Liebe Mitbrüder im Bischofs-, Priester- und Diakonenamt, verehrte Ordenschristen, liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
es trifft sich gut, dass heuer die Weltkirche in Würzburg zu einem großen Kongress zusammenkommt.
Das vergangene Jahr war in Deutschland nicht nur ein annus horribilis sondern auch ein kräftiger Anstoß, sich auf das Wesentliche zu besinnen und Christi Botschaft eine wirkliche Heimat zu geben.
Es ist gut, dass sich unser Blick in diesen Tagen auf eine Weltkirche weitet, die in ihrer Vielfalt und mit ganz unterschiedlichen Problemen belastet als das eine Volk Gottes zeigt, das von Jesus Christus gewollt, gegründet und durch die Zeit begleitet wird.
Gerade in diesen Tagen (14.-17. März) hat sich die Deutsche Bischofskonferenz in Paderborn getroffen, um über die Kirche in Deutschland nachzudenken. Deshalb ist es umso notwendiger, dass wir auch den Blick über unsere eigenen Grenzen hinaus weiten, um das Ganze nicht aus dem Blick zu verlieren.
Gerade jetzt, da um einen offenen Gesprächsprozess in unserem Land gerungen wird, ist es wichtig, dass das weltweite Hilfswerk Päpstlichen Rechtes „Kirche in Not“ mit dem „4. Internationalen Kongress Treffpunkt Weltkirche“ den Spannungsbogen von der Auseinandersetzung mit der Politik der Industrieländer über Fragen der Religionsfreiheit und der Verfolgung von Christen bis hin zur Neuevangelisierung schlägt.
Für das Bistum Würzburg habe ich als Leitwort für das Jahr 2011 herausgegeben: „Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade!“ (2 Kor 6,2)
Es gilt den Kairos, den richtigen Augenblick, zu erkennen, der in einer inneren Umkehr steckt. Es wird geradezu aggressiv vom Glaubensschwund, von den Kirchenaustritten, vom Versagen einzelner in der Kirche gesprochen. Es wird viel zu wenig bedacht, welch ein Segen von den Menschen in der Kirche ausgeht, die sich ganz Jesus Christus verschrieben haben.
Einer dieser großen Lichtgestalten ist Pfarrer Georg Häfner, der am 15. Mai hier im Dom selig gesprochen werden wird. Er steht für seine Glaubenstreue in schwerer Zeit ein. Als er am 31. Oktober 1941 von den Nationalsozialisten verhaftet wurde, deutete er seine acht Monate dauernde Leidenszeit bis hin zum Tode im KZ Dachau am 20. August 1942 mit den Worten: „Alles für Christus den König!“
Dies gilt es auch für unsere Zeit wieder zu entdecken: Alles für unseren Erlöser und Heiland Jesus Christus.
Umso erfreulicher ist es, dass viele Mut machenden große Persönlichkeiten der Weltkirche auf diesem Kongress zu Wort kommen: So Kardinal Óskar Rodríguez Maradiaga aus Honduras, der südsudanesische Bischof Edward Hiiboro Kussala oder der chinesische Bischof John Tong Horn. Sie alle können von den unendlichen Schwierigkeiten aber auch von der Kraft des Glaubens sprechen, so dass wir ermutigt werden, unseren Glauben unverkürzt und gewinnend zu leben.
Treffend ist im Zusammenhang mit dem Kinder- und Jugendkongress von einem `neuen Pfingsten`die Rede. Gemäß dem Ausruf aus dem Römerbrief: „Lasst euch vom Geist entflammen“ (Röm 12,11) werden wir auf die eigentliche Kraft- und Inspirationsquelle verwiesen, die in der Lage ist, die Probleme der Zeit zu lösen. Wir brauchen die innere Erneuerung durch den Heiligen Geist.
Die Kirche ist kein innerweltlicher Globalplayer, sondern das vom Geist Gottes geleitete Volk Gottes. Hier gelten andere Maßstäbe als in einem Weltkonzern. Uns ist es aufgetragen, immer wieder neu nach dem Willen Gottes zu fragen und seinem Reich, die Tür in diese Welt zu öffnen.
Der Prophet Ezechiel ruft uns auf, umzukehren! Gott hat kein Gefallen am Tod des Schuldigen (vgl. Ez 18,23). Der Abfall vom rechten Weg ist der Weg in den Untergang. Der Weg des Schuldigen aus der Sünde in die vergebende Liebe Gottes ist der Weg zum Leben.
Deshalb mahnt uns der Evangelist Matthäus: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ (Mt 5,20) Er fordert uns auf, Frieden mit unserem Gegner zu schließen und die Liebe Gottes wahrhaft zu leben. So wie Gott dem reuigen Sünder verzeiht, sollen auch wir einander annehmen. Dass wir dabei innerweltlich oft den Kürzeren ziehen, darf uns nicht schrecken.
Die scheinbar innerweltlich unterliegende Liebe Gottes – siehe Christus am Kreuz – wird erst von der Endsicht, dem Ostern her, verständlich. Gottes Liebe siegt!
So hat unser Heiliger Vater Papst Benedikt XVI. gerade in diesen Tagen (10.03.2011) den lang ersehnten zweiten Band seines Werkes „Jesus von Nazareth“ herausgebracht. In diesem persönlichen Geschenk, das er uns gerade in diesen Tagen der Vorbereitung auf das Osterfest macht, betont er den Zusammenhang von Tod und Auferstehung.
Letztlich nimmt uns der Papst mit unter das Kreuz Jesu und lässt uns dieses erlösende Geschehen erahnen. Er lotet mit Hilfe des heiligen Augustinus beeindruckend die Tiefe des Verlassenheitsschrei Jesu „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ (Mt 27,46) aus, wenn er schreibt: Christus „betet als ‚Haupt’ – als der, der uns alle zu einem gemeinsamen Subjekt vereint und uns alle in sich aufnimmt. Und er betet als ‚Leib’, das heißt: Unser aller Ringen, unsere eigenen Stimmen, unsere Not und unsere Hoffnung sind gegenwärtig.“ (S. 239) Das Geheimnis der Erlösung durch Jesu Kreuzestod deutet und entschlüsselt er eindrucksvoll und hält fest: „Das Geheimnis der Sühne darf keinem besserwisserischen Rationalismus geopfert werden“ (S. 264). Vom Geschehen am Kreuz führt uns der Heilige Vater schließlich zum Ostermorgen und erschließt die fundamentale Bedeutung der Auferweckung Christi mit den Worten: „Der christliche Glaube steht und fällt mit der Wahrheit des Zeugnisses, dass Christus von den Toten auferstanden ist. Wenn man dies wegnimmt, dann kann man aus der christlichen Überlieferung zwar immer noch eine Reihe bedenkenswerter Vorstellungen über Gott und den Menschen, über das Sein und Sollen zusammenfügen – eine Art religiöser Weltanschauung – , aber der christliche Glaube ist tot…Nur wenn Jesus auferstanden ist, ist wirklich Neues geschehen, das die Welt und die Situation des Menschen verändert. Dann wird er der Maßstab, auf den wir uns verlassen können. Denn dann hat Gott sich wirklich gezeigt.“ (S. 266f.)
Mit diesem Glaubenszeugnis gestärkt, dürfen wir voller Erwartung den verschiedenen Foren dieses Kongresses entgegensehen. Möge der Heilige Geist die Teilnehmer – Sie alle – beflügeln und Glaubensfreude und Glaubensstärke schenken.
Amen.