Würzburg/Aschaffenburg/Mellrichstadt/Schweinfurt (POW) Alle zwei Jahre gibt es im Dom einen Gottesdienst, der aus dem Rahmen fällt. Am Samstagvormittag, 12. Juli, war es wieder soweit: Hunderte von Menschen begaben sich anlässlich der Kilianiwoche auf die „Wallfahrt der Kranken und Behinderten“ nach Würzburg. Für die Frauen und Männer von Malteser-Hilfsdienst (MHD) und Caritas stellt der Wallfahrtstag eine Mammutaufgabe dar. Für die Betroffenen aber passte das Motto der Kilianiwoche besonders: „Zur Hoffnung berufen“.
„Häufiger als alle zwei Jahre könnten wir das gar nicht bewältigen“, sagte MHD-Einsatzleiter Karl Rausch, der seit acht Jahren die Wallfahrt organisatorisch begleitet. Schon im Februar beginnen die Planungen und bereits am Freitagabend zuvor wird der Dom vorbereitet. „Ab 19 Uhr räumen wir die Seitenschiffe aus und machen Platz für die Rollstuhlfahrer. Eine Behindertentoilette liefert ein LKW eigens aus Augsburg an. Außerdem bauen MHD-Mitarbeiter mobile Verpflegungseinheiten im Dom auf. Denn nach dem Gottesdienst gibt es für die Kranken und Behinderten direkt in der Kathedrale Wiener Würstchen, Kaffee und Tee. In den Kreuzgang zu laufen, wäre für die meisten von ihnen nicht möglich. „Damit der Gottesdienst nicht gestört wird, rückt eigens unsere Bundeskomponente an, ein Versorgungszug, der das Essen in Thermobehältern anliefert“, erläuterte Rausch.
Am Wallfahrtstag selbst sind die Helferinnen und Helfer dann ab 7 Uhr morgens auf den Beinen. Dieses Jahr haben sie 425 Kranke und Behinderte aus allen Regionen der Diözese nach Würzburg gebracht und hier betreut, 40 davon sind auf den Rollstuhl angewiesen. Dazu waren 90 Fahrzeuge im Einsatz, 30 Transportwagen und 60 MHD-Kleinbusse. Der Paradeplatz hinter dem Dom, über dem groß das Signet der Malteser im Wind wehte, bot eine Parade von Krankentransportern und Behindertenfahrzeugen. Sie wurden aus den MHD-Standorten Aschaffenburg, Mellrichstadt, Schweinfurt und Würzburg eigens angefordert. Dazu kamen noch rund 40 Behinderte, die mit eigenen Fahrzeugen anreisten. Damit der Gottesdienst reibungslos vonstatten gehen konnte, engagierten sich 205 Malteser und Caritashelfer. Nach dem Gottesdienst wurde der Dom für Stunden geschlossen, damit die Helfer alles wieder reinigen, ein- und ausräumen konnten.
„Jesus weiß um unsere Behinderung und Krankheit, er kennt jeden einzelnen von uns“, sagte Weihbischof em. Helmut Bauer, „und als Kranke und Behinderte können wir etwas tun: Wir können beten und immer wieder hinweisen auf unsere Begrenztheit.“ Würzburg habe in den vergangenen Tagen Schlagzeilen gemacht. Eine alte Frau habe ihr Leben weggeworfen und wer ihr nahe gestanden habe, habe ihr keine Hoffnung gegeben. „Gib die Hoffnung nicht auf“ hörten viele Kranke immer wieder, und tatsächlich: „Hoffnung hilft, Krankheit erträglich zu machen“. Nicht immer könnten Ärzte oder die Selbstheilungskräfte helfen. Dann setzten viele ihre Hoffnung auf Gebet, Wallfahrt und die Heiligen. „Das ist die richtige Adresse“, bekräftigte Bauer. Diese Menschen seien im Mittelalter nicht enttäuscht worden, und sie würden auch heute nicht enttäuscht, wenn es gelte, dem Leben einen Sinn zu geben. Die Frankenapostel seien auch heute noch eine gute Adresse, wenn es um Hoffnung gehe. Denn wer auf den Herrn hoffe, der werde nicht enttäuscht.
Es gebe seelische Erkrankungen, die die ganze Menschheit erfassten, konstatierte der Weihbischof, so etwa Kriegstreiberei und Terrorismus. Wer davon erfasst werde, glaube, durch Unbarmherzigkeit das Heil erlangen zu können. Politik könne keine Heilung bringen, so gäben viele die Hoffnung auf Besserung auf. Papst Benedikt XVI. aber sage diesen Hoffnungslosen: Auf Hoffnung hin sind wir gerettet! Wer die Hoffnung aufgibt, gibt sich selbst auf. „Christliche Hoffnung bedeutet, nicht nur das Bedrohliche, sondern auch das Rettende zu sehen“, sagte der Weihbischof. Auch der heilige Paulus sei in großer Bedrängnis und Behinderung über die Leiden der Gegenwart hin zu kommender Herrlichkeit hinausgegangen. So finde man oft mehr Hoffnung und Zufriedenheit bei Kranken, die beten, als bei Menschen, die vor Gesundheit nur so strotzen, aber nicht beten. „Sie leben im Innersten wohl Vertrauen, Dankbarkeit und Hoffnung aus der Liebe Gottes heraus!“ Diesen Zustand seliger Hoffnung erlebten sie bereits jetzt, ohne auf die Zukunft warten zu müssen. „Bewahrt Euch diese Einstellung“, forderte der Weihbischof die Kranken und Behinderten auf, „geht diesen Weg, diese Einstellung zu erlangen, denn sie ist eine Medizin der Seele“.
Für die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes sorgte die Veeh Harfengruppe des Sankt-Josefs-Stifts Eisingen und das Bläserquartett Sankt Josef-Würzburg. Domorganist Professor Stefan Schmidt spielte die Orgel. Die Ministranten reisten aus Maria Bildhausen an. Gebärdendolmetscherin Maria Derr übersetzte den Gottesdienst simultan für Hörgeschädigte. Zahlreiche Mitglieder des Domkapitels, Priester der Diözese Würzburg und aus der Partnerdiözese Mbinga konzelebrierten. Nach dem Gottesdienst gingen der Weihbischof und einige Konzelebranten durch die Reihen der Kranken und Behinderten zum persönlichen Gespräch. Den zahlreichen Helfern, die diese besondere Art des Gottesdienstes erst möglich machten, dankten sie in herzlichen Begegnungen.
Jerzy Staus (POW)
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