Wenn ich die derzeitige finanzielle Situation unserer Diözese mit einem Wort kennzeichnen sollte, würde ich sagen: „Zwischenhoch“. Durch die günstige konjunkturelle Entwicklung haben sich die Kirchensteuereinnahmen kurzfristig konsolidiert. Deshalb konnte bei uns Ende November auch vom Diözesansteuerausschuss ein Nachtragshaushalt verabschiedet werden, mit dem vor allem dringende Baumaßnahmen ermöglicht werden sollen. So erfreulich dies ist, so falsch wäre es, wenn die momentane Situation größere Begehrlichkeiten wecken würde. Was nach wie vor das mittel- und langfristige Ziel bleibt, ist eine nachhaltige Haushaltssicherung. Diese wird erschwert durch bescheidene Konjunkturprognosen, die ja ihrerseits Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten und damit auf das Kirchensteueraufkommen haben. Hinzu kommen die zu erwartenden Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst. Vor allem aber bedeutet die demographische Entwicklung, die ja auf mittelfristige Sicht hin festliegt, zusammen mit den nach wie vor spürbaren Kirchenaustritten eine immense Herausforderung. Von derzeit gut 850.000 Katholiken im Bistum Würzburg wird die Zahl bis 2020 schätzungsweise nochmals um etwa 100.000 zurückgehen. Man könnte natürlich meinen, für weniger Katholiken bräuchte man auch weniger Geld – doch diese Annahme ist unrealistisch. Selbst wenn sich die Pastoral auf größere Einheiten hin entwickelt, hat sich in den letzten Jahrzehnten das kirchliche Leben als Reflex auf gesellschaftliche Entwicklungen so ausdifferenziert, dass dieser gewandelten Situation stets neu Rechnung getragen werden muss. Die Verantwortlichen sind in Zukunft langfristig herausgefordert mit steigenden Personalkosten auf der einen und den sinkenden Einnahmen auf der anderen Seite so umzugehen, dass die zentralen Felder kirchlichen Handelns in Verkündigung, Liturgie und Diakonie gesichert werden. Nach wie vor bleibt die zentrale Zukunftsfrage: Wie können wir mit weniger Geld den Glauben stärker fördern? An diesem Maßstab müssen sich alle Einzelmaßnahmen letztlich messen lassen; diese Perspektive war auch für die Arbeit unserer Prioritätenkommission maßgebend, die 2008 mittlerweile im fünften Jahr besteht und sich in den letzten Monaten sechsmal im Plenum getroffen hat (hinzu kommen weitere Sitzungen einzelner Arbeitsgruppen). In meinem Bericht möchte ich drei Themenfelder herausgreifen, an denen deutlich wird, wie pastorale Überlegungen und finanzielle Ressourcen aufeinander zu beziehen sind: Nämlich die Entwicklung des pastoralen Personals, die Bildung der Pfarreiengemeinschaften und die Schaffung sogenannter Kompetenzzentren.
1. Personalsituation
Im vergangenen Jahr wurde im Benehmen mit dem Allgemeinen Geistlichen Rat und dem Diözesansteuerausschuss eine Anstellungsquote festgelegt, die so aussieht: Ab 2009 ist jährlich eine Vollstelle für hauptamtliche Diakone und ebenso für Pastoralreferenten vorgesehen; bei beiden Gruppen ist eine Erhöhung auf zwei angedacht. Die Zahl der jährlich anzustellenden Gemeindereferentinnen und -referenten wurde mit vier beziffert. Es hat sich jedoch gezeigt, dass gerade im Blick auf die Bildung der Pfarreiengemeinschaften die Berufsgruppe der Gemeindereferentinnen und -referenten aufgestockt werden muss, wenn man eine „Seelsorge mit Gesicht“ gewährleisten will. Zudem ist die Fluktuation in der Berufsgruppe aufgrund des hohen Frauenanteils (und der damit verbundenen Elternzeit) am höchsten. Die spezifischen Aufgaben der einzelnen kirchlichen Dienste sind dabei genauso zu berücksichtigen wie Möglichkeiten und Grenzen des ehrenamtlichen Einsatzes. Unter diesen Voraussetzungen wird angestrebt, die jährliche Anstellungszahl bei den Gemeindereferenten zumindest zeitweise auf sieben zu erhöhen, um einem weiteren „Schrumpfen“ dieser gerade für das kirchliche Leben „vor Ort“ wichtigen Berufsgruppe gegenzusteuern. Dabei muss gleichzeitig immer betont werden, dass die Diözese Würzburg auch in Zukunft ein klares Ja zum Miteinander aller kirchlichen Ämter und Dienste sagt; deshalb ist die Schließung von Bewerberkreisen auch kein Thema.
2. Pfarreiengemeinschaften
Wie bekannt ist, soll die Bildung von insgesamt 183 Pfarreiengemeinschaften (unter Beibehaltung einiger größerer Einzelpfarreien) bis 2010 abgeschlossen sein; derzeit sind davon 50 errichtet. Ich erinnere nochmals daran, dass dieser Prozess kein Auslöschen der gewachsenen Einzelpfarrei bedeuten soll, sondern ein Schaffen von Synergieeffekten nach dem Subidaritätsprinzip, indem infolge neuer Entwicklungen Aufgaben, mit denen eine Pfarrgemeinde herkömmlicher Prägung in jedem Fall überfordert wäre, in einem neuen Miteinander angegangen werden – so z. B. in der Katechese, in der Jugendarbeit und im Bildungsbereich. Natürlich hat die Bildung von Pfarreiengemeinschaften auch auf Verwaltungsebene gravierende Konsequenzen, die derzeit intensiv bedacht werden: Einerseits geht der Trend aus Effektivitätsgründen hin zur gemeinsamen Verwaltung, andererseits braucht es kirchliche Präsenz vor Ort z. B. auch durch Pfarrbürostunden. Hier suchen wir nach einer Lösung des gerechten Ausgleichs. Anders stellt sich das Problem bei den Mesnerstellen, wo aufgrund der auf die Kirchengebäude bezogenen Tätigkeitsmerkmale eine pfarreiübergreifende Bündelung von Anstellungen schlecht möglich ist, aber gleichzeitig Kostensteigerungen vermieden werden müssen. An die Schließung von Kirchbauten, wie dies in einigen anderen Bistümern notwendig wurde, ist bei uns nicht gedacht; jedoch ist langfristig im Blick auf die demographische Entwicklung auch hier eine sorgfältige Bestandsaufnahme angezeigt.
3. Kompetenzzentren
Ob der Name glücklich ist, sei dahingestellt – als Arbeitsbegriff hat er sich jedenfalls eingebürgert. Zu verstehen ist darunter mittel- und langfristig das Mühen um Synergieeffekte von bisher oft sehr unverbunden bestehenden und mitunter – z. B. auf Verbandsebene – auch konkurrierenden Aktivitäten in den Bereichen Ehe und Familie, Gesellschaft und Soziales, ländlicher Raum sowie Bildung und Freizeit. Gesondert zu sehen sind Angebote für Jugend, Senioren, Frauen und Männer. Bei der von unserer Prioritätenkommission durchgeführten Bestandsaufnahme hat sich ergeben, dass die Überlegungen zur Kooperation in den Bereichen Jugend, Familie sowie im ländlichen Raum am weitesten fortgeschritten sind. Da die Bistumsleitung nach wie vor zu ihrer 2003 gemachten Zusage steht, dass die nötigen Umstrukturierungsmaßnahmen ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen sollen, ist im Gegenzug eine erhöhte Flexibilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter notwendig, damit die angestrebten Synergieeffekte erreicht werden. „Besitzstandsdenken“ etwa auf der Verbandsebene darf nicht dazu führen, dass notwendige Entwicklungen blockiert werden. Das gilt auch für eine stärkere Verbindung von territorialer und kategorialer Seelsorge etwa im städtischen Umfeld, wo nochmals spezifische Situationen gegeben sind.
Schlussbemerkungen
Wir haben uns im Bistum Würzburg im Blick auf die anstehenden Veränderungen – in Anlehnung an unser damaliges Diözesanprojekt „Wege suchen im Gespräch“ - bewusst für ein Vorgehen entschieden, in dem Leitungsentscheidungen und Anliegen der Betroffenen immer wieder aufeinander bezogen und miteinander vermittelt werden. Nicht zuletzt diesem Anliegen weiß sich die Prioritätenkommission in ihrer Arbeit verpflichtet, weshalb in ihr unter anderem neben gewählten Vertretern des Diözesansteuerausschusses auch die Leitung der Mitarbeitervertretung und der Vorsitzende des Diözesanrates angehört. Dadurch soll verhindert werden, dass finanzpolitische Gesichtspunkte, so berechtigt sie sein mögen, eine wenig hilfreiche Eigendynamik entfalten. Deshalb danke ich allen Mitgliedern für die loyale Mitarbeit und hoffe, dass sich der eingeschlagene Weg, auch wenn er vor schmerzlichen Einschnitten nicht bewahrt, doch als gangbare Richtung für unser Bistum bewährt.
Wie in den vergangenen Jahren lade ich wieder alle Interessierten ein, sich zu diesem Zwischenbericht zu äußern. Auch wenn Antworten nicht in jedem Einzelfall möglich sind, werden die eingehenden Stellungnahmen aufmerksam registriert.
Mitglieder der Prioritätenkommission:
Leitung: Dr. Karl Hillenbrand
Dr. Adolf Bauer, Finanzdirektor
Norbert Baumann, Schweinfurt,
Karl-Peter Büttner, Vorsitzender des Diözesanrats
Dr. Heinz Geist, Domkapitular
Hans Herderich, Domkapitular
Ferdinand Kraus, Mellrichstadt,
Thomas Lorey, Personalleiter
Rita Metzger, 1. Vorsitzende der MAV
Joachim Morgenroth, Dekan in Haßfurt
Christian Müssig, Pfarrer in Würzburg-Heidingsfeld (bis Sept. 2007)
Dietrich Seidel, Domkapitular, stv. Generalvikar
Albrecht Siedler, stv. Finanzdirektor
(Richten Sie Ihre Stellungnahme bitte per Post an das Generalvikariat bzw. über E-Mail an generalvikariat@bistum-wuerzburg.de).
(0608/0181; E-Mail voraus)