Würzburg (POW) Die Neumünsterkirche im Herzen Würzburgs erstrahlt in neuem Glanz. Nach zweijährigen Renovierungsarbeiten wird die für die ganze Diözese Würzburg bedeutsame Grabeskirche der Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan am Hochfest des heiligen Johannes, Mittwoch, 24. Juni, wieder geöffnet. Bei einem Pontifikalamt um 18 Uhr weiht Bischof Dr. Friedhelm Hofmann den neuen Altar. Der Innenraum des Gotteshauses wurde von 2007 bis 2009 mit einem Kostenaufwand von rund vier Millionen Euro umfassend renoviert und neukonzipiert. Unter Leitung von Bau- und Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen verfolgte die Renovierung das Ziel, den Eindruck des barocken Innenraums mit Hilfe zeitgenössischer Kunst wiederherzustellen. Bei einer Presseführung am Freitag, 19. Juni, stellten Bischof Hofmann, Domkapitular Lenssen und Dompfarrer Dr. Jürgen Vorndran die rundum erneuerte Kirche vor.
Bischof Hofmann bezeichnete das Neumünster als Herzstück der Missionierung Frankens. Viele Heilige aus der Kirchengeschichte seien in dieses als Wegkirche konzipierte Gotteshaus hineingenommen – bis in die heutige Zeit. So weist beispielsweise das Grab des 1942 im Konzentrationslager Dachau gestorbenen Pfarrers Georg Häfner neben den Gebeinen der Frankenapostel aus dem 7. Jahrhundert in der Gruft des Neumünsters auf die jahrhundertelange Tradition der Glaubenszeugen im Bistum Würzburg. Nach den Worten des Bischofs zeigt die neu aufgenommene zeitgenössische Kunst, dass heute die Auseinandersetzung im Glauben ein ganz wichtiges Anliegen ist. „Ich hoffe, dass die Gläubigen im Bistum Würzburg stolz sein werden auf dieses erneuerte Gotteshaus.“ Besonders dankte Bischof Hofmann Domkapitular Lenssen und dessen Mitarbeiter: „Die erneuerte Neumünsterkirche ist das Lebenswerk Dr. Lenssens.“
Dieser betonte, mit der Neukonzeption des Innenraums und der Einbindung zeitgenössischer Kunst werde die großartige theologische Konzeption aus dem 18. Jahrhundert noch verstärkt. „Alles ist ausgerichtet auf den Altar im Chorraum.“ Das Gotteshaus trage der starken Verbundenheit im Bistum Würzburg mit dem heiligen Kilian und seinen Gefährten Rechnung und sei vor allem ein Angebot für die Individualfrömmigkeit. Auf Grund des maroden Zustands – nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Neumünster mit sehr beschränkten Mitteln erneuert – habe die Renovierung viele Sorgen mit sich gebracht. Gefreut hat man sich nach Lenssens Worten über eine Entdeckung während der Renovierungszeit: Das Bodenniveau im Langhaus ist im 18. Jahrhundert um 1,20 Meter erhöht worden. Zuletzt wenig beachtete Räume habe man mit zeitgenössischer Kunst wie Michael Morgners Retabel „Golgotha“ und Ben Willikens Gemälde in den Kapellen des Eingangsbereichs aufgewertet.
Beim Gang durch die erneuerte Neumünsterkirche findet der Besucher Vertrautes und Neues: das Schmerzensmannkreuz aus der Zeit um 1350 und die Riemenschneidermadonna aus dem Jahr 1493 an alter Stelle, darüber das Kuppelfresco von Nikolaus Stuber aus dem Jahr 1736 mit dem Heiligenhimmel in neuer Pracht. Dazwischen weisen vier zeitgenössische Werke von Markus Fräger auf die Propheten Jeremia, Jesaja, Ezechiel und Daniel. Den Gang im Langhaus gliedern Bibelpult und Taufstein von Jürgen Lenssen und der Osterkerzenleuchter von Herbert Mehler. Zwei ehemalige Pfeileraltäre des Domes aus dem Jahr 1793 mit Bildern von Oswald Onghers von 1659 schmücken die beiden Seitenwände in der Vierung. Zwei Reliquienschreine und Gemälde zu den „Fällen Jesu“ um 1650 begleiten den Besucher im vorderen Langhaus. An den Hochschiffwänden hängen acht zeitgenössische Gemälde von Thomas Lange mit Szenen aus dem Johannesevangelium. Im Chorbogen darüber hat das Echthaarkruzifixus aus der Zeit um 1470 wieder seinen Platz gefunden.
Altar, Ambo, Standkreuz, Sedilien, Altarkreuz, Leuchter, Konsolen und Bänke entwarf Jürgen Lenssen. Wieder errichtet wurde die rechte Treppe zum Hochchor, neben den Büsten der Frankenapostel. Der gesamte Innenraum führt hin zum Sakramentsaltar im Hochchor, den Johann Georg Winterstein 1778 schuf. Beherrschendes Motiv ist die Apokalypse des Johannes mit der Darstellung der apokalyptischen Frau und der Anbetung des Lammes. Die beiden Seitenaltäre hinter dem Chorgestühl sind der Gottesmutter Maria und den Apostels gewidmet. Zwei zeitgenössische Werke von Hann Trier sind ihnen gegenübergestellt. Wie schon im Eingangsbereich ist auch die Kreuzkrypta, die Sakramentskapelle, als Ort der Verehrung des Allerheiligsten durch eine Glaswand abgetrennt und zugleich einsehbar. In der stimmungsvoll gestalteten Kiliansgruft fällt schließlich der zeitgenössische „Triumphator“ von Michael Triegel besonders ins Auge, der mit dem Kilianssarg des achten Jahrhunderts und dem Schrein der Frankenapostel korrespondiert.
Für die Öffentlichkeit ist der generalsanierte und neu gestaltete Kirchenraum beim Weihegottesdienst am 24. Juni und dann ab Donnerstag, 25. Juni, zugänglich. Ab 9 Uhr gibt es alle halbe Stunde Führungen für maximal 25 Personen. Die letzte Führung findet um 18 Uhr statt. Die Karten sind im Vorverkauf im Museum am Dom erhältlich. Von 14 bis 17 Uhr finden Künstlerbegegnungen für Kinder im Museum am Dom statt. Um 19 Uhr gestaltet Domorganist Professor Stefan Schmidt ein Orgelkonzert mit Werken von Johann Sebastian Bach, Schumann und anderen. Domkapitular Lenssen liest lyrische Texte von Gertrud von le Fort. Um 20 Uhr finden Künstlerbegegnungen im Museum am Dom mit Musik statt. Bis Sonntag, 28. Juni, sind im Vorraum des Neumünsters der Aufsatzband über die Renovierung sowie der neue Kirchenführer erhältlich.
Am Freitag, 26. Juni, feiert um 9 Uhr die Dompfarrei Eucharistie im Neumünster. Um 10 Uhr schließt sich eine gebührenpflichtige öffentliche Führung an. Um 12.30 Uhr gestalten Professor Bernd Kremling und Domkapitular Lenssen eine mittägliche Reflexion mit Percussion. Weitere gebührenpflichtige öffentliche Führungen finden um 15 und 16 Uhr statt. Um 19.15 Uhr laden die Domsingknaben unter Leitung von Domkapellmeister Martin Berger bei freiem Eintritt zum Evensong mit Werken von Montiverdi, Schütz, Bruckner und Hummel ein.
Am Samstag, 27. Juni, um 10 Uhr lädt die Katholische Akademie Domschule zur Tagung „Wiederbelebte Geschichte – Zur Wiedereröffnung des Neumünsters, zur Stifts- und Baugeschichte sowie zu den gemachten Funden“ ein. Nähere Informationen unter Telefon 0931/38664500, E-Mail info@domschule-wuerzburg.de. Um 19.30 Uhr erklingt im Neumünster geistliche Harfenmusik mit Texten des irischen Mönchtums. Am Sonntag, 28. Juni, um 11.30 Uhr gestaltet Professor Bernd Kremling den musikalischen Teil des Künstlergottesdiensts mit Domkapitular Lenssen. Bischof Hofmann feiert am Montag, 29. Juni, um 9 Uhr einen Pontifikalgottesdienst zum Wiederbeginn der Eucharistischen Anbetung in der Kreuzkrypta der Neumünsterkirche.
Von Montag, 29. Juni, bis Samstag, 4. Juli, finden jeweils um 19.30 Uhr gebührenpflichtige öffentliche Führungen für maximal 25 Personen statt. Karten sind im Vorraum des Neumünsters erhältlich. In der Kiliani-Oktav zwischen 5. und 12 .Juli finden diese Führungen jeweils um 13.30 Uhr statt. Für die Zeit von Montag, 29. Juni, bis Samstag, 4. Juli, sowie von Montag, 6. Juli, bis Samstag, 11. Juli, können zusätzliche Führungen für Gruppen im Museum am Dom bestellt werden: Telefon 0931/38665600, E-Mail museen@bistum-wuerzburg.de.
Die Neumünsterkirche in Würzburg gilt als Urstätte des Christentums in Franken, als ehrwürdigste Stätte des Frankenlands. Sie wurde an jener Stelle errichtet, wo 689 die Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan um ihres Glaubens willen getötet und ihre Gebeine zunächst heimlich verscharrt wurden. Die Gebeine ruhen heute in der Kiliansgruft der Neumünsterkirche. Im 8. Jahrhundert entstand am Ort des Martyriums der Frankenapostel – nach älteren Forschungen – die erste Würzburger Kathedrale, der Salvatordom. Neuere Forschungen sprechen von der Errichtung eines Memorialbaus in der Karolingerzeit an der Stelle des Neumünsters. Nach dem Neubau des Doms in unmittelbarer Nachbarschaft wurde unter Bischof Adalbero im 11. Jahrhundert das „neue Münster“ als romanische Pfeilerbasilika errichtet. Seit dem 18. Jahrhundert zeigt sich das Neumünster als monumentale, kuppelüberwölbte Barockkirche. Baumeister des Umbaus von 1711 bis 1721 war Josef Greißing. Die weitere Ausgestaltung des Innenraums dauerte bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts. 1803 wurde das Stift säkularisiert. 1908 wurde das Gotteshaus zur Pfarrkirche. Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 verbrannte fast die gesamte Innenausstattung. 1948 wurde das Neumünster zur Bischofsweihe von Julius Döpfner notdürftig erneuert, 1952 innen komplett saniert. Nach dem Wiederaufbau diente die Neumünsterkirche bis 1967 als Kathedrale der Diözese Würzburg. Von 1983 bis 1985 wurde die Westfassade restauriert. Schließlich wurde der Innenraum von 2007 bis 2009 restauriert und neu konzipiert.
(2609/0726; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Fotos (auch von der Neumünsterkirche vor der Renovierung) abrufbar im Internet