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Gegen ein Leben auf Müllhalden

Mohammed Alamgir aus Kalkutta berichtet von seiner Arbeit in Indien – Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bittet um Spenden am Misereor-Fastensonntag, 25. März

Würzburg (POW) Zu Tausenden durchforsten sie täglich die Müllberge der indischen Millionenmetropole Kalkutta. Immer auf der Suche nach Verwertbarem, das sich weiterverkaufen lässt. Von morgens 4.30 Uhr bis zum Einbruch der Nacht wühlen sich die Ärmsten der Armen durch den dreckigen und zum Teil giftigen Abfall. Der Großteil dieser Müllsammler sind noch Kinder. Wenn sie Glück haben, haben sie am Ende des Tages 30 Rupien verdient – 60 Cent. Der Staat hilft nicht, Mohammed Alamgir aber schon. Er rief 1993 das Projekt „Tiljala SHED“ ins Leben. Die Nichtregierungsorganisation organisiert die Müllsammler und hat 1999 eine Müllsammler-Vereinigung gegründet. Im Rahmen der Misereor-Fastenaktion besucht Alamgir das Bistum Würzburg. Am Montag, 19. März, stellte er seine Arbeit bei einem Pressegespräch vor.

„Müll ist ein Geschäft“, erklärte Alamgir. „Ohne Müllsammler würde der Abfall nicht beseitigt, aufbereitet und wiederverwertet.“ Deshalb verdienten die Menschen zwar an dem Abfall, allerdings seien sie auch gefangen in einem System der Ausbeutung. In Kalkutta leben 15,3 Millionen Menschen. Rund 60 Prozent der Bevölkerung zählen zur Unterschicht, die in den Elendsvierteln lebt – meistens in sogenannten „Squatter“-Siedlungen (englisch für illegaler Siedler). „Die Menschen dort haben keinen Personalausweis. Offiziell existieren sie gar nicht“, erklärte Alamgir. Dadurch bleibe ihnen verwehrt, sich an einer Wahl zu beteiligen oder Hilfeleistungen in Anspruch zu nehmen.

„Darauf sind sie aber eigentlich angewiesen“, betonte der indische Gast. Denn in den „Squatter“-Siedlungen gibt es keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, keine Stromversorgung, kein Abwassersystem, keine Gesundheits- und Bildungseinrichtungen. Schlechte Hygiene und Unterernährung sind der Grund für die hohe Kindersterblichkeit. Wer überleben will, versucht irgendwie an Geld zu kommen – auch die Kinder. Statt eine Schule zu besuchen, verbringen sie ihre Kindheit und Jugend auf den Müllhalden. Dabei laufen sie ständig Gefahr, sich an dem zum Teil giftigen Müll zu verätzen. „Indien kennt keine Mülltrennung“, erzählte Alamgir.

Mit dem Projekt „Tiljala SHED“, das vom kirchlichen Hilfswerk Misereor unterstützt wird, eröffnen sich neue Perspektiven für die Müllsammler. Die Müllsammler-Vereinigung organisiert den Müllverkauf, kämpft für gerechte Preise sowie bessere Arbeitsbedingungen und tritt für die Interessen der Mitglieder ein. Mittlerweile zähle die Vereinigung 500 Mitglieder in zwei Stadtteilen Kalkuttas, sagte der Gründer und Leiter von „Tiljala SHED“. Außerdem wolle die Vereinigung das Bewusstsein der indischen Mittel- und Oberschicht für die Arbeit der Müllsammler schärfen: „Sie sollen die Menschen anerkennen, die als Müllsammler arbeiten, und dass die Müllsammler mit ihrer Arbeit einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Und sie sollen die Menschen in die Gesellschaft integrieren und somit ihre Würde wieder herstellen“, forderte Alamgir. Ziel der Arbeit von „Tiljala SHED“ ist die nachhaltige Stärkung der Selbsthilfekräfte von Müllsammlerfamilien in Kalkutta.

Darüber hinaus gehört zur Projektarbeit ein umfangreiches Gesundheitsprogramm: Um der Kindersterblichkeit entgegenzuwirken, werden Gesundheitshelfer ausgebildet. Aufklärungskurse für Mütter werden angeboten, in denen die Frauen lernen, wie sie ihre Kinder richtig ernähren oder Durchfallerkrankungen richtig behandeln. Außerdem tritt „Tiljala SHED“ als „Anwalt für die Müllsammlerfamilien“ auf. Beispielsweise seien mit dem Wahlbeauftragten für Kalkutta Gespräche geführt worden, damit den Menschen ihr Recht zu wählen zugesprochen werde – mit Erfolg, verkündete Alamgir.

Der wichtigste Schwerpunkt ist die Bildungsarbeit: Kinder werden an staatlichen Schulen eingeschult und erhalten Nachhilfeunterricht. „In den vergangenen zehn Jahren konnten wir 5000 Kinder im Alter zwischen sechs und acht Jahren von der Müllsammelarbeit abziehen und einschulen“, berichtete Alamgir. „Bildung und die richtige Erziehung sind der einzige Weg aus dem Elend heraus.“

Mohammed Alamgir kennt diese Situation aus erster Hand. Er selbst wuchs in einem der Elendsviertel Kalkuttas auf. „Gott wollte, dass ich Verantwortung übernehme“, erzählte der gläubige Moslem von seinem schwierigen Weg aus dem Elend heraus. Es sei ein harter Kampf gewesen, aber mit 35 Jahre hätte er es endlich geschafft. Er studierte Jura, machte seinen Abschluss und arbeitet heute als Lehrer an einer Grundschule. Als Leiter steht er seinem Projekt auch heute noch vor. „Die Kluft zwischen arm und reich, die immer größer wird, zu schließen, ist meine Motivation für meine Arbeit“, erklärte Alamgir. Damit die Ärmsten in Kalkutta „in Frieden leben können“.

„Tiljala SHED“ ist ein Projekt von vielen, die Misereor unterstützt. Der Erlös der diesjährigen Misereor-Fastenaktion unter dem Motto „Menschenwürdig leben. Kindern Zukunft geben!“ kommt den Kindern und Jugendlichen in den Elendsvierteln der großen Städte überall auf der Welt zugute. Ganz im Zeichen der 54. Fastenaktion steht der fünfte Fastensonntag am 25. März. Der Ertrag der Kollekte in allen Gottesdiensten an diesem Tag ist ausschließlich für Misereor bestimmt. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bittet um Gebet und um eine „großherzige Spende“ für die Kinder in Afrika, Asien und Lateinamerika.

Im vergangenen Jahr wurden bei der Misereor-Kollekte knapp 607.000 Euro in der Diözese Würzburg für das Hilfswerk gesammelt. Dazu kamen weitere 192.000 Euro Spenden in Form von Überweisungen während der gesamten Fastenzeit. Spenden an das Misereor-Spendenkonto 101010, Bankleitzahl 37060193, Pax-Bank. Weitere Informationen im Internet unter www.misereor.de.