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Freude ist Triebfeder des Handelns

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer beim Pontifikalgottesdienst für die Dekanate der Region Schweinfurt und Haßberge am 12. Juli 2007 im Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder in Herrn!

In einer schweren Stunde des Gottesvolkes im Alten Bund mussten der Statthalter von Jerusalem – mit Namen Nehemia – und der geistliche Ratgeber und Priester Esra das Volk zum Wiederaufbau aufmuntern. Jerusalem lag in Trümmern und der geistliche Zustand der Menschen war geprägt von Trauer, Mutlosigkeit und Niedergeschlagenheit. Der äußere und innere Wiederaufbau schien schier unmöglich. Die Leute sagten zu ihren führenden Männern: „Das schaffen wir doch nie!“ Wir haben eben in der Lesung gehört, was die Antwort von Nehemia und Esra war: Ein eindringlicher Aufruf: „Habt keine Angst. Macht euch keine Sorgen. Im Gegenteil: Feiert! Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“

Auch wir sind – so scheint es – an einem Punkt angekommen, da viele besorgte Menschen sich fragen: „Wie soll das in der Kirche und in unserer Gesellschaft weitergehen?“ Man spürt, dass sich – noch nicht äußerlich – aber ein innerer Zerfall unseres Gemeinwesens anzeigt: Es werden weniger Kinder geboren. Die jungen Leute trauen sich nicht, sich trauen zu lassen mit Bindung bis zum Tod. 150.000 Kinder werden in einem der reichsten Länder abgetrieben. Alte Leute werden zunehmend eine finanzielle und pflegerische Belastung. Man traut nicht so recht dem wirtschaftlichen Aufschwung – und: Der Glaube an Gott zeigt keine Kraft mehr. Die Bindungen an die Kirche, an die Pfarrgemeinde, werden immer lockerer. Immer noch tritt jedes Jahr fast eine Großstadt aus der Kirche aus. Man ist skeptisch, ob das Neu-Erwachen der Religion, das nach festlichen Vorgängen in der Kirche – Jugendtag, Papstwahl usw. – festzustellen ist, eine andauernde Realität sein wird. Werden Glaube, Kirche, Christusbezogenheit nochmals solch eine Schubkraft für unsere Zeit haben wie sie es waren nach dem totalen Zusammenbruch der Nazizeit und dem Neubeginn des äußeren und inneren Wiederaufbaus? Gegen allzu skeptische und von Resignation geprägte Einstellung, selbst in unseren Pfarrgemeinden, feiern wir die Kiliani-Woche, stellt unser Bischof das Nehemia- und Esra-Wort heraus: „Die Freude an Gott ist unsere Kraft.“ Ich meine: Dies ist die not-wendende Losung, gerade für unsere Zeit.

Liebe Schwestern und Brüder!Wer etwas nicht mit Freude tut, wird auf die Dauer nicht bei einer Sache bleiben. Die Freude ist gleichsam die Triebfeder unseres Handelns, ja des ganzen Lebens, der Schöpfung. Besonders im geistlichen Leben, in religiösen Vollzügen, muss letztlich Freude dabei sein, wenn Glaube tragfähig bleiben soll. Man kann auf die Dauer kein Christ sein, weil man halt in einer katholischen Tradition aufgewachsen ist. Bald wirft man dann auch noch die letzte Beziehung zur Glaubensgemeinschaft weg. Aber, wie kommt man zur Freude im Glauben, zur Freude, in und mit der Kirche zu leben, Freude an Gott zu haben? Natürlich ist, Freude am Glauben zu haben, ein vorausgehendes Geschenk des Heiligen Geistes an uns. „Freude an Gott“ kann man sich nicht erkaufen. Auch die Freude am Glauben kann uns genauso zuwachsen und vermittelt werden wie die Freude am Leben, an einer Sache: Freude an Gott, am Glauben, entzündet sich, erwächst durch Glaube von frohen Menschen, Eltern, Erziehern, Priestern, Freunden. Wer nie als Kind die frohe Atmosphäre im Gottesdienst, das beruhigende Gebet der Mutter oder des Vaters beim abendlichen Zubettgehen erlebt hat, hat es schwer, im Glauben Freude zu empfinden. Vor einigen Jahren war unter den erwachsenen Taufbewerbern ein Mann, der in der einstigen DDR wirklich gottlos und glaubensfern aufgewachsen war. Er kannte nur die organisierten Freuden der FDJ. Nach der Wende kam er in ein Spessartdorf, so berichtete er beim Aufnahmegottesdienst in die Gruppe der Taufbewerber. Er berichtete, wie er in diesem Spessartdorf eine Freundlichkeit ihm gegenüber erfahren hat, der er noch nie so begegnet war. Alle freuten sich mit ihm. Es ließ dem Mann keine Ruhe. Er wollte wissen, woher denn solch eine Fröhlichkeit und Freude im Umgang herrührt. Er ging interessehalber, weil man ihn auch einfach eingeladen hat, beim Gesangverein mitzusingen, zum ersten Mal in den Sonntagsgottesdienst. Und da war er so gerührt von der inneren Freude der Menschen beim Singen, bei der Mitfeier der Heiligen Messe und von der Fröhlichkeit beim Zusammenstehen danach. Er ging bald regelmäßig in den Sonntagsgottesdienst. Nach einem Jahr ging er zum Ortspfarrer: „Herr Pfarrer“, sagt er, „ich will Christ werden. Mich hat die Freude der Leute am Glauben angesteckt!“ Kompliment, liebe Pfarrgemeinde! Darum: Wenn Vater und Mutter, Großeltern und angesehene Leute in einer Gemeinde gerne zur Kirche gehen, wenn mit einem Kleinkind schon fromm und innig gebetet wird, wenn den heranwachsenden Kindern eine Liebe zur Kirche, zum Priestertum, zur Gottesmutter vorgelebt wird, dann wächst in einem jungen Menschen die Freude am Glauben mit. Natürlich darf man ruhig das oder jenes in der Kirche, in der Pfarrei kritisieren, aber es muss die Sorge um und die Freude an der Kirche zu spüren sein. Auch heute gibt es Menschen, die als Erwachsene Lust am Glauben, Freude an der Kirche entdecken, weil – ja weil sie frohen Menschen in der Kirche begegnet sind. „Wie freute ich mich, da man mir sagte, wir ziehen zum Haus des Herrn ...“ Solche Erfahrung ist auch in unseren Tagen möglich zu machen.

Schwestern und Brüder!Wir feiern die Erinnerung an das Wirken der Frankenapostel in unserem Land vor 1300 Jahren. Das waren Menschen, die einfach von der Freude an Gott, an Christus so angesteckt und getragen waren, dass sie alles daran setzten, anderen ihre Lebens- und Glaubenserfahrung als beglückend mitzuteilen. Sie lebten eine „Seligkeit" göttlicher Art, eine Freude, die von Gott kommt und innere Lebenskraft, Lebensfreude schenkt. Diese „Seligkeit“ ist im Evangelium des Festtages entfaltet. Das Wort Gottes zeigt uns, wo die Freude, die von Gott kommt, zu gewinnen ist. Jesus hat diese Seligkeit nicht bloß verkündet, sondern gelebt. Diese „Seligpreisungen“ sind gleichsam eine geistliche Biographie, ein geistliches Portrait Jesu Christi: Er ist der Arme, der Sanftmütige, der Gewaltlose, der Friedensstifter“ – sagt Papst Benedikt XVI. in seinem Buch „Jesus Christus“. In der Nähe Jesu wurden, werden Menschen froh – oder bei seiner Nähe erkennt man Menschen, die sich in ihrer tiefsten Freudlosigkeit entlarvt sehen und in ihrer Scheinheiligkeit bloßgestellt werden. Zutiefst freudlose, gottlose Menschen halten es bei Jesus nicht aus.

Der beste Weg aber, die Freude am Glauben nicht zu verlieren, sie wieder zu gewinnen oder sie wachsen zu lassen, ist die lebende Verehrung der Gottesmutter. Wir nennen sie ja: Die Ursache unserer Freude. In unserer oft feststellbaren Freudlosigkeit heute in unserem Leben, in der Kirche, in der Gesellschaft, lasst uns zu Maria und zu unsren Heiligen gehen. Bei ihnen finden wir wieder Glaubensfreude, Glaubensmut, Lebensfreude, Lebensmut, weil wir Christus bei ihnen finden. Amen.

(2907/1072)