Würzburg (POW) Der Glaube ist die Antwort auf die vielen Situationen, die an Gott zweifeln lassen. „Auch in der Umgebung von Hass und Gewalt kann der Glaube wieder Ordnung in unsere Herzen bringen. Der Mariannhiller Missionar Pater Engelmar Unzeitig starb für diesen Glauben im Konzentrationslager Dachau. Als Gefangener setzte er sich für andere ein, bemühte er sich, anderen die Fesseln zu lösen, mit denen er selbst äußerlich gefangen war“, sagte Pater Dr. Hubert Wendl, Provinzial der Mariannhiller Missionare, bei seiner Fastenpredigt am Mittwochabend, 5. März, im Kiliansdom. „So wie Paulus im Gefängnis sitzt und weiterhin Kontakt mit seinen Gemeinden hält und das Evangelium verkündet, so gelang es auch Pater Engelmar immer wieder, im KZ Dachau über Verbote und Gefahren hinweg den Glauben zu verkünden und anderen beizustehen.“
Unzeitig wurde 1911 mit dem bürgerlichen Vornamen Hubert in Greifendorf im heutigen Tschechien geboren. Zu den Mariannhiller Missionaren kam er über das Remlinger Spätberufenenseminar der Kongregation. Nach dem Abitur trat er als Frater Engelmar in die Gemeinschaft ein. In Würzburg studierte er an der Universität und im Piusseminar Theologie und empfing am 6. August 1939 in der Mariannhiller Kirche die Priesterweihe. 1940 übernahm er die Seelsorge in der österreichischen Pfarrei Glöckelberg im Böhmerwald. Am 21. April 1941 wurde er wegen Äußerungen in Predigt oder Schulunterricht verhaftet und in Linz ins Gefängnis gesteckt. Sechs Wochen später wurde er ins KZ Dachau überführt.
„Es war für viele ein Leben in der Hölle auf Erden. Und dennoch rühmten Mithäftlinge Pater Engelmar wegen seiner Nächstenliebe.“ Unzeitig habe im Alltag des Konzentrationslagers, der von Schikanen und unmenschlichen Lebensbedingungen geprägt war, den Trost und die Freude des Glaubens verspürt. „Gerade diesen wollte er ja verkünden. Er spürte, dass das Evangelium nicht zu fesseln ist, sondern befreit.“ Besonders den russischen Mitgefangenen, die in der Lagerhierarchie ganz unten standen, habe seine Hauptsorge gegolten. Wenn seine eigenen Essenspakete nicht für alle Hilfebedürftigen reichten, habe Unzeitig auch bei seinen Mitbrüdern in der Priesterbaracke um Lebensmittel gebettelt.
„In seinen wenigen freien Minuten lernte er Russisch, um mit einigen russischen Gefangenen zu sprechen – was strengstens verboten war.“ Nur mit der Deckung des gesamten Priesterblocks sei es ihm möglich gewesen, einen russischen Katechismus zu erstellen und mit dessen Hilfe die Frohe Botschaft zu verkünden. „Sein Mitleid und seine Mitsorge waren aber nicht nur auf die Mitgefangenen im Lager begrenzt. Er wusste, was der Krieg in Deutschland angerichtet hat, und fragt in seinen Briefen immer wieder nach dem Befinden von Bekannten“, erläuterte Wendl. Es sei ein Zeichen großer Nächstenliebe, dass er als gedemütigter Gefangener im KZ beim Gebet nicht nur an sich selbst dachte, sondern andere mit einbezog.
Als im Januar 1945 eine Fleckfieberepidemie ausbrach und keiner mehr bereit war, einen Pflegeposten in den verseuchten Baracken zu übernehmen, meldet sich Unzeitig als einer von insgesamt zehn deutschen und zehn polnischen Priestern freiwillig. Sie übernahmen nicht nur die Pflege, sondern spendeten den Todkranken auch die Sakramente. Vom Priesterblock aus wurden sie durch den Stacheldrahtzaun um die improvisierte Quarantänestation hinweg mit Lebensmitteln, Kommunionen und Krankenölen versorgt. Am 2. März 1945 erlag Unzeitig der Krankheit, die er sich beim Dienst am Nächsten zugezogen hatte. Seine Urne ist in der Mariannhiller Kirche in Würzburg beigesetzt.
„Liebe verdoppelt die Kräfte, macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh. Freilich trifft auch sie die rauhe Diesseitswirklichkeit mit all dem Hasten und Jagen und mit dem ungestümen Wünschen und Fordern, mit ihrer Zweitracht und mit ihrem Hass wie ein beißender Frost, aber die Strahlen der wärmenden Sonne der Liebe des allgütigen Vaters erweisen sich doch stärker und werden triumphieren, denn unsterblich ist das Gute und der Sieg muss Gott bleiben“, schreibt Unzeitig in einem seiner letzten Briefe gleichsam als Vermächtnis.
(1108/0347; E-Mail voraus)
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