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„Eine Hoffnung, der wir trauen dürfen“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Vesper zur Kiliani-Jugendwallfahrt am Samstag, 3. Juli 2010, im Kiliansdom in Würzburg

Liebe Freunde,

nur wer zurückschaut, findet den Weg nach vorne. Ohne Vergangenheit gibt es keine Gegenwart und Zukunft. Jedes Jahr erinnern wir uns zu Beginn dieses Monats Juli in einer ganzen Festwoche an unsere ‚Frankenapostel’ Kilian, Kolonat und Totnan, die vor mehr als 1300 Jahren von Irland aufgebrochen sind, um uns den Glauben an Gott zu verkünden: Ein Glaube, der Gottes Beständigkeit gegenüber unserer Flüchtigkeit betont: Christus gestern, Christus heute, Christus in Ewigkeit. Ein Glaube, der Gottes Liebe zu uns nicht nur betont, sondern in der Feier der Eucharistie geradezu leibhaft vergegenwärtigt. Ein Glaube, der Zukunft hat, weil dieser Gott verheißen hat, dass er die Welt mit all ihren Mängeln und Macken auseinandernehmen und neu schaffen wird. Deshalb rufen wir mit einem Zitat aus einem der letzten Sätze der Bibel: „Komm, Herr Jesus – Maranatha!“

Wir alle erleben unsere Zeit, unsere Gesellschaft, ja, auch unsere Kirche und uns selbst als gebrochen. So mancher möchte gar im Blick auf die vielen ungelösten Probleme resignieren, die Hände in den Schoß legen oder das bisschen Leben bis zum Es-geht-nicht-mehr auskosten. Ich denke, so jung auch noch einzelne sein mögen, sie wissen sehr gut, dass nichts in dieser Welt Bestand hat – außer Gott.

Zu Beginn dieser Vesper haben Jugendliche im Psalmgebet die Sehnsucht der Menschen nach Gott vor tausenden von Jahren wieder aufgerufen: Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser – so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. (Ps 42) In den Worten dieser frühen Beter können wir auch unsere eigene Situation wiederfinden: Meine Seele, warum bist du so betrübt und bist so unruhig in mir? Wir dürfen aber auch bei negativen Erfahrungen uns ihre Worte zu Eigen machen: Bei Tag schenke der Herr seine Huld; ich singe ihm nachts und flehe zum Gott meines Lebens.

Und so mancher von uns macht auch die Erfahrung, dass andere, Gleichaltrige oder Kollegen, einen auslachen, wenn man an Gott glaubt. So ging es auch dem eben schon zitierten Beter vor tausenden von Jahren, wenn er herausschrie: „ Wie ein Stechen in meinen Gliedern ist für mich der Hohn der Bedränger; denn sie rufen mir ständig zu: ‚Wo ist nun dein Gott?’“

Wieso können wir Gott trauen? Woher nahmen die Psalmenbeter, unsere Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan, unser zeitgenössischer Märtyrer Pfarrer Georg Häfner die Gewissheit, dass Gott sie nicht im Stich lässt, sondern beschützt, obwohl es ihnen äußerst dreckig gehen konnte und sie oft sogar ihr Leben lassen mussten?

In der eben vorgetragenen Lesung aus der Johannes-Offenbarung, dem letzten und einzigen prophetischen Buch des Neuen Testaments, hörten wir Worte Jesu, die er dem alten Johannes auf der Insel Patmos am Ende des ersten Jahrhunderts zurief: „Sieh, ich komme bald, und mit mir bringe ich den Lohn, und ich werde jedem geben, was seinem Werk entspricht.“ Ist hier nur eine Lohnerwartung auf den Himmel verschoben – also eine trügerische Hoffnung?

Worauf gründet diese Zusage? Auf die Äußerung Jesu, dass er das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende ist.

Nur wenn dies stimmt, ist auch die Hoffnung, dass er uns verzeihen wird, dass er belohnt und bestraft, dass er kommen und eine neue Welt schaffen wird, berechtigt.

Mir kommt es so vor, als ob Jesus in der eben angesprochenen Vision auch unsere Fragen und Zweifel mit sieht. Denn er beruft sich auf Zeugen, Engel, sprich: den Geist Gottes, der durch die Jahrtausende die suchenden Menschen begleitet. Er weist uns gleichsam darauf hin, nicht kurzfristig sondern im großen langen Bogen die Geschichte als Heilsgeschichte zu lesen, um erkennen zu können, wie er durch alle Katastrophen hindurch mit seiner Liebe uns nahe kommt. Wie oft erweist sich aus einer späteren Sicht, das Verworrene der Gegenwart als Fügung.

Schauen wir deshalb auf die Zeuginnen und Zeugen, die uns von ihrer Gotteserfahrung berichten. Für jeden von uns mag die Gottesnähe anders aussehen. Wir machen unterschiedliche Erfahrungen. Aber wir sollten sie nicht nur auf unseren kleinen Erfahrungsraum einengen, sondern das glaubwürdige Zeugnis anderer mit einbeziehen.

Schauen wir auch auf die imponierende Einladung Jesu: „Wer durstig ist, der komme. Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens.“ Nur wer sich darauf einlässt kann auch persönlich die Erfahrung machen, das hier nicht Stroh gedroschen wird, sondern eine beglückende Hoffnung ausgesprochen wird, der wir trauen dürfen.

Hier in unserem Dom ist der wiederkommende Herr im Apsisscheitel des Chores vor einer goldenen Scheibe dargestellt. Die Menschen, die dies angeregt haben, hatten zum größten Teil noch die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges erlebt, der auch dieser historische Dom zum Opfer gefallen war. Darunter sind unsere Frankenapostel dargestellt, und an den Seiten finden wir Personen aufgerufen, die aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten kommen und bis in unsere Zeit reichen. Sie alle hatten es nicht leicht. Nehmen wir sie in den Blick.

Haben wir den Mut – wie sie –, der Einladung Jesu zu folgen und aufrichtigen Herzens zu beten: „Komm, Herr Jesus – Maranatha!“ Amen.