Würzburg (POW) Der Deportation der Würzburger Juden im Jahr 1941 haben am Donnerstagabend, 27. November, rund 150 Menschen gedacht. Die Gedenkveranstaltung fand auf Einladung der Gemeinschaft Sant’Egidio, des katholischen Dekanatsrats Würzburg-Stadt und des Dekanats der evangelisch-lutherischen Kirche in Würzburg statt. Die Teilnehmer sammelten sich am Domvorplatz. Dort hielten Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und Kirchenrat Winfried Schlüter vom evangelischen Dekanat Reden. Anschließend zog die Versammlung mit brennenden Kerzen in der Hand schweigend durch die Stadt. Jugendliche trugen Schilder mit Namen nationalsozialistischer Vernichtungslager: Buchenwald, Mauthausen, Bikernieki, Sachsenhausen, Dachau. Am Mainfranken-Theater sprachen Dr. Josef Schuster, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, Oberbürgermeister Georg Rosenthal und Professor Dr. Klaus Reder von der Gemeinschaft Sant’Egidio. Auf dem Gelände des heutigen Theaters befand sich der Bahnhof, von dem aus die erste größere Gruppe von Juden am 27. November 1941 aus Würzburg in Richtung der nationalsozialistischen Vernichtungslager deportiert wurde.
Bischof Hofmann erinnerte an das Novemberpogrom von 1938, das die Brutalität und Zerstörungswut der Nationalsozialisten deutlich machte. „Nur in wenigen unserer Gotteshäuser wurde die Zerstörung der jüdischen Gotteshäuser beklagt oder angeprangert. Auch hier wurde zu viel weggeschaut und geschwiegen“, sagte Bischof Hofmann. Dem physischen Tod der jüdischen Mitbürger sei der „bürgerliche Tod“ vorausgegangen – mitten in der Stadt. Fotos von der Deportation zeigten Leibesvisitationen, Durchsuchungen des Gepäcks und einen Mann, dem vor dem Abtransport die Goldplomben aus den Zähnen gerissen werden.
Der Gedenkweg führe die Deportation jüdischer Bürger aus Würzburg schonungslos vor Augen und lenke den Blick auf die beiden Hauptaufgaben, denen sich Christen verpflichtet wüssten, sagte Bischof Hofmann: Zum einen seien Christen aufgefordert, gegen das Vergessen-Wollen einzutreten und an die Schicksale einzelner Menschen zu erinnern. „Ihre Ermordung setzte eben nicht erst mit dem physischen Tod in den Vernichtungslagern ein, sondern begann vor aller Augen.“ Zum anderen lud der Bischof alle Christen ein, sich als gute und aufmerksame Nachbarn der jüdischen Gemeinde zu erweisen. Besonders dankte er der Gemeinschaft Sant’Egidio, die sich kontinuierlich darum bemühe, „an das Geschehen damals zu erinnern und heute in guter Nachbarschaft mit jüdischen Glaubensgeschwistern und Gläubigen anderer Religionsgemeinschaften zu leben“.
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