Würzburg (POW) 250.000 Bücher verteilt auf eine Länge von insgesamt 7500 Regalmetern – allein die nackten Zahlen zur Würzburger Diözesanbibliothek sind beeindruckend. Ab Donnerstag, 13. November, haben alle Interessierten die Möglichkeit, die neuen Räumlichkeiten der Bibliothek in der Domerschulstraße selbst in Augenschein zu nehmen. Eröffnung und Segnung der Bibliothek finden bereits einen Tag zuvor, am Mittwoch, 12. November, statt. Die feierliche Veranstaltung beginnt um 11 Uhr in der Seminarkirche Sankt Michael, danach segnet Bischof Dr. Friedhelm Hofmann die Diözesanbibliothek im Gebäude des Diözesanarchivs.
Stolz schwingt mit in der Stimme von Professor Dr. Johannes Merz, dem Leiter der Schriftgutverwaltung und damit auch der Diözesanbibliothek, wenn er über „sein“ Haus und die darin aufbewahrten Schätze spricht. Insgesamt 250.000 Bücher, darunter zahlreiche Raritäten, stehen verteilt auf einer Länge von 7,5 Kilometern in den Regalen der Bibliothek. 70.000 Werke haben die Bibliotheksmitarbeiter bereits katalogisiert, 20.000 davon stehen im Lesesaal. Gerade das Katalogisieren ist eine äußerst zeitintensive Arbeit. Denn anders als in vielen anderen Bibliotheken kommen die in der Diözesanbibliothek stehenden Werke nicht aus dem Buchladen oder vom Großhändler. Ein Großteil des Bibliothekbestands stammt aus historischen Restbeständen und Schenkungen aus Privatbibliotheken.
Und genau an diesem Punkt begann und beginnt noch immer ein Gutteil der Arbeit der beiden hauptamtlichen Bibliothekare Nikola Willner und Joachim Neumann. Bevor die Bücher in die Hände der Besucher wandern, müssen sie auf ihre Vollständigkeit überprüft werden. Buchreihen oder Zeitschriftenjahrgängen ergeht es ähnlich. Schließlich kann kein ernsthafter Bibliotheksnutzer etwas mit nur teilweise vollständigen Werken anfangen. Und hier steckt die Tücke oftmals im Detail: Gerade Werke aus der Vorkriegszeit haben unter den Wirren des Zweiten Weltkriegs gelitten. In der Diözesanbibliothek wird deshalb bereits seit vielen Jahren versucht, ganze Jahrgänge zu rekonstruieren.
Überhaupt muss die Diözesanbibliothek Klippen umschiffen, die andere Bibliotheken so nicht kennen: Neben den Unterschieden bei der Anschaffung der Bücher gilt es, in den Räumen in der Domerschulstraße auch einen äußerst heterogenen Nutzerkreis zufriedenzustellen. Die Diözesanbibliothek ist eine wissenschaftliche Bibliothek, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die wissenschaftlich nutzbaren Buchbestände der Diözese zu bewahren und zu erschließen. Doch diese Spanne ist weit. Sehr weit. So richtet sich das Angebot an Forscher, die sich für theologische Spezialthemen interessieren, Theologiestudenten, die ihre universitären Materialien ergänzen wollen, Mitarbeiter der Diözese, die sich über einzelne Themen informieren wollen, bis hin zu Laien, die für die Festschrift des örtlichen Vereins auf Spurensuche gehen. Vom theologischen Nachschlagewerk bis zur Vereinschronik finden sie in der Diözesanbibliothek so ziemlich alles.
Doch trotz des breiten Nutzerspektrums hat die Diözesanbibliothek klare Schwerpunkte in ihrer Arbeit gesetzt. So liegt ein Fokus beispielsweise auf der Diözesangeschichte. Darunter finden sich Spezialsammlungen zu Ortsgeschichten, Einrichtungen oder auch Personen des kirchlichen Lebens. Weitere Schwerpunkte werden auf die Gebets- und Andachtsliteratur sowie auf liturgische und katechetische Bücher Würzburger Herkunft gelegt. Ansonsten bemüht sich die Diözesanbibliothek mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, stets aktuelle Nachschlage- und Grundlagenwerke anzuschaffen sowie eine Auswahl wichtiger theologischer Fachzeitschriften präsent zu haben. Bei Sonderwünschen, die den normalen finanziellen Rahmen übersteigen, springt eine Stiftung ein, die dann unterstützend unter die Arme greift. Außerdem lebt im Bibliothekswesen eine Methodik weiter, die man mit der Erfindung der Geldwirtschaft eigentlich als überkommen angesehen hatte: der Tauschhandel. Der Würzburger Diözesangeschichtsverein publiziert selbst in regelmäßigen Abständen und tauscht diese Werke mit anderen Stellen in ganz Europa aus. So existieren rund 140 innereuropäische Tauschrouten, die zur Mehrung des Würzburger Bibliotheksbestands beitragen.
Neben den Neuanschaffungen finden sich in der Diözesanbibliothek aber auch einige Raritäten und Schätze, deren Geschichte oft mehrere Jahrhunderte in die Vergangenheit reicht. So verfügt die Bibliothek beispielsweise über Buchhandschriften aus dem 14. und 15. Jahrhundert: Schriftstücke, die zum Teil verfasst wurden, bevor Kolumbus Amerika entdeckte.
Auch wenn die Diözesanbibliothek am kommenden Donnerstag ihre Pforten für die Besucher öffnet – abgeschlossen sind die Arbeiten der Bibliothekare dann noch lange nicht. Zu groß sind die noch nicht erfassten und katalogisierten Bestände. Und sie werden weiterhin wachsen. Das ist auch gut so, meint Bibliotheksleiter Merz, denn „eine Bibliothek ist nur dann eine Bibliothek, wenn sie sich verändert. Sobald sie abgeschlossen ist, ist sie ein Museum.“
Gegründet wurde die Diözesanbibliothek 1943 durch Bischof Matthias Ehrenfried. Untergebracht war sie in ihrer Anfangszeit im ehemaligen Marstall des Marmelsteiner Hofs, dem heutigen Domschatz-Museum. Nach einem Umzug ins Würzburger Priesterseminar befindet sie sich seit 2003/2004 im Neubau in der Domerschulstraße, wo sie räumlich und organisatorisch mit dem Diözesanarchiv vereinigt wurde. Mit der Eröffnung am 13. November wird sie erstmals für Besucher öffentlich zugänglich. Zuvor waren Ausleihen und Bucheinsichten nur über das Diözesanarchiv möglich.
Die Diözesanbibliothek hat ab Donnerstag, 13. November, wie folgt geöffnet: Montags und dienstags von 9 bis 16 Uhr, mittwochs und donnerstags von 9 bis 19 Uhr. Der Bibliotheksbestand kann im Internet unter www.dbw-katalog.bistum-wuerzburg.de abgefragt werden.
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