Am 8. Februar sind die Malteser aus der Diözese Würzburg mit ihrer Sozialküche in Sankt Petersburg seit 15 Jahren präsent. Über 500 Essen werden täglich ausgegeben. Die Hilfe für Arme, Rentner, Behinderte, Obdachlose und kinderreiche Familien ist weiterhin dringend notwendig.
Die „Uliza Tschaikovskogo“ liegt mitten im Zentralbezirk, nicht weit vom kilometerbreiten und Sankt Petersburg prägenden Fluss Newa entfernt. Die Hausnummer 81 in dieser Straße lässt nicht sofort das größte Malteserprojekt in der Stadt vermuten. Erst durch die Toreinfahrt des Häuserblocks, dann in den Hinterhof: An einem bescheidenen Nebeneingang hängt das achtspitzige Malteserkreuz und weist auf die Sozialküche hin. Seit 1992 besteht das von den Würzburger Maltesern initiierte und finanzierte Projekt. 140.000 Euro müssen sie jährlich aufbringen, 105.000 Euro sind Spendengelder. Räume, Strom, Wasser und Brot stellt die Bezirksverwaltung. „Die Finanzierung steht jedes Jahr auf Messers Schneide, und unsere knappen Mittel lassen keine großen Sprünge zu“, sagt Würzburgs Malteser-Diözesangeschäftsführer Herbert Kiesel nicht ohne Sorge. Die Küche schließen zu müssen – das wäre für ihn ein Albtraum.
Bierzeltgarnituren, ein großes Banner des deutschen Malteser-Hilfsdienstes an der Wand, eine kleine Malteser-Fahne mit russischer Aufschrift gegenüber, Kreuz und Klavier: die Einrichtung der Sozialküche der Malteser ist bescheiden. Rund 510 Menschen erhalten hier derzeit fünfmal pro Woche eine warme Mahlzeit: zum Beispiel Hähnchen mit Reis oder Eintopf mit Wurst. Für das Wochenende gibt es ein Lunchpaket. Rund 300 Bedürftige essen in der Sozialküche, über 200 holen die Mahlzeiten ab. Dreimal pro Jahr dürfen sie jeweils einen Monat lang die Hilfe der Malteser nutzen. Das städtische Sozialamt und die Kirchen bestimmen, wer Essensmarken erhält. „Die Menschen akzeptieren, wenn sie nach einem Monat wieder gehen müssen“, sagt Küchendirektorin Raissa Guseirova.
„Wir werden hier nicht nur ernährt, sondern können uns auch wärmen“, erzählt der alte Mann mit der roten Jacke, während er den Eintopf isst. Die 66-jährige Arma hatte vor zehn Jahren einen Schlaganfall und kommt immer wieder in die Malteserküche. Ihre Rente liegt unter 2000 Rubel, knapp 50 Euro, obwohl sie früher als Krankenschwester arbeitete. Das Existenzminimum ist auf 2395 Rubel festgelegt. 30 Prozent der Rentner im Sankt Petersburger Zentralbezirk erhalten eine Rente unter dieser Marke, rund 17.000 Menschen. Den fehlenden Betrag zum Existenzminimum gibt ihnen der Staat. Doch was sind 70 Euro im Monat: zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. „Die alleinstehenden alten Menschen sind das große Problem unserer Stadt“, sagt Bezirksbürgermeisterin Schtukova. „Die Sozialküche der Malteser ist oft die einzige Rettung.“ Solange es noch so viele Arme und Hilfsbedürftige in Sankt Petersburg gebe, seien die Menschen für die Hilfe aus Deutschland sehr dankbar.
Die Zukunft der Malteserküche: Im Büro der Bezirksbürgermeisterin Svetlana Schtukova wird sie klar angesprochen. „Wir wissen, dass unsere Stadt irgendwann das Projekt übernehmen muss“, sagt Schtukova. Doch sei der Zeitpunkt noch weit entfernt. „Wenn unsere Wirtschaft saniert ist, dann kommt die Zeit, Unterstützer zu suchen“, betont die Bürgermeisterin. Und der Leiter des 1998 gegründeten Malteser Hilfsdienstes Sankt Petersburg, Michael Kalashnikov, ergänzt: „Wir hoffen, dass die russische Gesellschaft irgendwann zu Werten wie die Wohltätigkeit der Reichen zurückkehrt.“
Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, davon ist der erfahrene russisch-orthodoxe Priester der bedeutenden Sankt Petersburger Fürst-Vladimir-Kathedrale, Vladimir Sorokin, überzeugt. „Unsere Gesellschaft ist sehr krank. Die Menschen sind wie Sklaven, die auf Anweisungen von oben warten und von Angst durchdrungen sind“, sagt Sorokin, der Mitglied des Aufsichtsrats der Malteserküche ist. Deshalb sei es auch sehr schwierig, Solidarität zu erwarten. Viele Menschen gingen davon aus, dass sich schon irgendjemand um die anderen kümmere. Das Verantwortungsgefühl für die Schwachen fehle. „Unsere Menschen suchen immer jemand anderen, der für sie Verantwortung trägt, aber nicht sie selbst. Das ist die schreckliche Psychologie des sowjetischen Menschen.“
Sorokin selbst sieht die soziale Initiative einer römisch-katholischen Organisation in Russland sehr positiv. „Die Sozialküche der Malteser ist eine gewaltige Hilfe. Sie hilft konkret.“ Wenn er von orthodoxer Seite wegen der Zusammenarbeit mit den Maltesern kritisiert werde, weise er immer auf die Küche hin: „Wenn Ihr es besser machen könnt, dann macht es!“ Anfragen der Kritiker würden dann von selbst verschwinden.
Eine Anfrage stellen auch die Menschen, die in die Sozialküche der Malteser kommen: Arma und die anderen Rentner, die Armen und Behinderten. Sie können es nicht verstehen, weshalb sich Menschen im fernen Deutschland um so unwichtige und kleine Leute in Sankt Petersburg kümmern. „Das ist für uns unglaublich!“ Doch seien sie voller Dank für die Hilfe. „Danke, dass Sie uns aus Deutschland helfen!“, sagt Arma für die vielen, die in die Küche kommen. Der sehbehinderte 21-jährige Anton fügt hinzu: „Wir brauchen die Hilfe weiterhin und hoffen, dass Sie diese auch künftig leisten können.“
Weitere Informationen zur Sozialküche der Malteser: Malteser Hilfsdienst e.V., Diözesangeschäftsstelle Würzburg, Mainaustraße 45, 97082 Würzburg, Telefon 0931/4505101, Fax 0931/4505199, Spendenkonto: Ligabank Würzburg, Bankleitzahl 75090300, Kontonummer 103007057, Kennwort „St. Petersburg Sozialküche“.
Bernhard Schweßinger (POW)