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Führung und Wegbegleitung

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer bei der 90-Jahr-Feier der Salesianer Don Boscos in Würzburg am Sonntag, 5. Februar 2006

Liebe Mitbrüder in Don Bosco! Liebe mitfeiernde Gemeinschaft!

Die Kirche von Würzburg feiert heute gerne diese Gedenk- und Dankfeier mit. Vor 90 Jahren sind die Salesianer Don Boscos der Bitte von Bischof Ferdinand von Schlör nachgekommen und haben ihren Dienst an der Jugend dieser Stadt und des Bistums begonnen. Es war – wie wir wissen – ihre erste Niederlassung in Deutschland. Diese 90 Jahre waren in ihrem äußeren Verlauf ungemein dramatisch. Es ist fast ein Wunder, dass sich in den Umbrüchen, Verwerfungen und Katastrophen der vergangenen neun Jahrzehnte diese Einrichtung so segensreich in unserer Bischofsstadt entfalten konnte. Bei diesem Festgottesdienst wollen wir der gütigen Führung Gottes für diese Entfaltung danken. Aber wir wollen vor allem auch dem Geist nachspüren, der das Wirken der Söhne Don Boscos so segensreich gemacht hat und der sie noch heute bewegt. Dieser Geist lebt noch ungebrochen in unseren Salesianern und ist ihr und unser Hoffnungspotential für die Zukunft.

In der Präfation des heutigen Festgottesdienstes vom heiligen Johannes Bosco wird diese Kraftquelle des salesianischen Geistes angesprochen. Es heißt:

„Die unendliche Liebe hat den heiligen Johannes Bosco in der Kirche dazu erweckt, als Freund, Bruder und Vater die jungen Menschen auf den Weg des Heils zu führen.“ Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass Don Bosco nicht als Erzieher in diesem liturgischen Text bezeichnet wird. Ja – das hat seinen Grund und führt uns gleich in das Geheimnis dieses begnadeten Jugendfreundes hinein. Der heilige Johannes Bosco hat nämlich einmal gesagt: „Erziehen – nie wage ich dieses große Wort für mich in Anspruch zu nehmen. Ziehen und erziehen ist Sache Gottes. Uns ist es aufgetragen, das aus dem Weg zu räumen, was die Sache Gottes hindert.“ Und was ist die Sache Gottes? „Gott ist die Liebe.“ „Die unendliche Liebe Gottes“ steht am Anfang im Leben des Heiligen und begleitet, heiligt und stärkt alle pädagogischen Initiativen. Es war des Bestreben dieses Heiligen – und das Geheimnis seines Erfolges – die Liebe Gottes gerade den Kindern und jungen Menschen hautnah und konkret erfahren zu lassen. Mutter Teresa von Kalkutta sagte einmal: „Nötiger als Brot braucht der Mensch die Gewissheit, erwünscht zu sein, geliebt zu sein.“ Ja – Kinder und Jugendliche brauchen mehr denn je diese Grunderfahrung des Lebens. Die Liebe Gottes zu Ihnen, die Liebe Jesu muss ihnen durch Eltern und Wegbegleiter aufleuchten. Don Bosco durfte und wir alle dürfen uns glücklich schätzen, soweit wir uns zurückerinnern können, als geliebte Wesen erfahren zu haben. Diese Liebe aber gründete und gründet in der ewigen, unendlichen Liebe Gottes, die sich in der Geschichte in der Person Jesu Christi geoffenbart hat. Nur ein Mensch, der sich von Gott und von Gott erfüllten Menschen geliebt weiß, kann jene Geisteshaltung leben und spüren lassen, die für das Wachsen und Reifen gesunder Kinder und Jugendlicher unentbehrlich ist. Es ist daher ein gesegnetes Zusammenklingen, wenn wir gerade in diesen Tagen die erste Enzyklika unseres neuen Papstes Benedikt XVI. lesen können. Sie beginnt mit dem Spitzensatz der Schrift: „Gott ist die Liebe. In diesen Worten ist die Mitte des christlichen Glaubens, das christliche Gottesbild und auch das daraus folgende Bild des Menschen und seines Weges in einzigartiger Klarheit ausgesprochen“ (1). Zu den großen Gestalten der Kirchengeschichte, die aus dieser Wahrheit ihr Leben und Liebe gestalten, zählt der Heilige Vater ausdrücklich und namentlich auch den heiligen Johannes Bosco. Er nennt ihn und andere „die wahren Lichtträger der Geschichte“, weil sie Menschen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe waren.

Aus der gleichen Quelle dieser göttlichen, unendlichen Liebe können und sollen auch wir in unseren Tagen und besonders in der Wegbegleitung junger Menschen schöpfen. Auch wir können sagen und feststellen, wenn wir in der Eucharistie die allumfassende Liebe Jesu bis zum Äußersten für uns Menschen mitfeiern: „Wir haben die Liebe erkannt, die Gott zu uns hat, und ihr geglaubt.

“So wünschen wir unseren Salesianern und uns allen: Vertiefen wir uns in der Liebe Gottes in Jesus. So bleiben wir befähigt im Geiste Don Boscos, den jungen Menschen Führung und Wegbegleitung zu schenken.

In der Präfation vom Fest des heiligen Johannes Bosco heißt es weiter: „Du hast ihn, den heiligen Johannes Bosco, mit prophetischem Geist erfüllt, damit er der jungen Generation helfe, den Anforderungen des Lebens zu entsprechen.“ Prophetischer Geist ist also in der Wegbegleitung junger Menschen notwendig. Prophetischer Geist – was ist das? Zunächst denkt man, mit prophetischem Geist könne man, müsse man, in die Zukunft schauen. Nein – zunächst ist prophetischer Geist die gottgeschenkte Fähigkeit, die Gegenwart recht zu sehen, recht zu deuten. Der prophetische Geist hat einen Tiefenblick dorthin, wo die Kräfte im Unter- und Hintergrund des Lebens mächtig sind, wo Gefährdungen der Menschen hier und heute sich anbahnen, zeigen, und Mächte des Bösen und der Heiligen zu spüren sind. Der prophetische Geist erkennt, was heute und jetzt gut tut, heilsam oder heillos ist und wie es sich in Zukunft auswirkt zum Guten oder Bösen. Echte Liebe, die von Gott, von Christus kommt, erspürt die Gefahr und kennt das Rettende auch. Christliche Liebe zu jungen Menschen zeigt ihre prophetische Kraft darin, dass man weiß, was gerade die jungen Menschen brauchen. Dazu braucht man Nähe zu ihrer Lebenswelt, zu ihren Hoffnungen und Ängsten, zu ihren Erwartungen und Sehnsüchten. Man muss sich auf sie einlassen. Ein prophetischer Geist bewirkt keine Weltflucht aber auch keine Anbiederung und Anpassung. Wahrer prophetischer Geist wird nicht Gegenwart und Zukunft verteufeln, aber auch nicht den Zeitgeist anbeten.

Man kann wahrhaft auch heute vor diesem prophetischen Auftrag zurückschrecken oder ihm zu entfliehen versuchen. Das aber verbietet uns der Herr: Er, Jesus Christus, ist nicht in eine paradiesische Welt eingetreten, sondern in die real existierende Welt – und zu dieser real existierende Welt gehört die Macht des Bösen, der Finsternis. Doch die Übermacht der Liebe Jesu befähigt uns durch die Gabe des Heiligen Geistes, die Not und das Notwendige zu erkennen und zu tun.

Papst Benedikt schreibt in seinem erwähnten Rundschreiben: „Manchmal kann dem, der helfen will, das Übermaß der Not und die Grenzen seines eigenen Tuns Versuchung zur Mutlosigkeit werden. Aber gerade dann kann ihm helfen, zu wissen, dass er letzten Endes nur Werkzeug in der Hand des Herrn ist. Er wird sich von dem Hochmut befreien, selbst und aus Eigenem die nötige Verbesserung der Welt zustande zu bringen. Er wird in Demut das tun, was ihm möglich ist, und in Demut das andere dem Herrn überlassen. Gott regiert die Welt, nicht wir. Wir dienen nur, soweit wir können und er uns die Kraft dazu gibt.

“Ja – das machte das Geheimnis des segensreichen Wirkens von Johannes Bosco aus: prophetischer Mut, prophetische Demut. Er tat alles mit ganzer Kraft, er tat alles mit grenzenlosem Gottvertrauen.

Ja – können wir Ihnen in Ihrer Don Bosco-Nachfolge etwas Besseres wünschen – und uns?

In den 90 Jahren Ihrer Tätigkeit in Würzburg haben Sie schon das sogenannte Tausendjährige Reich überwunden, überrundet. Bewahren Sie das Wissen, wie machtlos die Mächtigen dieser Erde letztlich sind. Die Herren dieser Welt kommen und gehen. Unser Herr ist im Kommen. Mit diesem Zukunftsblick in prophetischem Geist gehen Sie weiter zum Wohl und Segen der jungen Generation, der kommenden Generation der Kirche Gottes, besonders auch der Kirche von Würzburg.

In diesem Sinne seien Sie „Erzieher“, wie Erziehung einmal definiert wurde: „Erziehung heißt weitergeben, was dir selbst geschenkt wurde: das Leben, die Liebe, den Glauben.“ Amen.

(0706/0269)