Würzburg (POW) Fit für den Zweiten Ökumenischen Kirchentag 2010 in München hat sich der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Würzburg bei seiner Herbstvollversammlung am 23. und 24. Oktober gemacht. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann nannte das ökumenische Großereignis vom 12. bis 16. Mai ein Hoffnungszeichen und eine Chance zugleich, um junge Menschen anzusprechen und zu ermutigen. Der evangelische Kirchenrat Winfried Schlüter und Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand zeigten in einem Podiumsgespräch, wie wichtig gute menschliche Beziehungen für die Ökumene sind. Sehr positiv aufgenommen wurde die neue diözesane „Handreichung für die Ökumene in den Gemeinden“, die vorgestellt wurde. Darüber hinaus beschloss der Diözesanrat, sich für die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze für Kinder einzusetzen und eine konsequente und langfristige Verankerung des Umwelt- und Klimaschutzes in der Diözese Würzburg zu fordern.
Die ersten Reaktionen auf die neue ökumenische Handreichung mit dem Titel „Ihr alle seid einer in Christus Jesus“ rief nicht nur bei Bischof und Delegierten ein äußerst positives Echo hervor. Der evangelische Kirchenrat Schlüter bezeichnete sie in der Gesprächsrunde als „einen Volltreffer. Sie ist vom feinsten.“ Bischof Hofmann wertete die Hilfe für die Gemeinden als wichtiges ökumenisches Signal. Der diözesane Ökumenereferent Dr. Petro Müller nannte als Ziel der Handreichung den ökumenischen Gleichklang in den Gemeinden des Bistums. Gerade die Pfarreiengemeinschaften und ihre Seelsorger brauchten einen inhaltlichen Rückhalt für die ökumenische Zusammenarbeit. Aufgezeigt würden Grundlagen, Dimensionen und Grundhaltungen der Ökumene. Brennpunkte der praktischen Ökumene wie das Patenamt bei Taufe und Firmung, die Ökumene in Ehe und Familie und die Frage der ökumenischen Gottesdienste würden aufgegriffen. Gezeigt werde auch, was in der Ökumene möglich sei und welches Ziel die Ökumene vor Augen habe. Müller würdigte die Handreichung als eine kompakte, praxisorientierte Hilfe für die Ökumene vor Ort.
Ökumene im Gespräch
Der Studienteil der Vollversammlung war ganz von der „Ökumene im Gespräch“ bestimmt, bei der Kirchenrat Schlüter und Generalvikar Hillenbrand kurzweilig ihre ökumenischen Einschätzungen und Standpunkte vertraten. Schlüter berichtete von seiner ökumenischen Leidenschaft und unterstrich, dass ökumenisches Handeln vom Evangelium her geboten sei. Für Hillenbrand ist die Ökumene kein Hobby, sondern sie gehört zur Grundsubstanz christlichen Lebens. Dass die derzeit gefühlte Ökumene als kühl und manchmal frustrierend erscheine, die wirkliche, erfahrbare Ökumene dagegen ganz anders sei, belegte Schlüter. Er sprach von der Bayerischen Landeskirche als vertrauenswürdigsten ökumenischen Partner, den sich die Katholiken vorstellen könnten, und würdigte die vielen guten persönlichen Beziehungen zwischen evangelischen und katholischen Christen. „Die Ökumene ist in Bayern vorzüglich.“
Nach den Worten Hillenbrands sei die aktuelle Ökumene eher in einer Phase der kleinen Schritte. Sorge bereite ihm eine zunehmende Differenz in ethischen Fragen, beispielsweise in der Stammzellforschung, und die ungeklärte Grundfrage, was die Christen unter Ökumene verstünden. An der evangelischen Kirche schätze er unter anderen den eindeutigen Stellenwert der Heiligen Schrift und auch die Kirchenmusik, die zutiefst Glaubenszeugnis sei. Für Schlüter ist es gut, dass es die römisch-katholische Kirche gibt und sie seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil dialogfähig ist. Sie sei ein Partner, der herausfordere, aber auch befruchte und helfe. Die neue Treue zur Bibel schätze er ebenso an der katholischen Kirche wie deren weltkirchliche Dimension. Beide Gesprächspartner zeigten schließlich viele positive Beispiele gelungener und gelingender Ökumene vor Ort auf: die Nacht der offenen Kirchen, die Citypastoral, die Christophorus-Gesellschaft und vieles mehr. Künftige Herausforderungen sind für Schlüter die Frage des Amtes und der Stellung des Bischofs von Rom, für Hillenbrand die gemeinsame Positionierung im Umgang mit den Weltreligionen oder mit dem neuen Atheismus. Für eine stabile Weiterentwicklung der christlichen Ökumene sei wichtig, gemeinsam neu die Wurzeln im Judentum zu entdecken. Schlüters Vision ist eine sichtbare Einheit der Kirchen „mit, aber nicht unter dem Papst“.
Eingestimmt auf das Schwerpunktthema Ökumene hatte sich der Diözesanrat mit einem Vortrag des Augsburger Ökumene-Experten Domkapitular Prälat Dr. Bertram Meier. „Ökumene gehört zum Grundprogramm unseres pastoralen Wirkens“, betonte Meier. Die katholische Kirche sehe den ökumenischen Weg als Rückkehr aller Konfessionen zum Auftrag Jesu, die unumkehrbar sei. Gemeinsames Fundament sei die Heilige Schrift. „Über die Bibel haben wir uns getrennt, über die Bibel sollten wir uns wieder kennenlernen.“ Weiter sprach sich Meier für eine „Osterweiterung“ in der Ökumene aus, die den Dialog mit den Ostkirchen fördere. Eine gemeinsame Feier des Abendmahls steht nach den Worten Meiers am Ziel des ökumenischen Weges und dürfe nicht vorschnell zum Werkzeug der Einheitsbemühungen gemacht werden. Die Ökumene des gemeinsamen Zeugnisses sei in Zukunft noch wichtiger. Gemeinsam müssten die Christen „Salz der Erde und Licht der Welt“ sein.
Umwelt- und Klimaschutz, Einsatz gegen Kinderarmut
Im Konferenzteil beschloss der Diözesanrat, eine konsequente und langfristige Verankerung des Umwelt- und Klimaschutzes in den Strukturen des kirchlichen Handelns in der Diözese Würzburg zu fordern. Nötig seien Maßnahmen wie die konsequente Nutzung von energiesparender Technik und der Einsatz von erneuerbarer Energie sowie die Einrichtung eines Energie- und Umweltmanagements in allen diözesanen Einrichtungen. Dienstfahrzeuge sollten auf klimafreundliche Antriebsstoffe umgerüstet und öffentlichen Verkehrsmittel bei Dienstfahrten vorrangig genutzt werden. Die Aus- und Weiterbildung für kirchliche Mitarbeiter im Bereich Umwelt- und Klimaschutz solle ausgebaut werden. Außerdem solle ein Projekt zur energetischen Bestandsaufnahme und Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen zur Energieeinsparung in den Pfarreien gestartet und Umweltbildungsmaßnahmen der kirchlichen Jugendverbände, Kindertagesstätten, Bildungshäuser und Orden abgesichert und anerkannt werden. Vergabe- und Einkaufsrichtlinien sollten nach den Kriterien „regional, saisonal und fair“ eingeführt werden.
Weiter beschloss der Diözesanrat, die Anliegen von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen und sich aktiv gegen Kinderarmut einzusetzen. Die Delegierten begrüßten die aktuellen Diskussionen zum Thema Kinderarmut und forderten die bedarfsgerechte Erhöhung der Hartz-IV-Sätze für Kinder. Gleichzeitig rief das Laiengremium alle Katholiken im Bistum Würzburg auf, sich offen dem Thema Kinderarmut zu stellen und sich aktiv gegen Kinderarmut in ihrem Lebensumfeld und in ihren Pfarreien zu engagieren. In der Arbeitshilfe „Aktiv gegen Kinderarmut – Wir machen mit“ würden dafür viele Unterstützungsmöglichkeiten für Pfarreien und Verbände vor Ort aufgezeigt.
Zu Beginn der Vollversammlung bezogen Bischof Hofmann und Diözesanratsvorsitzender Karl-Peter Büttner ausführlich zur aktuellen Debatte um die Entpflichtung des Hammelburger Pfarrers Michael Sell und zum Zölibat Stellung (siehe eigener Bericht). Bischof Hofmann sagte außerdem mit Blick auf die Pfarrgemeinderatswahlen am 7. März 2010, die neuen Pfarrgemeinderäte würden gewissermaßen ein Stückweit Pionierarbeit leisten dürfen und müssen, wie die Arbeit dieses Gremiums in der veränderten pastoralen Struktur aussehen könne. „Ich hoffe, dass sich viele bewährte Mitglieder wieder zur Wahl stellen und auch neue geeignete Kandidaten gewonnen werden können.“ Büttner ging in seinem Wort zur Lage ausführlich auf die neue Sozialenzyklika des Papstes ein. Die Politik müsse geprägt sein vom Streben nach sozialer Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Im Mittelpunkt aller Bemühungen müsse die Sorge um den Menschen stehen. Zu den Pfarrgemeinderatswahlen sagte Büttner, in den größeren pastoralen Einheiten der Pfarreiengemeinschaften seien kompetente, motivierte Pfarrgemeinderäte nötiger denn je.
Weitere Informationen zur Ökumene im Internet unter www.oekumene.bistum-wuerzburg.de, die Ansprache des Vorsitzenden Büttner und das Wort von Bischof Hofmann ist dokumentiert unter www.bistum-wuerzburg.de.
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