Glauben heißt „nichts wissen“ - diese Weisheit wird oft und gerne auf das Bekenntnis „ich glaube“ geantwortet.
Da möchte ich an ein Jubiläum in diesem Jahr erinnern: Es ist genau 1700 Jahre her, dass sich christliche Würdenträger in Nikaia, einem Ort ganz in der Nähe des heutigen Istanbul, getroffen haben um über den christlichen Glauben zu diskutieren und offene Fragen diesbezüglich zu klären. Das Ergebnis ist ein Text, den wir heute als unser Glaubenbekenntnis kennen.
Viele Fragen sind damals aufgeworfen worden. Ist Gott einer - oder doch mehrere? Immerhin redet Jesus ja Gott an als seinen Vater und fühlt sich am Kreuz von ihm verlassen. Ist Jesus Mensch oder Gott - oder beides? Und vor allem: Wie soll man sich das vorstellen?
„Glauben heißt nichts wissen“ - das ist wahrscheinlich die Antwort, die auf diese Fragen gegeben werden muss.
Und trotzdem „beten“ seit nun 1700 Jahren die Christen einen Text, in dem sie den christlichen Glauben an Gott in Worte fassen. Sie sprechen von dem einen Gott, der in vielfältiger Weise uns Menschen begegnen will und kann. Sie sprechen vom Vater, der die Welt erschaffen hat. Und dieses Bekenntnis hat sich verändert mit unserem Blick auf die Welt und unserem Wissen von der Welt. Obwohl wir immer noch den gleichen Text sprechen, ist das Bild, das wir dabei in unseren Gedanken malen, ein anderes, weil wir auf eine andere Welt schauen als die Menschen der Antike.
Der Text spricht von Jesus Christus, den Sohn Gottes, ja den Mensch gewordenen Gott. Wir sprechen von dem Geheimnis, dass Gott selbst in der Welt bei den Menschen seinen Platz gesucht und gefunden hat. Der Text spricht auch vom Geist Gottes, den Beistand, den Jesus seinen Jüngern versprach. Dieser Geist - so bekennen wir - ist immer und überall zugegen und verbindet uns mit Gott.
Dieser Text spricht aber auch von der Gemeinschaft der Christen, der Kirche. In der deutschen Übersetzung bietet dieser Teil einen Stolperstein. Die Eigenschaften dieser Gemeinschaft kennen in ihrer Mitte auch den Begriff „katholisch“, was nicht leicht ins Deutsche zu übersetzen ist, am ehesten noch mit „allumfassend“. Gleichzeitig ist es die Bezeichnung einer der Konfessionen, was viele über diesen Begriff stolpern lässt. Manchmal denke ich, dass das so sein muss. Denn dadurch werden die Betenden immer daran erinnert, dass der christliche Glaube an Gott nicht einfach in einen Text eingesperrt werden kann und dann für alle Zeit gilt.
Es geht nicht darum, dass wir Gott erklären können. Es geht darum, dass wir zu diesen Gott eine Beziehung finden. Und die kann für jeden ganz unterschiedlich aussehen. Gott findet für jeden von uns einen Weg, wie er zu uns kommt. Wir müssen unseren Weg suchen, wie wir zu ihm kommen. Und dieser Weg ist spannend.
Gerhard Hanft
Pfarrer im Pastoralen Raum Gemünden