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„Ich hoffe auf ein Mehr an Miteinander“

Interview mit Dekan Hermann Becker zur Situation im Dekanat Lohr am Main angesichts der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften

Lohr am Main/Marktheidenfeld (POW) Das Dekanat Lohr am Main zählt rund 44.000 Katholiken und umfasst das Gebiet rund um die beiden Städte Marktheidenfeld und Lohr. 27 Pfarreien, elf Kuratien und elf Filialen gehören zu dem Seelsorgebezirk im Herzen des Spessarts. Bis 2010 sollen elf Pfarreiengemeinschaften errichtet werden. In folgendem Interview spricht Dekan Hermann Becker (Marktheidenfeld) über den aktuellen Stand der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Lohr am Main, über die Mitwirkung von Ehrenamtlichen und über Aufgaben in den zentralen Orten.

POW: Wie würden Sie den aktuellen Stand des Prozesses der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Lohr am Main umschreiben?

Dekan Hermann Becker: Wir sind auf dem Weg. Die ersten Pfarreiengemeinschaften sind errichtet: Frammersbach-Partenstein-Habichsthal und Erlenbach-Triefenstein. Andere stehen kurz davor wie Haseltal-Himmelreich (Kreuzwertheim und Umgebung), bei anderen muss noch viel geklärt werden. Die meisten Pfarreien arbeiten aber schon länger zusammen. Bei ihnen muss noch die Vereinbarung fest umschrieben werden. Wiesthal-Krommenthal-Neuhütten gehörten schon lange zum Pfarrverband Hochspessart, sie bilden jetzt mit Heigenbrücken und Wiesen eine Pfarreiengemeinschaft. Marienbrunn und Urspringen haben per Abstimmung selbst entschieden, wohin sie künftig gehören möchten.

POW: Wo liegen die besonderen Probleme, wo die besonderen Chancen in Ihrem Dekanat?

Becker: Von Ruppertshütten bis Hasloch ist die Entfernung sehr groß. Dass da die Menschen nicht viel miteinander zu tun haben, liegt auf der Hand. Der Landkreis Main-Spessart setzt sich aus ehemals vier selbständigen Landkreisen und Dekanaten zusammen. Er hat entsprechend vier Kleinzentren, die miteinander konkurrieren und sich nur schwierig vereinen lassen. Dazu sind viele Menschen in die umliegenden Städte wie Wertheim, Würzburg und auch Aschaffenburg orientiert. Relativ günstig ist die Arbeitsplatzsituation auch dank der großen Firmen, die im Gebiet des Dekanates angesiedelt sind. Mit Mariabuchen, Kloster Neustadt und Burg Rothenfels haben wir geistliche Zentren, die viele Menschen anziehen und in die Umgebung ausstrahlen. Vor allem „auf die Buch“ pilgern viele Einzelpersonen wie Gemeinden auch aus dem Dekanat, dort findet jährlich unsere Dekanatswallfahrt statt. Dazu kommt Kloster Triefenstein, das seit 20 Jahren von der evangelischen Brüdergemeinschaft der „Christusträger“ wieder besiedelt und renoviert wird. Es sind spirituelle Ruhepunkte ganz in der Nähe. Hier können suchende Menschen finden, was in vielen Gemeinden nicht oder nicht mehr möglich ist.

POW: Im Dekanat Lohr gibt es viele kleine Gemeinden. Was ist wichtig, damit in diesen Orten Kirche lebendig bleibt?

Becker: In den Versammlungen des Dekanatsrats erlebe ich oft Begeisterung und Bereitschaft, Kirche vor Ort zu gestalten. Es braucht die Ermutigung und Befähigung von Laien, Aufgaben anzupacken wie Besuchsdienste, Ministrantenarbeit, Wortgottesdienste leiten und vieles mehr. Aber nicht in jeder Gemeinde kann es noch das blühende Leben geben – dazu fehlen oft die Gläubigen, dazu fehlen aber auch die fähigen und bereiten Menschen. Nicht in jeder Gemeinde muss und kann es alles geben. Vielfach geschieht zum Beispiel schon die Vorbereitung auf die Erstkommunion an einem zentralen Ort, die Kinder feiern aber in ihren Gemeinden den Weißen Sonntag.

POW: Welche kirchlichen Aufgaben müssen künftig zentral in den großen Orten Lohr und Marktheidenfeld angesiedelt sein?

Becker: In der Tat ist das Dekanat in einen Nord- und einen Südteil aufgegliedert, entsprechend der alten Dekanats- und Landkreisgrenzen. In Lohr und Marktheidenfeld sind die Schulen angesiedelt – das heißt im Bereich Schulpastoral kann noch Vieles aufgebaut werden; in die Städte kommen die Menschen zum Einkaufen und gehen zum Arzt – Angebote einer Art „Cityseelsorge“ gäbe es zu entwickeln; hier sind die Krankenhäuser und größeren Altenheime – mit dem Bedarf an Seelsorgern und Seelsorgerinnen für diese Einrichtungen; die Ausbildung von Organisten geschieht schon in den Städten, weitere Schulungen für Katecheten, für Glaubenskurse werden für eine Region wichtiger werden. Nicht zu vergessen ist das Diözesanbüro für das ganze Gebiet von Main-Spessart mit Sitz in Lohr, das hervorragende Arbeit leistet und unverzichtbar geworden ist.

POW: Im Dekanat Lohr wirken noch zahlreiche Ordensgemeinschaften. Welche Bedeutung haben sie in veränderten Seelsorgestrukturen?

Becker: Die noch anwesenden Ordensgemeinschaften sind überaltert. Sie wirken weitgehend durch ihre Präsenz. Eine Ausnahme sind die Franziskaner in Mariabuchen, die die Wallfahrtsseelsorge aufrechterhalten. Nach schon beschlossener Auflösung konnte das Kloster wieder mit Patres aus Polen besetzt werden, die nun sehr gute Arbeit machen. Sie sind Anlaufstation für Hochzeiten und besondere Gottesdienste, viele kommen zur Beichte und zu Konzerten. Dies geschieht in Absprache mit den umliegenden Pfarreien und bildet eine Ergänzung zu deren Angeboten.

POW: Welche Visionen von Seelsorge für das Dekanat haben Sie?

Becker: Zunächst wäre ich schon froh, wenn alle geplanten Seelsorgerstellen einschließlich der pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich besetzt würden. Dass Lohr eineinhalb Jahre keinen Pfarrer hat, ist ein unerträglicher Zustand. Da kommen erst mal keine Visionen, sondern Ärger. Während dann der eine Pfarrer kommt, geht ein anderer, und schon ist wieder eine Lücke. Immer mehr Mitbrüder weigern sich, noch eine zusätzliche Pfarradministration zu übernehmen – aus gutem Grund, denn wie soll man diese Aufgabe zufriedenstellend meistern, wenn man eh schon genug zu tun hat? Da muss sich mehr ändern als nur Strukturen. Ich hoffe auf die Mitwirkung von Ehrenamtlichen, die gerne mit Menschen zu tun haben und ihre Fähigkeiten einbringen wollen. Ich hoffe, dass sie Ermutigung erfahren und ihr Dienst wertgeschätzt wird. Ich hoffe auf ein Mehr an Miteinander.

POW: Was möchten Sie am ersten Fastensonntag 2010 mit Blick auf das Dekanat Lohr sagen können?

Becker: „Auf geht’s.“ Die Pfarreiengemeinschaften können ja höchstens ein Etappenziel sein. Um bei den Menschen zu sein und zu bleiben, muss sich noch vieles ändern.

(0308/0088)