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Erste Hilfe für die Seele

190 ehrenamtliche Notfallseelsorger im Bistum Würzburg leisten Verunglückten und deren Angehörigen geistlichen Beistand – Diakon Ulrich Wagenhäuser berichtet von seinen Erfahrungen als Notfallseelsorger

Würzburg (POW) Die Autobahn ist gesperrt. Demolierte Fahrzeuge, Reifenfetzen und Glasscherben auf der Fahrbahn, Tote und Verletzte werden auf Tragen vom Unfallort weggebracht: Wenn irgendwo ein Unfall passiert, dann werden Rettungsdienst, Polizei sowie Feuerwehr gerufen – und auch der Notfallseelsorger. Diakon Ulrich Wagenhäuser ist einer von 190 ehrenamtlichen Notfallseelsorgern der beiden großen Konfessionen in Unterfranken. Wie seine Kollegen betreut er Unfallopfer vor Ort, ist Gesprächspartner für Angehörige bei oder nach einem Unfall, spendet Trost nach dem Überbringen einer Todesnachricht, unterstützt die Einsatzkräfte und steht Sterbenden seelsorgerisch bei.

Wagenhäuser, Beauftragter für die Notfallseelsorge im Dekanat Würzburg-Stadt, ist seit 1997 in der Notfallseelsorge tätig. Als er im Jahr 2000 vom damaligen Leiter, dem evangelischen Pfarrer Karl-Heinz Wagner, gefragt wurde, ob er die Leitung der Notfallseelsorge übernehmen wolle, habe er sich sofort bereit erklärt. „Ich habe gleich zugesagt, denn bei dieser Tätigkeit kann ich wirklich Diakon sein und den Menschen dienen. Kirche muss präsent sein, wo die Not am größten ist.“

Zuerst absolvierte Wagenhäuser wie alle Notfallseelsorger einen Grund- und später einen Aufbaukurs. Dort erhielt er sein theologisches, spirituelles und vor allem psychologisches „Handwerkszeug“: „Man lernt mit dem eigenen Stress umzugehen und ‚Psychohygiene’ zu betreiben. Das heißt, eine innere Mauer zu errichten, wenn es nötig ist, und nicht alles an sich heran zu lassen.“

Notfallseelsorger haben es praktisch jeden Tag mit Leiden und Tod zu tun. Dennoch gibt es immer wieder Einsätze, die sich besonders einprägen: „Wenn ich nachts gerufen werde, weil ein Kind aus der Nachbarschaft an Plötzlichem Kindstod gestorben ist, dann kann ich manchmal auch nur noch neben der Mutter stehen und mitweinen.“ Ähnlich ergeht es Wagenhäuser, wenn bei einem Unfall Jugendliche zu Tode gekommen sind: „Das geht mir immer besonders nahe. Schließlich bin ich selbst Ehemann und Vater und habe Kinder im Teenager-Alter. Dann kommt die Einsicht, was wirklich wichtig ist im Leben und dass man nichts als selbstverständlich ansehen darf.“ Erleichtert heimgehen können die Notfallseelsorger aber manchmal auch; zum Beispiel wenn ein Suizid verhindert werden konnte; oder wenn ein alter Mensch friedlich gestorben ist und der Seelsorger den Angehörigen Trost spenden konnte.

Menschen in Notsituationen beizustehen gehört seit jeher zu den Aufgaben der Kirche. In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben die Kirchen in Unterfranken eine gemeinsame Notfallseelsorge auf den Weg gebracht. Bis heute wird dieser Dienst ausgebaut. Etwa 80 Einsätze hat die Würzburger Notfallseelsorge im Jahr. „Wir haben uns über die Jahre hinweg einen Ruf erarbeitet. Aus dem Rettungsdienst sind wir nicht mehr wegzudenken. Von Aschaffenburg bis kurz vor Bamberg sind unsere ehrenamtlichen Notfallseelsorger aktiv“, erklärt Bad Kissingens Dekan Thomas Keßler, Diözesanbeauftragter für die Notfallseelsorge im Bistum Würzburg. „Es sind alle pastoralen Berufsgruppen dabei, von Pfarrern über Diakone bis hin zu Gemeindereferenten.“ Alarmiert werden sie über die Rettungsleitstelle. Zwei Seelsorger sind rund um die Uhr einsatzbereit. „Dennoch leisten wir keine ‚Blaulicht-Seelsorge’. Es ist eher ein stiller Dienst, den wir tun. Wir sind da und stellen uns gemeinsam mit den Betroffenen der schwierigen Situation“, sagt der Dekan.

Die Notfallseelsorge wird von den beiden Kirchen organisiert, richtet sich aber auch an Gläubige anderer Religionsgemeinschaften und an Nichtgläubige. „Christliche Rituale werden keinem Trauernden aufgedrängt“, betont Wagenhäuser. Auch für die Gemeindeseelsorge stelle die Notfallseelsorge keine Konkurrenz dar. Heute wird meistens die Notfallseelsorge bei Unglücksfällen aktiv, da nicht mehr für jede Gemeinde ein Pfarrer zuständig und rund um die Uhr im Pfarrhaus erreichbar ist. „Sie betreut jedoch nur in der konkreten Unglückssituation und übergibt dann an die Ortsseelsorge oder an andere Dienste“, sagt der Diakon.

Wenn ihn ein Einsatz innerlich stark mitgenommen hat, arbeitet Wagenhäuser das auf typisch Würzburger Art auf: „Ich stütze mich auf drei Dinge: auf Gott, meine Familie und meine Kollegen. Und außerdem habe ich da noch ein Ritual: Ich gehe ins Käppele und verweile bei der Muttergottes. Dort halte ich Zwiesprache mit Gott. Ich bitte ihn, den ‚Packen’, alles Schwere, was ich erlebt habe, von mir zu nehmen, damit ich wieder aufrecht gehen kann. Und bisher hat er das immer getan.“

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