Volkersberg/Würzburg (POW) Kaplan Stefan Eisert aus Rauhenebrach im Steigerwald ist ein recht typischer Fall. In der Pfarreiengemeinschaft organisiert er die Jugendarbeit. Doch das macht ihn nicht automatisch zu einem Experten für das Leben der Heranwachsenden. Und wenn die Jugendlichen mal wieder vor dem Computer hocken und Spiele zocken, muss Eisert passen, denn mit den Spielen kennt er sich überhaupt nicht aus. Er hat sich früher höchstens an Tetris oder kleine Kartenspiele herangewagt. Und deswegen war er auch einer von 125 Teilnehmern bei der Jugendseelsorgetagung der Diözese Würzburg am Montag und Dienstag, 19. und 20. November, auf dem Volkersberg. Dort drehte es sich um genau diese Medienwelten der Jugendlichen, mit denen sich die Älteren oft schwer tun. Jugendseelsorger, Lehrer und andere Hauptamtliche aus dem Bistum gingen in Vorträgen und Kleingruppen den Kernfragen nach, welche Bedeutung Medien für Jugendliche haben und wie die Jugendarbeit darauf reagieren sollte.
Die Welt der Medien ist bunter und vielfältiger geworden – aber auch komplizierter. Wer nicht weiß, was im Internet oder mit dem neuesten Handy alles möglich ist und was Jugendliche daran fasziniert, kann die Heranwachsenden nur schwer verstehen. „Medien gehören einfach zum Alltag der jungen Menschen dazu, das dürfen wir nicht ignorieren“, sagte Martina Höß vom Leitungsteam der Katholischen Jugendarbeit (kja) im Bistum Würzburg. Im Vergleich zu älteren Menschen würden sie die Medien ganz anders nutzen: „Sie managen inzwischen ihr ganzes Privatleben damit.“ Viele der Medien seien ein wichtiger Bestandteil von Jugendarbeit, deshalb habe sich das Leitungsteam der kja für dieses Tagungsthema entschieden.
Während zwei Hauptvorträge viele theoretische Ansätze lieferten, konnten die Teilnehmer in Workshops gezielt über spezielle Themen diskutieren wie zum Beispiel Handynutzung, Rechtsprobleme, Internet-Seelsorge oder über das Reizthema „Killerspiele“. An diesem Workshop nahm auch Kaplan Eisert teil. Er wollte sich endlich schlau machen und einen Blick wagen in die geheimnisvolle Welt der Computerspiele. Michael Lattus, Computermedienpädagoge im Würzburger Café Domain, leitete den Workshop. Für ihn beginnt das Problem bereits bei der Bezeichnung. „Es gibt gar keine Killerspiele“, betonte er. Der Name erwecke den Eindruck, als ob Jugendliche durch Computerspiele zu Killern ausgebildet würden. Doch das Töten würde keiner in solchen Spielen lernen. Auch den Hass nicht. „Höchstens vielleicht taktische Dinge“, räumte er ein. Das Problem sei, dass die Öffentlichkeit einen Schuldigen brauche, zum Beispiel für die Amokläufe von jungen Schülern, die plötzlich zu Mördern werden.
Mit dem von Politikern und Journalisten geprägten Begriff „Killerspiele“ werden die sogenannten 3D-Ego-Shooter bezeichnet, bei denen der Spieler in die Rolle einer Figur schlüpft, aus der Ich-Perspektive heraus sich mit verschiedenen Pistolen oder Granaten bewaffnet in einer realistisch gestalteten Landschaft bewegt und verschiedene Gegner oder Teams ausschalten muss. Warum diese Spiele bei Jugendlichen so beliebt sind, kann sich Lattus einfach erklären: „Jeder sucht doch irgendwie nach dem Sinn des eigenen Lebens. Und in den Spielen geht es darum, sich auszuprobieren, mal in eine andere Rolle zu schlüpfen, in der man mehr Macht hat.“ Dieses Bedürfnis zeige sich auch beim Spielen in der Puppenecke, beim Computerspiel bekomme es dann sehr realistische Züge. Doch trotz sehr echt aussehender dreidimensionaler Figuren und Landschaften, spritzenden Bluts und Rauchgranaten ginge es in den Spielen nicht um das Töten, sondern um einen spielerischen Wettkampf. „Ich möchte auf keinen Fall gewaltverherrlichende Spiele befürworten oder verharmlosen. Aber das mit dem Wettkampf steckt einfach in uns drin, wir wollen uns immer wieder messen.“ Wettkämpfe gebe es überall – besonders im Sport.
„Für mich bleibt aber die Frage ungeklärt, was während des Spielens im Unterbewusstsein abläuft“, sagte Eisert. Er hat einiges über die Faszination der Computerspiele gelernt, bleibt aber kritisch: Ego-Shooter dürfen bei ihm in der Jugendarbeit nicht gespielt werden, das steht für ihn fest. Im Workshop hatte Lattus viele alternative Spiele vorgestellt, die den Kaplan sehr beeindruckten. „Ich würde vor allem mit den Kindern Spiele bevorzugen, die auch für den Zuschauer noch schön anzusehen sind.“ Auch wenn es nur einige Eindrücke waren: die Tagung insgesamt habe ihm sehr weitergeholfen. „Mir ist vor allem noch einmal deutlich geworden, wie wichtig es ist, als Kind Geborgenheit zu erfahren. Wer nie erfahren hat, wie es ist, geliebt zu werden, dem fehlt dann das Gefühl für immer.“
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