Würzburg (POW) Ein Bündnis zwischen den beiden großen christlichen Kirchen und Arbeitnehmervertretungen hat am Montag, 22. Februar, die Würzburger „Allianz für den freien Sonntag“ gegründet. Die Initiative wendet sich gegen den Antrag des Bayerischen Einzelhandels auf einen zweiten verkaufsoffenen Sonntag in Würzburg, der am 21. März stattfinden soll. Der Stadtrat wird am Donnerstag, 25. Februar, darüber entscheiden. Bisher gibt es einen verkaufsoffenen Sonntag in Würzburg, den sogenannten „Mantelsonntag“ im Herbst.
Vertreter der Allianz warnten auf der Pressekonferenz im Sankt Burkardus-Haus davor, die Sonntagsruhe kaufmännischen Interessen zu opfern und das Familienleben zu kommerzialisieren. „Ein Tag in der Woche sollte frei von Arbeit sein“, sagte Klaus Peter Schneider vom Würzburger Stadtverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Religiöses, kulturelles und ehrenamtliches Engagement würde unter einem verkaufsoffenen Sonntag leiden. „Familien können auch zu den normalen Öffnungszeiten gemeinsam einkaufen“, betonte Schneider. Der evangelische Pfarrer von Würzburg-Grombühl, Gerhard Roth, verwies darauf, dass der Sonntag für die Menschen da sei und „nicht der Mensch für den Sonntag“.
Jürgen Volz von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisierte Oberbürgermeister Georg Rosenthal (SPD) und die Stadtverwaltung. Ein verkaufsoffener Sonntag „aus rein kommerziellen Gründen“ sei nach dem Ladenschlussgesetz nicht zulässig. Laut Gesetzestext müsse ein beträchtlicher Besucherstrom – beispielsweise durch eine Messe in der Stadt – vorherrschen, damit die Genehmigung für einen verkaufsoffenen Sonntag erteilt werden könne. Die Frühjahrsmesse in Würzburg, die rund um den 21. März stattfindet, erfülle diese Bedingung nach Ansicht von Volz mit der relativ geringen Anzahl von „vielleicht 1000 Besuchern“ nicht.
„Der Einzelhandel hat wöchentlich 84 Stunden Zeit, Geld zu verdienen. Wenn man es in dieser Zeit nicht schafft, sich gut zu verkaufen, kann man das auch nicht in fünf Stunden an einem Sonntag“, sagte Volz. Auch aus ökologischen Gesichtspunkten sei ein verkaufsoffener Sonntag abzulehnen. Zudem beklagte er, dass die Interessensverbände vom Oberbürgermeister erst sehr spät zu einem runden Tisch geladen worden wären. Für den Fall, dass der Stadtrat dem Antrag des Einzelhandels zustimmt, sei deshalb eine Beschwerde bei der Regierung von Unterfranken vorstellbar.
Man dürfe nicht nur an den wirtschaftlichen Profit eines verkaufsoffenen Sonntags denken, forderte Diözesanratsvorsitzender Karl-Peter Büttner. „Man muss auch an die Minderheit der Menschen denken, die dann arbeiten muss.“ Er sprach sich gegen die fortschreitende Ökonomisierung der Gesellschaft aus. Die Weltwirtschaftskrise habe gezeigt, „wohin es führt, wenn alles nur unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung gesehen wird“. Auch die Stadträte Uwe Dolata (ödp) und Thomas Schrenk (Bürgerforum Würzburg) lehnen den geplanten zweiten verkaufsoffenen Sonntag in Würzburg ab. „Inhabergeführte Geschäfte in Würzburg wollen ihn doch meist gar nicht“, sagte Schrenk. Nur große Unternehmen würden dahinter stehen. Als Vorsitzender des TSV Grombühl wies Schrenk zudem auf mögliche Spielabsagen im Breitensport hin.
Klaus Köhler von der Katholischen Betriebsseelsorge berichtete, dass die Zahl der Allianz-Unterstützer stetig anwachse. Neben dem TSV Grombühl hätten auch die TG Würzburg und der Bürgerverein in Lengfeld ihren Zuspruch signalisiert. Zudem würden der Weltladen und die Dombuchhandlung in Würzburg einen verkaufsoffenen Sonntag ablehnen. „Wir wollen die Überzeugung weitergeben, dass die Freiheit der Menschen gegenüber dem Konsum überwiegt“, betonte Köhler.
Die „Allianz für den freien Sonntag“ gibt es bereits in rund 40 bayerischen Städten, darunter auch in Schweinfurt, Aschaffenburg und im Raum Main-Spessart. Die Begründer der Würzburger Initiative sind: die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung und die Katholische Betriebsseelsorge in der Diözese Würzburg, das katholische Dekanat Würzburg-Stadt, die Aktionsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (afa) der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, das evangelisch-lutherische Dekanat Würzburg, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die Industriegewerkschaft Metall (IGM) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).
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