Die Zeit der Veröffentlichung der neuen Enzyklika unseres Heiligen Vaters über die Hoffnung „Spe salvi“ – „Gerettet durch Hoffnung“ an der Schwelle zwischen zwei Kirchenjahren ist mit Bedacht gewählt. Die Kirche zeigt uns in den Texten der Liturgie gerade in diesen Tagen den Grund und das Ziel unserer Hoffnung, nämlich Jesus Christus selbst. Seine Menschwerdung ist der Grund unserer Hoffnung, dies feiert die Kirche an Weihnachten. Der Weg des Advents bereitet auf diese Feier vor. Jesus Christus selbst ist als der wiederkehrende Richter und wahre König dieser Welt zugleich das Ziel unserer Hoffnung auf Vollendung, nie endendes Glück und ewiges Leben. Dies macht das Hochfest Christkönig deutlich, das wir am vergangenen Sonntag gefeiert haben.
Das Fest des Heiligen Apostels Andreas, an dem der Heilige Vater seine Enzyklika der Öffentlichkeit übergeben hat, ist weiterhin ein Zeichen einer ganz konkreten Hoffnung unseres Papstes: Die Hoffnung auf Dialog, Versöhnung und Ökumene mit der Orthodoxie, die in besonderer Weise den Apostel Andreas verehrt, gilt doch der Patriarch von Konstantinopel als dessen Nachfolger, wie der Papst Nachfolger des Heiligen Apostels Petrus ist.
Der erste Satz und damit auch das Motto der Enzyklika ist dem Römerbrief des Heiligen Apostels Paulus entlehnt. Subtil verweist Papst Benedikt damit zugleich auf das Paulusjahr, das aus Anlass des 2000. Jahrestags der Geburt des Völkerapostels zwischen Juni 2008 und Juni 2009 gefeiert werden wird. Ist es doch gerade Paulus, der in seinem Ersten Brief an die Korinther das Aufeinanderbezogensein von Glaube, Hoffnung und Liebe in bedeutende Worte fasst.
Christliches Leben ist immer Leben aus der Hoffnung, denn eine verlässliche Hoffnung lässt die Gegenwart, auch die mühsame Gegenwart, wie der Heilige Vater schreibt, bewältigen (vgl. SS 1). Ausgehend von der Heiligen Schrift erschließt der Papst das christliche Zentralwort „Hoffnung“, die konkret Hoffnung auf das ewige Leben und die Vollendung des Lebens bei Gott ist. Dies ist etwas anderes als ein purer Fortschrittsglaube und Fortschrittsoptimismus, der meint, eine bessere Zukunft ganz allein und selbst gestalten zu können. Wir Christen erwarten die Erfüllung unserer Hoffnung nicht aus unserem eigenen Vermögen und aus unserer eigenen Leistung. Die Erfüllung unserer Hoffnung kommt uns vielmehr von Gott her entgegen. Deshalb dürfen wir dafür offen sein und sie annehmen. Deshalb brauchen wir auch keine Angst vor der Zukunft zu haben. Es ist beeindruckend zu lesen, wie der Heilige Vater ganz persönliche Lebenszeugnisse von heutigen Christen schildert, die in extrem schweren Lebenssituationen Hoffnung aus dem Glauben als rettend erfahren haben. Hier wird die akademische Gedankenentfaltung geerdet und berührbar.
In diesem Zusammenhang thematisiert Papst Benedikt auch die Grundzüge der christlichen Eschatologie, der Lehre von den Letzten Dingen. Der Eschatologie hatte er bereits als Professor einen bedeutenden Band gewidmet. Es wird deutlich, dass die Erfüllung der Hoffnung von Gott her geschenkt wird. Zugleich ist diese Erfüllung der Hoffnung kein Automatismus. Die Hoffnung geht nicht am Tun und am Leiden der Menschen vorbei, sie umgeht nicht das Gericht. Die Erfüllung der Hoffnung, die Gott schenkt, nimmt das Leben eines jeden Menschen ernst.
Die ausgewählten Heiligen, dabei besonders der Heilige Augustinus, der gewissermaßen der Kronzeuge des Papstes ist, sind für uns Vorbilder und Beispiele für ein Leben aus der Hoffnung. Sie machen diese Enzyklika konkret, lesens- und liebenswert und vor allen Dingen lebbar. Hoffnung ist so kein abstraktes Prinzip, sondern eine personale Größe. Sie hat ihren Grund in Jesus Christus. Die Heiligen sowie die Zeitzeugen zeigen, wie diese Hoffnung gelebt werden kann. Zum Schluss lenkt er den Blick auf Maria, den Stern der Hoffnung. Sie leuchtet im Licht Christi selbst den Menschen, die unterwegs sind zur Vollendung. Sie zeigt dabei auf dem bisweilen dunklen und stürmischen Meer der Geschichte und des Lebens die Richtung an. Sie lehrt im Leben, in der Freude und im Leiden zu hoffen, zu glauben und zu lieben (vgl. SS 50). So wird die christliche Grundhaltung der Hoffnung, die alles von Gott her ersehnt, konkret und lebbar.
Die neue Enzyklika thematisiert nach der Enzyklika „Deus caritas est“ eine zweite der drei Göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe. Es ist zu erwarten, dass die nächste Enzyklika des Papstes die göttliche Tugend des Glaubens thematisieren wird. Wir dürfen gespannt sein, was der Heilige Vater hierzu schreiben wird und vor allem, wie er es schreiben wird.
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