Gräfendorf (POW) Ein kalter Windzug streicht durch die katholische Kirche Heilige Schutzengel in Gräfendorf im Landkreis Main-Spessart. Diesen unangenehmen Fallwinden, die durch die kalten Wände entstehen und die Kirchenbesucher trotz Heizung frösteln lassen, soll schon bald der Garaus gemacht werden. Nach der Sanierung des Gotteshauses wird es die Sonne sein, die den Innenraum warm hält – mit Hilfe von spezieller Wärmedämmung, Sonnenkollektoren und einer Wärmepumpe. Nachdem die Diözese Würzburg dem in diesem Ausmaß einzigartigen Sanierungskonzept zugestimmt hatte, erfolgte bei einem Ortstermin am Mittwoch, 27. Februar, in der Kirche der offizielle Startschuss für das Projekt. Es wird insgesamt 680.000 Euro kosten und soll 2009 abgeschlossen sein.
„Es geht um den Erhalt der Kirche, aber auch um die Bewahrung der Schöpfung“, machte Pfarrer Peter Rüb deutlich. Das Kirchengebäude in Gräfendorf wurde 1966/1967 erbaut und weist große Mängel in der Wärmedämmung auf. Die Heizung verbraucht jährlich rund 7500 Liter Öl und trotz Heizung herrscht im Innenraum ein schlechtes Klima, das nicht nur die Kirchenbesucher stört, sondern des Öfteren auch die Orgel verstimmt. Mit Hilfe des Sanierungskonzepts aus dem Architekturbüro Werner Haase soll es demnächst warm und angenehm werden in der Schutzengelkirche, ohne dass nur ein Liter Erdöl verbrannt wird. Die Emissionen des Treibhausgases CO2 sollen damit von 24 Tonnen auf weniger als vier Tonnen im Jahr gesenkt werden.
Der Grundgedanke des Sanierungskonzepts lautet: Das Gebäude wandelt sich von der Kältefalle in einen Energiespeicher. Die spezielle Dämmung verhindert Wärmeabfluss, Sonnenkollektoren speisen Sonnenenergie in den Wärmekreislauf ein, auch die Erdwärme wird genutzt. Statt einer Luftheizung kommt eine Strahlungsheizung mit einer Lüftungsanlage zum Einsatz, die mit beheizten Wänden für ein angenehmes Klima sorgen soll. Kirchenpfleger Johannes Wagenpfahl ist Hauptinitiator des Projekts und stolz, dass der Startschuss erfolgte. „Nach einem Hochwasserschaden in der Kirche 2003 mussten wir überlegen, wie wir sanieren“, erzählte er. Schließlich sei er auf den Architekten Haase getroffen. Zusammen hätten sie sich ein Konzept überlegt, das auch den Umwelt- und Klimaschutz im Blick hat.
„Im Bauausschuss der Diözese wurden Vor- und Nachteile offen diskutiert“, sagte Diözesanbaumeister Cesare Augusto Stefano. So sei zum Beispiel kritisch gefragt worden, warum das Sanierungskonzept an einer Kirche – einem sakralen Raum – ausprobiert würde und nicht an einem anderen Gebäude. Doch Anfang Februar habe der Ausschuss schließlich dem Konzept zugestimmt. Die Gesamtkosten liegen bei 680.000 Euro. 450.000 Euro übernimmt die Diözese, 50.000 Euro kommen von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), zudem fließen 20.000 Euro Preisgeld des E.ON-Umweltpreises von 2005 in die Finanzierung ein. Die restlichen 160.000 Euro muss die Kirchengemeinde selbst übernehmen. Aufgrund der Fördergelder wird die Sanierung im Endeffekt nicht teurer als eine normale Sanierung. „Für uns ist dieses Projekt ein erster Versuch. Wir wollen Erfahrungen sammeln und sehen, wie hoch die Einsparungen sind“, betonte Stefano. Ob bei Erfolg des Modellprojekts auch andere Kirchen auf diese Weise saniert würden, könne er noch nicht sagen. „Dies muss immer von Fall zu Fall entschieden werden.“
Der genaue Baustart steht noch nicht fest, doch 2009 soll alles fertig sein. Pfarrer Rüb hat schon überlegt, wohin die Gemeinde sonntags zur Messe ausweichen könnte; das Feuerwehrhaus oder eine Turnhalle stehen bei ihm auf der Liste. Trotz der hohen Kosten und der Unannehmlichkeiten während der Bauphase stünde die Kirchengemeinde voll hinter dem Konzept, weiß der Pfarrer. Es diene sogar für Privatleute als Vorbild. Seit sich die Gemeinde eine Photovoltaikanlage angeschafft habe, hätten viele Dorfbewohner ebenfalls eine installiert. Auch Wagenpfahl freut sich über die Unterstützung der Kirchengemeinde und Dorfbewohner. Er weiß jetzt schon, dass viele beim Bau mit Hand anlegen werden. Und nicht nur das: „Die Erlöse bei unserem Dorffest zum 600. Jubiläum werden in die Kirchenstiftung fließen – dem haben alle Vereine zugestimmt.“
(1008/0303; E-Mail voraus)
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