindungen auszuhalten.

Längst sind wir daran gewöhnt, dass Proteste immer häufiger in einer Weise durchgeführt werden, die andere behindern oder ihnen schaden sollen. Denken wir nur an die antisemitischen Aktivitäten bei Demos auf der Straße, in Universitäten und bei Anschlägen auf jüdische Einrichtungen. Denken wir nur an die Unmutsäußerungen – immer häufiger – in Form von Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden wie auch am Privateigentum von Politikern.

Es gehört leider zum Leben von Menschen in einer besonderen Verantwortung, ob im gesellschaftlichen Bereich, ob in Kirche oder Schule, ob in der Wissenschaft oder Wirtschaft und Arbeitswelt: Wenn irgendjemand sich an diesen Personen reibt oder sich über irgendetwas an ihnen ärgert oder etwas nicht passend erscheint, dann werden diese Personen – nicht selten – attackiert oder anonym verleumdet.

Kurzum: Auf allen gesellschaftlichen Ebenen, in allen sozialen Schichten ist der Anstand stark zurückgegangen und die Bereitschaft, respektvoll auch gegensätzliche Meinungen zu diskutieren. Tiktok und wie die vielen neuen Medien heißen, tragen mit ihren verkürzten Parolen zur Verschärfung bei.

In einer Diskussionsrunde wies ein erfahrener Politiker darauf hin, dass nicht jede Form des Protestes legitim und schon gar nicht legal sei und es eher Ausdruck einer Meinungsdiktatur gleichkäme, wenn eine Minderheit versucht, dem Großteil der Bevölkerung die eigene subjektive Überzeugung aufzuzwingen. Deshalb riet er, man solle sich in der Politik engagieren und dadurch für die eigene Meinung werben. Worauf die Diskussionsteilnehmerin aus einer Protestbewegung entgegnete, dass sie zu solchen Maßnahmen gezwungen sei, weil nichts passiere. Schuld für ihr Verhalten und ihre Aktionen habe also die Politik.

Aber nicht nur im Bereich der Politik herrscht immer mehr verbale Gewalt. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer sind es leid, ständig von Eltern beschimpft und manchmal sogar körperlich attackiert zu werden. Wie viele Journalisten und Redakteure maßen sich an, letztverbindliche Urteile mit Absolutheitsanspruch über andere zu sprechen. Und wie weit wird oftmals die künstlerische Freiheit ausgedehnt und dadurch Menschen in öffentlicher Verantwortung der Lächerlichkeit preisgegeben oder gar beleidigt.

Im alten Beichtspiegel meiner Kindertage war für die Gewissenserforschung nicht nur die Frage vorgesehen, ob ich immer wahrhaftig und aufrichtig war, sondern auch die Frage, ob ich Fehler von anderen ohne Not weitergesagt habe. Von dieser barmherzigen Haltung im Umgang miteinander entfernen wir uns in unserer Gesellschaft mehr und mehr.

Genau darauf zielt Jesus ab mit seinem Wort im heute verkündeten Evangelium: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ Wie viele bedenken bei ihrer Kritik, dass sie selbst auch Fehler machen!

Es geht um die Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit, die es unbedingt braucht, damit die Menschen in einer Gesellschaft miteinander leben und umgehen können. Das mahnt Jesus an: „Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte hervorbringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte hervorbringt. Jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: ... Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil in seinem Herzen Gutes ist; und ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil in seinem Herzen Böses ist. Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.“

Von daher lässt sich vielleicht erahnen, was das Herz und das Denken der immer mächtiger werdenden Despoten in unserer Welt erfüllt und warum sie mit zunehmender Gewalt versuchen, entsprechend ihrem selbst zurechtgelegten Geschichtsbild die Welt neu zu ordnen und ihren eigenen Vorteil daraus zu ziehen.

Kriege beginnen nicht erst, wenn Schüsse fallen, sondern bereits dort, wo Menschen einander Gewalt antun – in welcher Form auch immer. Wenn uns das klar wird, dann gewinnen wir die Einsicht, dass die Erziehung zum Frieden in Familie, Schule, Kirche und Gesellschaft nicht mit einer Ideologie begründet werden kann, sondern ein geistiges und geistliches Fundament braucht.

Ein Mensch und damit auch eine Institution, die von Menschen getragen und verantwortet wird, wird stets Fehler machen. Es muss dann aber deutlich werden, dass aus Fehlern gelernt und versucht wird, dies im besten Sinne des Wortes wieder gut zu machen. Wir sind als Menschen nie vor Fehlern gefeit, umso mehr kommt es darauf an, barmherzig miteinander umzugehen und so Besserung zu ermöglichen. Schlimm und unmenschlich sind die Systeme, die angeblich keine Fehler machen, aber genau deshalb zutiefst blind sind, und die Fehler anderer radikal auszumerzen versuchen.

Für unser Land habe ich die Hoffnung, dass auf allen Seiten die Bereitschaft besteht, nach dem heftigen Wahlkampf nun verbal abzurüsten, um dann darüber diskutieren zu können, welche sozialen, ökonomischen, ökologischen und gesellschaftspolitischen Weichen jetzt zu stellen sind, um für unser Volk einen zufriedenstellenden Weg zu ebnen, aber auch um unsere Mitverantwortung für eine gerechte und friedvolle Völkergemeinschaft zu ebnen.

Dabei gilt es aber das Wort Jesu im Evangelium im Blick zu haben: Ein Blinder kann keinen Blinden führen. Beide werden in die Grube fallen. Wenn aber ein Mensch Einsicht in seine eigenen Fehler hat, kann er zunächst sein eigenes Verhalten verbessern. Dann kann er mit den Fehlern anderer so umgehen, dass auch sie Einsicht in ihr Fehlverhalten gewinnen. Daraus wiederum erwachsen ein Neuanfang und ein lebenswertes Miteinander.

Die Konsequenz aus der derzeitigen Stimmungslage in unserem Land wie auch den Ereignissen in Welt sollte sein, dass wir dem ersehnten friedvollen Miteinander keine Ideologie, sondern eine geistige und geistliche Grundlage geben. Und die beginnt bei der Erziehung und Prägung der inneren Haltung, die wir hoffentlich nicht allein dem Zeitgeist und den Medien, die rund um die Uhr über ihn berichten, überlassen!

Uns selbst wünsche ich, dass wir Menschen begegnen, die sich im Wissen um ihre eigenen Fehler so verhalten und so mit uns umgehen, dass wir stets einen guten Weg finden. Ebenso ist es für uns selbst notwendig, dass wir bereit sind, das eigene Verhalten zu bedenken, bevor wir möglicherweise andere kritisieren.

Wo Menschen in dieser Weise offen und wohlwollend einander begegnen, können sie auch übereinander und vor allem miteinander über die eigenen Fehler und die der anderen lachen und so einen gelingenden Neuanfang ermöglichen. Menschen mit dieser Grundhaltung müssen sich auch nicht unter Masken verstecken.

„Wer die Wahl hat, hat die Qual!“ Jede und jeder von uns muss sich in unzähligen Begegnungen und Situationen entscheiden: Was ist jetzt zu tun? Was gilt es anzusprechen? Wie tue ich das? Hoffentlich gelingt es, uns so zu entscheiden, dass daraus ein besseres Miteinander erwächst. Denn dann bleibt uns die Qual erspart und letztlich werden wir – im Kleinen wie im Großen – stets eine gute Wahl treffen!

Domkapitular Clemens Bieber
www.caritas-wuerzburg.de

Text zur Besinnung

Mit den Augen Jesu sehen

Mit den Augen Jesu sehen,
meine eigene Blindheit,
meine Gruben, in die ich mich verrannt habe.

Mit den Augen Jesu sehen,
meinen Balken im eigenen Auge,
meine Disteln und Dornen im Herzen.

Mit den Augen Jesu sehen,
die Splitter in den Augen der anderen,
die schlechten Früchte an den Bäumen des Lebens.

Mit den Augen Jesu sehen,
mich anschauen lassen von ihm,
tief drin im Herzen.

Mit den Augen Jesu sehen,
und so Ansehen erlangen,
vor ihm und anderen.

Mit den Augen Jesu sehen,
und neu sehen lernen,
mich, die anderen und IHN.

(Autor unbekannt)