Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Eine Frage nach der Liebe und nach Gott“

Brief von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann an die Priester im Bistum Würzburg

Liebe Mitbrüder im Priesteramt,

schon seit einiger Zeit möchte ich Ihnen einen persönlichen Brief schreiben. Seit fünf Jahren darf ich als Ihr Bischof den Weg des Glaubens mit Ihnen gehen. Bei Begegnungen hier in Würzburg oder bei meinen Besuchen in den Gemeinden, während der Visitation oder bei der Firmung habe ich fast alle von Ihnen kennen lernen dürfen. Ich danke Ihnen von Herzen für Ihr Zeugnis als Priester in unserem Bistum.

Mein erstes Ziel als Bischof von Würzburg ist es, den Glauben zu stärken. In der gegenwärtigen Stunde der Kirche von Würzburg drängt es mich, an Sie, liebe Mitbrüder, ein Wort des Dankes, des Trostes und der Ermutigung zu richten. In den vergangenen Wochen und Monaten ist vieles an Verunsicherung spürbar geworden. Drei junge Priester haben den priesterlichen Dienst aufgegeben um zu heiraten. Dadurch ist verstärkt die Frage nach der Ehelosigkeit der Priester aufgeworfen worden. Die Infragestellung der zölibatären Lebensform geht den Priester ganz existentiell an: Muss er sich bedauern lassen? Ist seine Lebensentscheidung unglaubwürdig? Geht sein Zeugnis ins Leere? - Es ist mir wichtig, Ihnen in dieser Situation zu schreiben:

Die Frage nach dem Zölibat ist eine Frage nach der Liebe und eine Frage nach Gott. Sie ist eine Frage nach der Liebe: Wenn die römisch-katholische Kirche nach wie vor an der Angemessenheit der zölibatären Lebensform für die Priester festhält, wie das II. Vatikanische Konzil ausdrücklich betont, dann darf das nicht gegen die eheliche Liebe ausgespielt werden. Die eheliche Liebe ist Zeichen der Liebe Christi zu seiner Kirche, letztlich der Liebe Gottes zum Menschen und verwirklicht sich in der Liebe zu einem konkreten „Du“. Die Fruchtbarkeit dieser Liebe ist hineingestellt in die Schöpferliebe Gottes. So wird die Ehe zum Abbild der persönlichen Bejahung des Einzelnen durch Gott und der bleibenden Gegenwart Gottes in seiner Schöpfung durch die fruchtbare Liebe der Eheleute.

Die christlich motivierte und gelebte Ehelosigkeit will die Liebe Jesu für alle Menschen ungeteilt bezeugen. Dieses Zölibatsversprechen schließt eine umfassende Hingabe an Gott ein. Das Fehlen des menschlichen Du in der Ehe soll durch die ganzheitlich gelebte Gottesbeziehung aufgefangen werden. Gerade durch ein überzeugendes eheloses Priesterleben wird den Mitmenschen die reale Nähe Gottes deutlich. Sie erfahren im Priester, dass er nicht nur von und über Gott spricht, sondern in dessen realer Gegenwart wurzelt und aus ihr lebt. Der Priester lebt diese Lebensform nicht nur für sich, sondern für das Volk Gottes. Die Verfügbarkeit für Gott ist Grundlage für eine große Einsatzfreiheit in der Gemeinde. Das II. Vatikanische Konzil hat das Tun des Priesters grundlegend als „Dienst an der Einheit“ (vgl. PO 6) bezeichnet. Seine Lebensform gibt Zeugnis für diese Offenheit Gottes für die vielen, letztlich für alle: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45).

Die Frage nach dem Zölibat ist eine Frage nach Gott: In der momentanen Diskussion ist häufig zu hören, die Alternative zur christlich gelebten Ehelosigkeit sei das freie Ausleben der eigenen Sexualität. Christsein aber verwirklicht sich in der Lebensentscheidung für Ehe und Familie oder für die Ehelosigkeit „um des Himmelreiches willen“ (Mt 19,12). Letztlich geht es hier um die Frage nach Gott und die Frage nach dem, wozu Gott mich in meinem Leben beruft. Dabei messen sich beide Lebensformen an einer Hingabe, die um die Bereitschaft zu Verzicht und Opfer weiß. Beide Lebensformen erschließen sich in ihrer Konsequenz letztlich allein vom Kreuz her. Gerade in einer Welt, die diese christlichen Maßstäbe nicht mehr anerkennt oder überhaupt nicht kennt, ist es umso schwerer, die mit Christus gegebene Wirklichkeit einer hingebenden Liebe zu leben. So schlägt uns bisweilen blankes Unverständnis entgegen. Aber das Kreuz lässt hoffen: Ave Crux, spes unica! Von dorther kommt Licht in die Nächte unseres Lebens. In diese Spannung ist der Priester in besonderer Weise hineingestellt. Er kann sie nicht auflösen. Er kann sie nur leben im Blick auf Jesu Hingabe am Kreuz und die Zusage des Heiligen Paulus, dass allein die Liebe alles erträgt und allem standhält (vgl. 1 Kor 13,7). Im Blick auf die Liebe Jesu am Kreuz können wir den Trost finden, der uns zu unserem Dienst befähigt.1

Diese Liebe und diesen Trost erbitte ich Ihnen in meinem Gebet und ersuche auch Sie um Ihr Gebet für mich und füreinander. Im Priesterjahr, das unser Heiliger Vater Papst Benedikt XVI. uns schenkt, ist es eine besondere Herausforderung für uns, uns unserer geistlichen Wurzeln und Quellen neu bewusst zu werden.

Ich ermutige Sie, sich in Ihren Weihekursen, Ihren Dekanaten, Pfarreiengemeinschaften und Spiritualitätsgruppen zusammen zu finden, um gemeinsam über ihren priesterlichen Dienst an der Einheit zu reflektieren.

Ich bestärke Sie, sich gerade im Angesicht zunehmender Arbeitsbelastung Auszeiten für das Gebet, für die jährlichen Exerzitien und Fortbildungen zu nehmen. Schauen Sie auf Persönlichkeiten wie den heiligen Pfarrer von Ars oder den gerade erst heilig gesprochenen Pater Damian de Veuster oder den bald selig zu sprechenden Pfarrer Georg Häfner, die auf ihre je unnachahmliche Weise diese Ganzhingabe an Gott und die Menschen vollzogen haben.

Ich lade Sie erneut ein, im Juni 2010 mit mir zusammen nach Rom zu pilgern, um an den Gräbern der Apostel unser Weiheversprechen zu erneuern und uns unseres Glaubens zu erfreuen. Ich bitte Sie, mir auf diesen Brief zu antworten, was Sie in Ihrem Priesterleben bewegt.

Mit einem Wort des Apostels Paulus möchte ich schließen:

Als Mitarbeiter Gottes ermahnen wir euch, dass ihr seine Gnade nicht vergebens empfangt. Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag der Rettung. Niemand geben wir auch nur den geringsten Anstoß, damit unser Dienst nicht getadelt werden kann. In allem erweisen wir uns als Gottes Diener: durch große Standhaftigkeit, in Bedrängnis, in Not, in Angst, in durchwachten Nächten, durch Fasten, durch lautere Gesinnung. Wir werden verkannt und doch anerkannt, uns wird Leid zugefügt, und doch sind wir jederzeit fröhlich, wir sind arm und machen doch viele reich. Wir haben nichts und haben doch alles (vgl. 1 Kor 6,1-10).

Zu dieser Nachfolge Jesu Christi mit ungeteiltem Herzen segne Sie der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

Ihr

Friedhelm, Bischof von Würzburg

 

 

__________________________

1 Dies hat Generalvikar Dr. Hillenbrand in seinem kleinen Band „Geistliche Menschen – menschliche Geistliche. Priester sein in veränderter Zeit“ dargestellt. Und auch ich habe in mehr als 30 Predigten während der letzten fünf Jahre diese Thematik entfaltet.