Würzburg/Hammelburg (POW) Die Diözese Würzburg hat mit der Deutschen Franziskanerprovinz die Deponierung der Bibliothek des Klosters Altstadt bei Hammelburg in der Diözesanbibliothek Würzburg vereinbart. Ein Leihvertrag sichert das Eigentumsrecht des Ordens. Das teilte der Leiter der Schriftgutverwaltung der Diözese Würzburg, Archivdirektor Professor Dr. Johannes Merz, am Donnerstag, 17. November, mit. Damit solle ein herausragendes Kulturgut mit rund 7000 Bänden, darunter zahlreiche Inkunabeln und Frühdrucke, dauerhaft gesichert und für die wissenschaftliche Forschung nutzbar gemacht werden. Die Bände werden im Frühjahr 2012 in die Diözesanbibliothek Würzburg in der Domerschulstraße überführt.
Die Bibliothek des Franziskanerklosters Altstadt geht auf eine Pfarrbibliothek des 16. Jahrhunderts in Hammelburg zurück, die in der Reformationszeit vom Rat der Stadt auf einen Bestand von zirka 300 Bänden ausgebaut wurde. Nach der Gründung des Franziskanerklosters Altstadt vor den Stadtmauern von Hammelburg 1649 wurde sie dorthin abgegeben und diente in der Folgezeit nicht nur dem Studium der Mönche, sondern auch der von diesen betriebenen Lateinschule. Die Sammlung nahm rasch zu, erlitt jedoch auch einen herben Rückschlag durch die angeordnete Abgabe eines Teils der Bibliothek an den Hof des Landesherrn in Fulda im frühen 18. Jahrhundert. Dagegen überstand die Klosterbibliothek nahezu unbeschadet die Säkularisation, weil Altstadt zwar zunächst zum „Aussterbekloster“ bestimmt, dann aber unter König Ludwig I. rechtzeitig wiederbegründet worden war. Gerade wegen der Tradition der Klosterbibliothek seit dem 16. Jahrhundert, die im Gegensatz zum größten Teil der anderen geistlichen Institutionen nicht säkularisiert wurde, besitzt sie einen großen Wert als Ensemble weit über ihre Einzelteile hinaus.
Die Bibliothek ist eine Schatztruhe aus den Anfangsjahren des Buchdrucks. So finden sich Schriften der mittelalterlichen Theologen Petrus Lombardus, Thomas von Aquin und Jakobus von Voragine, die 1548 in Basel gedruckte Weltchronik des Sebastian Munster, ein Kräuterbuch von 1577 und das Geographische Handbuch des Matthis Quaden mit einer Weltkarte von 1600. Luthers Schriften stehen ebenso in der Altstadter Bibliothek wie handgeschriebene Antiphonalien, Gradualien und Responsorienbücher für das Chorgebet der Ordensmänner sowie ein Missale aus der Zeit vor 1500. Aus der Baseler Druckerei des Hammelburger Johannes Frobenius stammen 37 Bücher.
Angesichts dieses großen historischen Wertes suchte der Franziskanerorden unter dem Eindruck zurückgehender Mitgliederzahlen und der drohenden Auflösung vieler Klosterniederlassungen nach Wegen, die Einrichtung zu erhalten. Die Diözese wiederum zeigte die Bereitschaft, auf der Grundlage von „Leitlinien zur Bewahrung von gefährdeten kirchlichen Bibliotheksbeständen“ der Deutschen Bischofskonferenz Verantwortung für diese kulturelle Überlieferung in ihrem Einzugsbereich zu übernehmen. „Mit der jetzt gefundenen Lösung ist nicht nur die Existenz der Bibliothek gesichert, sondern auch aus Hammelburger Sicht eine relativ ortsnahe Unterbringung und Benutzbarkeit gegeben“, betonte Merz.
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