Würzburg/Mbinga (POW) Mit dem Besuch einiger Caritas-Sozialeinrichtungen im Bistum Würzburg und einem Gespräch mit Schülerinnen der Würzburger Maria-Ward-Realschule zum Thema „Wasser“ haben Caritasdirektor Pfarrer Johannes Ndunguru und die Vinzentinerin Schwester Taji Mvulla aus Würzburgs Partnerdiözese Mbinga ihren knapp vierwöchigen Aufenthalt im Bistum Würzburg beendet. 2500 Euro spendeten die Maria-Ward-Schülerinnen für den Bau von Wasserleitungen in Mbinga. Die Gäste aus Tansania besuchten landwirtschaftliche Projekte in Unterfranken, tauschten sich mit Frauengruppen über Aktivitäten aus und sprachen mit Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und Domkapitular Monsignore Hans Herderich sowie mit Caritasdirektor Martin Pfriem. Bischof Hofmann und Domkapitular Herderich freuten sich über die positive Entwicklung mehrerer Sozialprojekte im Bistum Mbinga.
Insgesamt zeigten sich die Gäste aus Tansania bei ihrem ersten Deutschlandbesuch überrascht von dem hochentwickelten Land. „Die Menschen hier arbeiten sehr viel“, beobachtete der afrikanische Caritasdirektor. Bei den zahlreichen Begegnungen hätten sich die Menschen sehr für Tansania und die Projekte im Bistum Mbinga interessiert. „Viele wollten wissen, woher der Partnerkaffee kommt und wie er hergestellt wird.“ Vor allem in der Frauenarbeit sei die Partnerschaft bei zahlreichen Besuchen gestärkt worden, sagte Schwester Mvulla, die in Mbinga das Projekt „Frauen in Entwicklung“ der Caritas leitet. Vor allem die Vergabe von Kleinkrediten an Frauen sei sehr gut organisiert und helfe den Familien. Für die Diözese Würzburg Grund genug, über ihre Stelle Mission-Entwicklung-Frieden das Projekt für weitere drei Jahre mit jährlich 9000 Euro zu unterstützen. Eine spezielle Initiative für alleinerziehende Mütter in Mbinga fördert der Katholische Deutsche Frauenbund aus dem Bistum Würzburg.
Caritasdirektor Ndunguru berichtete vom Kuh-Projekt, vom Aufbau von Wassermühlen und Fischfarmen sowie von der Förderung der Bienenzucht und des Pflanzenanbaus. Mit Unterstützung des Hilfswerks Misereor organisiere das Bistum Aufforstung und Umweltaktionen. Als Aufgabe der ganzen Gesellschaft bezeichnete er die Hilfen für Aidskranke. Rund acht Prozent der Bevölkerung im Bistum Mbinga seien an Aids erkrankt. Viele Menschen ließen sich testen, doch seien sie nicht auf den Umgang mit der Krankheit vorbereitet. „Die Menschen müssen aufgefangen werden.“ Insgesamt waren sich die Gäste aus Tansania einig, dass die Hilfe zur Selbsthilfe wichtig sei. „Die Menschen in Mbinga können sich so selbst versorgen und dann voneinander lernen.“ Als gelungenes Beispiel nannte der Caritaschef die Landwirtschaftsmesse, die jährlich in Mbinga stattfinde. Dort präsentierten die Kleinbauern aus den Dörfern ihr Können und lernten vom Wissen der anderen – von der Kompostherstellung über das Konservieren von Früchten bis hin zum Kampf gegen die Erosion.
Sichtlich beeindruckte Caritasdirektor Ndunguru die Vielfalt der Caritas in Deutschland. Den über 900 Einrichtungen in der Diözese Würzburg, die dem Caritasverband angeschlossen sind und über 13.000 Personen hauptamtlich beschäftigen, steht in seiner Diözese eine junge Caritasstruktur mit zehn hauptamtlichen Mitarbeitern gegenüber. Hatte Ndunguru zum Abschluss seines Aufenthalts zunächst Würzburgs Caritasdirektor Pfriem und den Sankt Markushof des Caritas Don-Bosco Werks in Gadheim besucht, so beendete er seine Visite im Haus für Kinder Sankt Hildegard in Würzburg und in der benachbarten gleichnamigen Fachakademie, in der Erzieherinnen ausgebildet werden. Dass selbst Kinder unter einem Jahr schon in Kindertagesstätten betreut werden, konnte der Gast aus Tansania kaum fassen. Kreativangebote wie Werken, Kunst und Musik, die Kindern in Deutschland geboten werden, quittierte er mit einem ungläubigen Kopfschütteln. „Ihr macht so viel für die Menschen“, lautete sein spontaner Kommentar, als er die Würzburger Wärmestube und die Bahnhofsmission besuchte. Dass es arme, einsame und vor allem obdachlose Menschen in Deutschland gibt, die hier Hilfe finden, fiel ihm schwer zu glauben angesichts des Reichtums und der vielen Autos auf Würzburgs Straßen.
Burkhard Halbig, Pflegedienstleiter der Caritas-Sozialstation Sankt Franziskus, erklärte Ndunguru das System der ambulanten Krankenpflege. Einsame alte Menschen, gepflegt von fremden Personen und nicht von der eigenen Familie: das war für den tansanischen Caritaschef schwer nachvollziehbar. Warum die Familien das nicht selber übernähmen, wollte er wissen. „Was ist, wenn alleinstehende Personen sterben, wer kümmert sich um sie?“ In seinem Heimatbistum Mbinga lebten die Familien zusammen, die Generationen hülfen sich gegenseitig und benötigten keinen Hebelifter, Rollator oder andere Hilfsmittel im Bad. Ein Besuch im Caritas-Seniorenzentrum Sankt Thekla zeigte ihm die vielfältigen Möglichkeiten der stationären Altenbetreuung. „Wer bezahlt das alles?“, lautete seine mehrfach gestellte Frage. Das deutsche System der Mischfinanzierung aus öffentlichen Mitteln, Kirchensteuern, Tagessätzen der Kranken- oder Pflegeversicherungen und privaten Leistungen gibt es in afrikanischen Ländern nicht.
Den Abschluss der Caritastour bildete ein Besuch in der Fahrradwerkstatt des Erthal-Sozialwerks. Die Idee, mit dem Verkauf und der Reparatur von Fahrrädern Geld zu verdienen und damit gleichzeitig psychisch kranken Menschen Arbeit zu geben, fand der tansanische Caritaschef hervorragend. „Ein solches Geschäft könnten wir auch gut in Tansania brauchen.“ Werkstattleiter Hermann Lutz hätte er am liebsten sofort mit einer Grundausstattung an Rädern und Ersatzteilen mitgenommen. Und auch die Fahrradwaschanlage fand er sehr praktisch. Der rote Staub tansanischer Straßen würde ihr sicherlich eine rege Auslastung bescheren.
bs/lh (POW)
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