Würzburg/Schweinfurt/Mbinga (POW) In der zweiten Januarhälfte startet in Würzburgs Partnerbistum Mbinga in Tansania das neue Schuljahr. Michael Lamm, pensionierter Gymnasiallehrer aus Schweinfurt, ist mit dabei: Bis Anfang Dezember 2008 unterrichtet der 69-Jährige Englisch im Kleinen Seminar der Diözese Mbinga in Likonde. Rund 200 Knaben und junge Männer zwischen 14 und 25 Jahren bereiten sich dort in der Sekundarschule auf den höheren Schulabschluss vor.
Der Bedarf an Englischunterricht in Tansania ist groß, doch es mangelt an Lehrern. Für den Pädagogen und früheren stellvertretenden Schulleiter am Schweinfurter Alexander-von-Humboldt-Gymnasium war dies im Oktober 2006 Grund genug, seinen Ruhestand an den Nagel zu hängen und nochmals durchzustarten. Lamm ging zunächst für zwei Monate in das am Weg zwischen Mbinga und Songea gelegene bischöfliche Seminar mit Schule in Likonde. Ein komplettes Schuljahr im afrikanischen Südwesten folgte 2007. Jetzt hängt Lamm ein weiteres Jahr an: „Es gefällt mir. Ich komme gut mit den Menschen in Tansania zurecht“, sagt er mit Blick auf die zurückliegenden Monate in Ostafrika. Die Diözese Würzburg unterstützt das ehrenamtliche Engagement Lamms im Partnerbistum Mbinga finanziell.
Lamm, der in Schweinfurt neben Englisch auch Geographie unterrichtete, konzentriert sich in Tansania ganz auf die wichtigste Fremdsprache. „Alle offiziellen Prüfungen des tansanischen Kultusministeriums für die Sekundarschule werden in Englisch abgehalten. Ein Schüler kommt nur erfolgreich durch die Schule, wenn er gut Englisch kann“, berichtet Lamm. Mit Englischkenntnissen könne sich ein Schüler auch in anderen sozialen Milieus bewegen. Im Alltag werde zwar die Landessprache Kisuaheli gesprochen, doch fehlten die Wörter für viele Fachbegriffe.
Einen Mangel beklagt Lamm beim Blick auf die Lehrmittel im Südwesten Tansanias. Sowohl in kirchlichen als auch in staatlichen Schulen gebe es nur wenige Fachbücher. Zwar seien Schulbücher erhältlich, doch fehle es den Schulen oft an den nötigen Mitteln. Lamm hat deshalb aus Spendengeldern beispielsweise Englischbücher für das Seminar Likonde gekauft. Aber auch andere Fachliteratur und Atlanten organisiert er, um den Schülern das Lernen zu erleichtern und aktuelles Wissen zu vermitteln. „In den alten Atlanten gab es noch Karten aus der Kolonialzeit.“
Die Schüler in Likonde kommen meist aus den Bistümern Mbinga und Songea, aber auch aus den umliegenden Diözesen des südwestlichen Tansania. Sie stammen aus einfachen Verhältnissen. Ihre Eltern sind Kaffee- oder Maisbauern oder Fischer am Njassasee. Der Andrang der Schüler auf die kirchliche Einrichtung ist groß. „Die Kirche übt eine hohe Attraktivität aus, weil sie eine funktionierende Institution in Tansania ist“, sagt Lamm. Die Heimatpfarrer und der Beauftragte des jeweiligen Bischofs wählen die Knaben für Likonde aus. „Es können nicht alle Bewerber aufgenommen werden“, berichtet Lamm. Beim Eintritt müssen die 14- bis 15-Jährigen eine Hacke, eine Bibel, ein Moskitonetz und zwei Schuluniformen mitbringen. Die Hacke wird für die nachmittäglichen Arbeiten der Schüler auf den Mais- und Erdnussfeldern sowie auf den Gemüsebeeten des Internats gebraucht. Zirka 200 Euro müssen die Familien im Jahr selbst für das Schulgeld aufbringen.
Vier Priester unterrichten in Likonde, hinzukommen drei säkulare Lehrkräfte, zu wenig für die rund 200 Schüler des Internats. Zwei weitere Lehrer wären notwendig, sagt Lamm. Doch sei es schwierig, Lehrer für Likonde zu finden. Zum einen seien die Lehrer an kirchlichen Schulen schlechter bezahlt als an staatlichen Häusern; zum anderen liege das von der Benediktinerabtei Peramiho gegründete Seminar weit entfernt von den großen Zentren des Landes. Lehrer seien auf Nebentätigkeiten angewiesen: Sie züchten Hühner und Schweine, fahren Taxi oder arbeiten zusätzlich an anderen Schulen. Erbärmliche Zustände konstatiert Lamm für das naturwissenschaftliche Labor in Likonde. „Die Physik-, Chemie- und Biologieräume müssen gründlich renoviert werden.“ In Würzburg hat man diesen Hilferuf bereits aufgegriffen. Beide Bischöfe haben im vergangenen Jahr Spenden zu ihren Jubiläen für die Renovierung des Seminars bereitgestellt.
Für Lamm verbindet sich mit dem Einsatz in Tansania eine gewisse Nostalgie. Bereits Anfang der 1970er Jahre lebte er mit seiner Frau Hedwig und seinen Kindern über drei Jahre in Tansania und unterrichtete als junger Lehrer unter anderem am Victoriasee im Norden des Landes. „Wir haben damals schöne Jahre erlebt.“ Heute treibt den leidenschaftlichen Pädagogen aber vor allem der Gedanke, seinen Beitrag zur Entwicklung des afrikanischen Landes zu leisten und in Tansania etwas bewirken zu können. Er hilft mit, damit tansanische Jugendliche irgendwann selbst als Lehrer, Architekten oder auch Priester wirken. Den Zeitraum für das ehrenamtliche Engagement hat Lamm auf das bevorstehende Schuljahr eingegrenzt: „Ende 2008 ist Schluss!“ Zuvor wird er seiner Heimat noch einen Besuch abstatten. Mit Likondes Seminardirektor John Ndimbo als Gast ist Lamm zur Kiliani-Zeit Anfang Juli wieder im Bistum Würzburg.
Hinweis: Spenden für das Kleine Seminar in Likonde in Tansania unter: Stichwort „Mbinga: Schulmaterial Likonde“, Bischöfliche Finanzkammer Würzburg, Ligabank Würzburg Konto 3000001, Bankleitzahl 75090300.
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