Würzburg/Lohr am Main (POW) Der Endspurt bei der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften im Bistum Würzburg hat die bischöfliche Visitation des Dekanats Lohr am Main bestimmt. „Der Prozess fordert von den Gemeinden die Bereitschaft, schwierige Wege zu gehen. Diese Bereitschaft zur Veränderung habe ich vor Ort gespürt. Gleichzeitig steht für die Vertreter der Pfarreien aber auch das Wohl ihrer einzelnen Gemeinde in einer größeren Seelsorgeeinheit im Blickfeld“, sagte Bischof Dr. Friedhelm Hofmann nach Abschluss der Visitation. Zusammen mit Weihbischof Ulrich Boom besuchte er an 15 Tagen in der Zeit von 6. bis 27. November die 27 Pfarreien und elf Kuratien des rund 44.000 Katholiken zählenden Dekanats, die künftig in voraussichtlich zehn Pfarreiengemeinschaften zusammenarbeiten.
Beide Bischöfe stellten bei den verschiedenen Treffen mit den Räten, Gruppen und Verantwortlichen vor Ort fest, dass der Prozess der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften angenommen wird. Vor allem im Lohrer Talkessel habe sich die Frage nach einer verantwortbaren Größe einer Pfarreiengemeinschaft gestellt. „Das Votum der Menschen vor Ort sollte deutlich gehört werden“, sagte Bischof Hofmann. Die Gemeinden wüssten um die nötigen Umbrüche. Kleinen Pfarreien müsse die Angst genommen werden, dass sie in einer großen Seelsorgeeinheit aufgingen. Große Gemeinden seien aufgefordert, ihren Beitrag zur Fortentwicklung des kirchlichen Lebens in den kleinen Gemeinden zu leisten. „Die kleinen Gemeinden müssen ermutigt werden, sich auch eigenverantwortlich ohne Priester zu Gebet und Andacht in ihrem Gotteshaus zu versammeln und die Gebetsgemeinschaft vor Ort zu pflegen“, betonte Weihbischof Boom. Gott wolle im Alltag der Menschen zuhause sein. Gottes Gegenwart in den veränderten Lebensräumen müsse von den Menschen gespürt und dann füreinander sichtbar gemacht werden.
Insgesamt hinterließ die Visitation bei beiden Bischöfen einen sehr positiven Eindruck. „Ich habe diese Tage im Dekanat Lohr mit großer Freude erlebt und bin vom vielfältigen Engagement in den Gemeinden begeistert. Ich durfte vielen Ehrenamtlichen begegnen, die sich über Jahre und Jahrzehnte einbringen und Kirche vor Ort lebendig halten. Ihr Einsatz ist enorm“, würdigte Bischof Hofmann. „Es gibt unheimlich viel Aufbruch und Engagement, die Kirche in die weitere Zukunft zu führen. Ganz viele Menschen engagieren sich in Räten, Gremien und in der Katechese ehrenamtlich und tragen das Gemeindeleben mit“, stellte Weihbischof Boom fest. Die Gemeindemitglieder habe er als offen und zukunftsorientiert erlebt. So blickten Gemeinden bewusst nach ihren Lebensräumen und trügen eine Pastoral mit, die in vielschichtigen Seelsorgestrukturen denke – beispielsweise in der Schulpastoral oder der Jugend- und Verbandsarbeit.
Bei Begegnungen mit Kindern und Jugendlichen in Kindergärten, bei Firmungen oder bei einer nächtlichen Fahrt durch das Dekanat mit Jugendvertretern sei den Bischöfen wiederholt bewusst geworden, dass Jugendliche unterstützt werden müssten, ihren Platz in der Kirche zu entdecken und zu finden. „Wir wollen Anwälte der Jugend sein“, waren sich beide Bischöfe einig. Zum Teil fühlten sich die Jugendlichen in den Gemeinden nicht zuhause und seien auf der Suche nach anderen Räumen des Glaubens, beobachteten die Bischöfe. Die Gemeinden müssten sowohl für suchende Jugendliche als auch für Menschen, die auf vielfältige Weise nicht mehr glauben könnten, die Türen offen halten. Notwendig bleibt für die Bischöfe auch das Engagement der Kirche im sozialen Bereiche. In Kindergärten, Kindertagesstätten, Krankenhäusern, Sozialstationen, Beratungsstellen und anderen sozialen Einrichtungen zeigten sich Bischof Hofmann und Weihbischof Boom begeistert vom karitativen Engagement der Kirche im Dekanat Lohr. „Wenn die Kirche hier nicht tätig wäre, würde den Einrichtungen etwas fehlen.“
Noch deutlicher muss nach den Worten der Bischöfe herausgestellt werden, dass die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht geringer geworden sei. „Auch wenn der Priestermangel immer stärker in den Gemeinden spürbar ist: Wir haben so viele hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie nie zuvor“, betonte Bischof Hofmann. Die Seelsorgeteams müssten von den Gemeinden noch besser wahrgenommen werden. Wichtigster Dienst des leitenden Priesters ist für Weihbischof Boom der Einheitsdienst in der Pfarreiengemeinschaft. Der Pfarrer müsse ein offenes Ohr für die Menschen haben und die Seelsorgeeinheit „gut verwalten“.
Bei ihren Besuchen erlebten die Bischöfe eine Kirche im Umbruch, die vor zahlreichen neuen Herausforderungen stehe. Wichtig sei, bei den Menschen zu bleiben, sie zu begleiten und zu trösten. Kirche darf sich nach den Worten des Bischofs nicht in eine Nische zurückziehen, sondern muss sich der veränderten Welt stellen. Die Globalisierung habe auch das entlegenste Spessartdorf erreicht. Der Mensch stehe in der Spannung zwischen einer kleinen, oft noch heilen Welt und der weltweiten Vernetzung. „Um das auszuhalten, hilft nicht die Flucht in die Vergangenheit. Vielmehr sollen die Menschen spüren, dass Gott auch heute gegenwärtig ist“, ist Weihbischof Boom überzeugt.
Nur wenige Hausaufgaben musste Bischof Hofmann mit nach Würzburg nehmen: Einige Stellen müssen im Dekanat noch besetzt und drei Pfarreiengemeinschaften errichtet werden. Als ein besonderes Erlebnis empfanden beide Bischöfe die nächtliche Schifffahrt mit den Pfarrgemeinderäten und Kirchenverwaltungen auf dem Main zwischen Lohr und Marktheidenfeld. Das Angebot zum Gespräch mit Bischöfen und Vertretern des Ordinariats über Probleme und Sorgen sei sehr gut angenommen worden, sagte Bischof Hofmann. Bei Weihbischof Boom blieb vor allem ein Bild dieses Abends im Bewusstsein: die vorbeiziehenden beleuchteten Gotteshäuser am Main als Leuchtzeichen am Fluss der Zeit.
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