Würzburg (POW) Bei einem gemeinsamen Abendgebet in der Franziskanerkirche in Würzburg verabschiedet Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Sonntag, 31. Januar, um 16 Uhr den bisherigen Ordensreferenten der Diözese Würzburg, Prälat Kurt Witzel (71), und führt den neuen Ordensreferenten Domkapitular Dietrich Seidel (56) in diese Aufgabe ein. In folgendem Interview spricht Domkapitular Seidel, der zum 1. März 2010 auch das Personalreferat der Diözese übernimmt, über seine Aufgaben als Ordensreferent, über die Bedeutung der Ordensleute und über Herausforderungen der kommenden Jahre. Derzeit wirken im Bistum Würzburg knapp 1300 Frauen und Männer in 16 Männer- und 19 Frauenorden sowie in drei Säkularinstituten (siehe Aktuelles Lexikon).
POW: Welche Aufgaben hat der Ordensreferent der Diözese?
Domkapitular Dietrich Seidel: Eine der wichtigen Aufgaben des Ordensreferenten ist es, den Kontakt zwischen der Diözese und den Ordensgemeinschaften im Bistum zu gestalten. Schon in der bisherigen Aufgabe als Verantwortlicher für die Caritas hatte ich einen guten Kontakt zu den meisten Frauenorden in unserer Diözese, weil Ordensschwestern oft in sozialen Bereichen eingesetzt sind. In meiner neuen Aufgabe wird es darum gehen, diesen Kontakt zu intensivieren und auch die übrigen Frauen- und Männergemeinschaften kennen zu lernen. So werde ich mir zunächst einen Überblick über die Ordenslandschaft in unserem Bistum verschaffen. Ab dem 1. März 2010 wird auch Schwester Isabel Westphalen von den Dillinger Franziskanerinnen im Ordensreferat mitarbeiten. Gemeinsam werden wir künftig diese Aufgabe wahrnehmen. Bereits seit vielen Jahren gestaltet die Arbeitsgemeinschaft Frauenorden (AGFO) ein umfangreiches Jahresprogramm für die Ordensgemeinschaften im Bistum Würzburg. Diese Arbeit werden wir vom Ordensreferat aus unterstützen und bei den Veranstaltungen die Gelegenheit nutzen, die persönlichen Kontakte zu pflegen und zu verstärken. Die Ordensgemeinschaften sollen in mir einen verlässlichen und solidarischen Gesprächspartner und einen fairen Vermittler zwischen ihnen und der Diözese haben. Auch wird es Aufgabe des Ordensreferates sein, den Gemeinschaften Hilfen und Beratung zur Verfügung zu stellen, insbesondere dann, wenn sich ein Mitglied von der Gemeinschaft trennen will oder wenn es um die Neugründung oder Auflösung von Klöstern und Konventen geht.
POW: Welche Bedeutung haben die Ordensgemeinschaften für die Diözese Würzburg?
Seidel: Ordensleben ist engagiertes Christsein in Gemeinschaft, ist konsequente „Nachfolge Christi“. Das Ordensleben hat seinen Ursprung in der Art, wie Jesus Christus sein Leben und seine Sendung gestaltet hat. Diese Tatsache ermutigt Ordensleute immer wieder, sich unbürokratischer für Menschen am Rand der Gesellschaft einzusetzen: für Familien in Not, für benachteiligte Frauen, für junge Menschen oder für Kranke und Sterbende. Dieser Einsatz ist für unser Bistum unverzichtbar. Die Diözese Würzburg ist zum Glück gesegnet mit vielen unterschiedlichen Ordensgemeinschaften, die oft auch noch in den Pfarreien der Diözese tätig sind. Selbst wenn viele Konvente überaltert sind, so werden sie doch häufig als spirituelle Oasen wahrgenommen. Für die Pfarrgemeinden vor Ort ist es wichtig zu wissen, dass es eine betende Gemeinschaft gibt. Diese Aufgabe erscheint mir auf Zukunft hin eine bedeutungsvolle zu sein und ist außerdem altersunabhängig. Die Ordensgemeinschaften übernehmen in der Diözese Würzburg auch eine wichtige Position für diejenigen Gläubigen ein, die in ihren Gemeinden leider keinen Platz und keine Beheimatung finden. Solche Menschen treffen wir immer wieder in den Klöstern an. Manche haben dort einen spirituellen Ort gefunden.
POW: Welche Schwerpunkte wollen Sie als Ordensreferent setzen?
Seidel: Es ist für mich zum jetzigen Zeitpunkt schwer, diese Frage zu beantworten. Ich möchte zunächst die Gespräche mit den Verantwortlichen in den Gemeinschaften abwarten, um dann entsprechende Schwerpunkte zu setzten.
POW: Vor welchen Herausforderungen stehen die Ordensgemeinschaften in den kommenden Jahren?
Seidel: Es kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass die Frauen- und Männergemeinschaften überaltert sind und sowohl personell als auch finanziell an ihre Grenzen kommen. Trotzdem möchte ich sie ermutigen, offen zu bleiben für die Überraschungen Gottes, die alle Zukunftspläne auf den Kopf stellen und Dinge verlangen können, die wir uns nie vorgestellt hätten. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Ordensgemeinschaften meist als Vorreiter für die Entwicklung in der Kirche gegolten haben, und so können wir darauf vertrauen, dass sie auch in heutiger Zeit vorleben, wie mit Unsicherheiten vertrauensvoll umgegangen werden kann.
POW: Warum kann es Ihrer Meinung nach auch im Jahr 2010 für junge Menschen sinnvoll sein, einer Ordensgemeinschaft beizutreten?
Seidel: Jeder Mensch hat von Gott eine einzigartige Berufung und diese Berufung ist heute so aktuell wie früher. Das Lebensziel des Menschen besteht darin, seine Berufung zu erkennen und ihr zu folgen. Unsere Ordenschristen leben auf ihre je ureigene Weise diese Beziehung zu Gott und den Menschen und versuchen so zum Segen für die Welt zu werden. Dabei ist gerade die gelebte Gemeinschaft Stütze auf dem Weg. Das Mitleben in einer Klostergemeinschaft kann gerade auch jungen Menschen helfen, die persönliche Berufung zu finden und zu leben. Die Begründungen einiger Ordensfrauen und -männern, weshalb sie in ein Kloster eingetreten sind, haben mich aufhorchen lassen. Es kamen Antworten wie: „Ich hatte Sehnsucht nach Liebe und Lebendigkeit“ – „Hier kann ich mich entfalten und meine Fähigkeiten einsetzen“ – „Ich kann praktisches und geistliches Leben miteinander verbinden“ – „Ich kann meinen christlichen Glauben vertiefen“! Vielleicht können ja diese Antworten auch eine Motivation sein für junge Menschen, sich auf einen solchen Weg einzulassen.
Interview: bs (POW)
(0410/0109; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet