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„Die Mitsorge für die Menschen wach halten“

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer beim Festgottesdienst anlässlich der 300-Jahr-Feier in Fabrikschleichach am 30. Juli 2006

Liebe Gemeinde Fabrikschleichach!

„Gebt den Leuten zu essen ...“, so sprach Gott schon im Alten Bund zum Propheten Elischa. Er zeigte sich als fürsorglichen Gott, als ein Gott, der weiß, wie weh Hunger tut und wie sehr der Mensch aufs tägliche Brot angewiesen ist. Jesus erweist sich im Evangelium gerade auch darin dem Vater im Himmel gleich, in dem er im heutigen Evangelium sich als Brotgeber zeigt. Er spürt, dass die Leute etwas zum Essen brauchen, dass sie Brot brauchen. Und Jesus nimmt die Bitte um das tägliche Brot hinein in das Gebet, das er die Jünger zu beten lehrt. Im Vater unser. „Unser tägliches Brot...“ Aus seiner Fürsorge für die leiblichen Grundbedürfnisse der Menschen gibt er den Jüngern den Auftrag: „Gebt ihr ihnen zu essen.“ Er lässt den Einwand nicht zu, es seien doch so viele, die Brot brauchen. Die kleine Gabe des Jungen und Jesu liebende Allmacht genügen, um die Leute satt zu machen. Seitdem sind Christen auch daran zu erkennen, ob sie und wie sie auf die irdischen Sorgen der Menschen antworten. Wir wissen, dass Jesus sich nicht als Allversorger verstanden werden wollte. Er wollte kein Brotgeber allein im irdischen Sinn sein, aber der Geist des Evangeliums verlangt, dass wir Menschen mithelfen, mit unseren bescheidenen Möglichkeiten die Fürsorge Gottes für den Menschen mitzutragen.

Eigentlich sind wir mit diesen Einsichten in das Wort Gottes bereits bei unserem festlichen Anlass, miteinander diesen Gottesdienst zu feiern. Fabrikschleichach verdankt seine Existenz, seine Gründung, dem Wirken und den Überlegungen des Fürstbischofs von Würzburg. Den Fürstbischöfen war ja seit der ottonischen Zeit zu ihrem geistlichen Amt auch die politische, wirtschaftliche und bildungsmäßige Verantwortung für die Menschen in ihrem Gebiet anvertraut. Nicht aus Machtstreben waren die Bischöfe auch die weltlichen Verantwortlichen in ihrem Zuständigkeitsbereich, sondern weil es ihnen vom Kaiser aufgetragen war. Das Ergebnis dieser ein Jahrtausend währenden Aufgabe war insgesamt gesehen ein Vorteil für die Menschen. Das gefühlte Empfinden der einfachen Menschen unter bischöflicher Regierung war im Vergleich mit weltlichen Herrschern: „Unterm Krummstab ist gut leben.

“Heute würde man die Bischöfe hochleben lassen ob solcher Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Aus diesem Grund ist Fabrikschleichach entstanden, gegründet worden. Natürlich entstand diese Gemeinde bekannterweise aus notwendigen Bauprojekten, die die damalige Zeit verlangten, aber immerhin: man baute die Residenz und goss nicht nur Kanonen. Die Residenz, die heute das kulturelle Ansehen unserer fränkischen Heimat in alle Welt trägt. Diese historische Rückbesinnung ist angebracht, weil wir feststellen dürfen, dass zu allen Zeiten die Kirche nicht bloß die seelischen, geistlichen Bedürfnisse der Menschen im Auge hat, sondern auch die natürlichen, die wirtschaftlichen, die gesellschaftlichen und ökonomischen. Gerade auch in unseren Tagen werden wir Bischöfe nicht müde, uns für eine menschenwürdige Gestaltung der Arbeitswelt und der Wirtschaft einzusetzen. Die vielen Sozialwerke der Kirche, der Päpste, der Bischöfe zeigen, dass der Geist Jesu auch heute noch die Kirche bewegt: „Gebt ihr ihnen zu essen.“

Liebe Gemeinde Fabrikschleichach!

So feiern wir diesen festlichen Erinnerungstag. Ich habe das Gefühl, dass Sie selber nicht vergessen haben, wer am Anfang dieser Gemeinde Impulsgeber direkt oder indirekt war. Die Einladung, Ihr Fest mitzufeiern, hat mich sehr gefreut und auch bewegt. Ich denke, dass wir gerade im Blick auf den so bewegten und stürmischen Ablauf der 300 Jahre dankbar sein dürfen für dieses Jubiläum. Gott, der Herr der Geschichte, hat Ihre Gemeinde geschützt. Ihr habt den Geist des Evangeliums zu leben versucht. Das muss auch der Sinn dieser Feier sein, dass wir nicht bloß daran denken, dass wir umsorgt und behütet waren. Wir müssen den Geist der Mitverantwortung für die Welt von heute, die Mitsorge für die Menschen wach halten, die im leiblichen oder geistigen Hunger leben – in der Nähe, in der Ferne. Gerade dass der Herr die kleine Gabe des kleinen Jungen erbeten und angenommen hat, um mit ihnen das Wunder der Brotvermehrung zu wirken, muss dieser kleinen Gemeinde bewusst werden lassen: Wir können Großes mitbewirken für die Welt, wenn wir auch als kleine Gemeinschaft Jesus zuarbeiten. Vor Gott sind kleine Gaben manchmal noch mehr wert, als große, wenn sie vom Herzen kommen, voll Liebe gegeben werden. Hat Jesus nicht das Scherflein der Witwe so gelobt, die etwas gab, was sie nicht übrig hatte, sondern was für sie ungemein groß war? Und auch vor Gott war diese Gabe groß, wie Jesus es jubelnd bemerkte. Eine kleine Gemeinde kann Großes wirken durch das Gebet, die Liebe, die Opferbereitschaft.

Vor allem in der Mitfeier der Eucharistie werden ja die kleinen Gaben der Kirche von Brot und Wein zu einem unendlich großen und allerheiligsten Wert: sie dürfen die Gestalten sein für die unendliche Liebe Jesu. Er, der schlichte Sohn der Jungfrau Maria, war ja selbst aus einem kleinen Dorf, von dem ein Kenner sagte: „Was kann aus einem solchen Dorf schon Großes kommen?“ Und Bethlehem, neben dem großen Jerusalem wirklich ein mickriger Ort, wird zum Geburtsort des Erlösers der Welt.

Die Größe des Kleinen ist ein Zeichen, dass Gott eben auch ganz klein begonnen hat als Kind. Darum zeigt Euch weiterhin groß in Euerer Liebe zu Jesus, in der Treue zur Kirche. In der Weise, wie Ihr Euer Leben führt: „Seid demütig, friedfertig, geduldig und ertragt einander in Liebe, bemüht Euch, die Einheit des Geistes zu wahren“ – sagt der Apostel in der 2. Lesung. Auch Ihr vor Ort macht Weltgeschichte, Ihr wirkt mit am Frieden und Unfrieden in der großen Welt mit Euerem Verhalten im Leben, in kleiner Gemeinschaft.

Brotsorgen haben wir alle auf neue Weise in unserer Zeit. Wir wollen einander helfen, so gut es geht. Aber es gibt genauso wichtige Sorgen um andere Lebensbedürfnisse: Wir wissen, wo unsere Gesellschaft Hunger hat nach Mitmenschlichkeit, Zuwendung und so weiter. Hier können wir auch nur „kleine Brötchen backen“, aber das müssen wir tun. Und dann erfahren auch wir in einem abgelegenen Ort: „Alle aßen und wurden satt“. Legt also alles in die Hände Jesu. Amen.

(3606/1216)