Liebe Mitchristen in Ober- und Unterelsbach, in Ginolfs, Sondernau und Weisbach!
Ihr Pfarrer Matthias Borst hat seinem Bischof erklärt, dass er heiraten und eine Familie gründen möchte. Der Bischof hat ihn, wie Sie wissen, nach den geltenden Regeln des Kirchenrechts von seinem Dienst suspendiert.
Diese Nachricht hat viele von Ihnen sehr irritiert und gleichzeitig eine Reihe von Fragen aufgeworfen. Viele, die die Arbeit Ihres Pfarrers sehr geschätzt haben und dafür sehr dankbar sind, nicht zuletzt die engagierten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bedauern zutiefst sein Ausscheiden aus dem priesterlichen Dienst. Sie fragen: Warum darf denn ein Priester, der heiraten möchte, sein Amt nicht weiter ausüben, zumal wir zu wenige Pfarrer haben? Ist es nicht einfach unmenschlich, wenn die Kirchenleitung verheirateten Priestern die Ausübung ihres Dienstes nicht gestattet? Darf denn ein Priester keine Gefühle haben und darf ihm eine engere menschliche Beziehung verwehrt werden? Andere haben wiederum für einen Priester und jene Frau, zu der sich eine engere Beziehung entwickelt hat, eher weniger Verständnis und fragen: Warum muss er sich auf eine engere Beziehung einlassen? Hat er nicht für sein ganzes Leben die Ehelosigkeit versprochen und dieses Versprechen gebrochen?
Gewiss teilen Sie alle die Ansicht und Einsicht, Christ sein, „Nachfolge Jesu“, wie die Bibel es nennt, kann man als Alleinstehender und als Verheirateter leben. Der ehelose wie der verheiratete Christ lebt aus der Beziehung zu Gott und in Beziehung zu Menschen, auch wenn sich beide Lebensformen in ihrer äußeren Gestalt unterscheiden. Beide bringen unterschiedliche Aspekte des Reiches Gottes zum Ausdruck: Die ehelos Lebenden weisen besonders auf Gott als den hin, in dem unser aller Leben gründet und der darum jeder konkreten Beziehung vorausliegt; die in Ehe und Familie Lebenden zeigen auf, dass Gottes Reich ein beziehungsvolles Geschehen ist.
Die frei gewählte Ehelosigkeit um des Reiches Gottes willen wird in der Kirche nicht nur von den Ordensleuten gelebt. Im Laufe ihrer Geschichte ist man in der Kirche zur Überzeugung gelangt und behält diese auch gegenwärtig bei, dass die Ehelosigkeit dem priesterlichen Dienst sehr angemessen ist: Darum hat man sich für die Koppelung von Priesteramt und Zölibat entschieden, nicht nur weil der Priester für seinen Dienst als zölibatär lebender Mensch ungebundener ist, sondern weil er eben durch eine intensiv und direkt gelebte Beziehung zu Gott gerade in unserer säkularisierten Welt an Gott erinnern kann und soll. Der Verheiratete hingegen wird seine Beziehung zu Gott intensiver in engere menschliche Beziehungen in Ehe und Familie umsetzen und gerade dadurch auch an die Treue Gottes zum Menschen ganz konkret erinnern.
Beide Lebensformen sind als Entwürfe für ein ganzes Leben gedacht und gewollt. Wir wissen alle, dass sie nicht immer durchgehalten werden, dass sich Menschen, auch Priester gegen ihren bisherigen Lebensentwurf entscheiden. Wie solche Entscheidungen unter den Augen Gottes zu beurteilen sind, wissen wir nicht. Wir können sie nur respektieren. Ein Urteil steht uns nicht zu. Darum sollten wir auch nie von einem „abgefallenen“ Priester sprechen, zumal dieser noch lange nicht seinen Glauben verleugnet haben muss, wenn er seine zölibatäre Lebensweise aufgibt.
Viele beschäftigt die Frage, weshalb ein Priester, der heiraten will, nicht trotzdem sein Priesteramt weiterhin ausüben kann, ja warum man nicht jedem Priester die Wahl lässt, in welcher Lebensform er leben will. Wenn man nach wie vor in der Kirche der Überzeugung ist, dass die Verbindung von Priestersein und Ehelosigkeit sehr sinnvoll ist, dann dient die Verpflichtung der Priester zum Zölibat dazu, die Ehelosigkeit als Lebensform der Priester im Bewusstsein der Menschen zu halten. Bei einer freien Wahl würde die Ehelosigkeit als eine Lebensform, die dem priesterlichen Dienst sehr nahe steht, eher – wie die Erfahrung zeigt – untergehen. Deshalb verweigert das gegenwärtig geltende Kirchenrecht einem Priester, der heiraten möchte, weiterhin seinen Dienst auszuüben. Das schließt jedoch nicht aus, sondern für alle, die davon berührt sind, ein, mit einem Priester, der diese Absicht äußert, in einer menschlich und christlich qualifizierten Weise umzugehen.
Natürlich werden Sie auch fragen, wie es mit der Gemeinde weitergeht. Wir werden die nächste Zeit bis in den Frühsommer hinein mit einer Aushilfe überbrücken und versuchen, die Pfarrstelle möglichst bald neu zu besetzen. Das Gespräch mit den verantwortlichen Ehrenamtlichen in Ihren Gemeinde am vergangenen Dienstagabend hat in mir den angenehmen Eindruck hinterlassen, dass sie gerade in der kommenden, schwierigen Zeit, Ihrer Gemeinde weiterhin die Treue halten und sich für sie weiter engagieren. Das denke ich auch von Ihnen allen und möchte Ihnen dafür ganz ausdrücklich danken.
Ich bitte Sie auch um Ihr Gebet für Ihren bisherigen Pfarrer und seinen zukünftigen Weg wie um das Gebet für einen neuen Pfarrer und ein weiterhin gutes Miteinander in Ihren Gemeinden.
Mit guten Wünschen für Sie und Ihre Familien
Ihr
Dr. Heinz Geist, Personalreferent
(0606/0217; E-Mail voraus)