Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

In kleinen Schritten das Bewusstsein schärfen

Das ist unfair! Jeder von uns kennt die Erfahrung, ungerecht behandelt zu werden und wie schlimm sich das anfühlt. „Im Blick über den Kirchturm gibt es viel zum Himmel schreiendes Unrecht. Besser als zu jammern ist zu handeln,
und dazu gehört für mich als Christ und als katholischer Pfarrer die ideelle und praktische Unterstützung des fairen Handels", sagt Gerd Greier von der Pfarreiengemeinschaft Jesus – Quelle des Lebens in Bad Kissingen. Die unterfränkische Kurstadt ist frisch gekürte „Fairtrade Town“ und hat sich als 502. Kommune in Deutschland den Fairhandels-Standards verpflichtet. Bei Pfarreifesten wird zum Beispiel fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt, und Greier geht auch selbst als gutes Beispiel voran, ganz nach seinem Lieblingsmotto: Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern. „Auch im Pfarrhaus gibt es nur Fairtrade Kaffee. Er ist etwas teurer, aber so haben alle mehr davon, im wahrsten Sinn des Wortes.“  

20 in Unterfranken

Zurzeit gibt es in Unterfranken rund 20 Fairtrade-Städte und Gemeinden, auch die Domstadt Würzburg trägt das Siegel ebenso wie eine ganze Reihe von weiteren Orten in der Diözese. „Der Eine-Welt-Ansatz und die entsprechende Bildungsarbeit waren schon immer wichtig für mich. Ich habe mich immer ehrenamtlich engagiert und die Themen waren auch wissenschaftlich für mich von Bedeutung“, sagt Shiloe Mokay-Rinke, Eine Welt-Promotorin für Unterfranken des Eine Welt Netzwerks Bayern. „Ich habe durch meine Arbeit die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Menschen, Einrichtungen, Gruppen und Städten etwas zu bewirken und unseren Bezirk nachhaltiger, fairer, umweltbewusster und gerechter zu machen. Als Konsumenten haben wir viel Macht, was sehr häufig vergessen oder abgestritten wird. Wir setzen ein Zeichen bei jedem Einkauf und beeinflussen das Leben von Menschen sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern. Bio, regional und fair gehören zusammen“, ist die Politikwissenschaftlerin überzeugt. „Kein Einkauf ist zu wenig, keine Aktion zu klein, kein Gespräch zu kurz, um etwas zu bewegen. Jeder von uns kann unsere Welt ein Stück besser machen.“     Fair gehandelte Produkte, die über Missions- oder Weltläden verkauft werden, sich aber auch zunehmend in gut sortierten Supermärkten und Bioläden finden, dienen zweierlei: Einerseits sollen den Produzenten in den Entwicklungsländern faire Preise für ihre Arbeit auf Kakao-, Baumwoll- oder Bananenplantagen bezahlt werden, damit sie in ihrer Heimat menschenwürdig leben können. Andererseits werden mit den erwirtschafteten Geldern oft neue Projekte in den Erzeugerländern angekurbelt, die es noch mehr Menschen ermöglichen, faire Preise für ihre Waren zu erzielen. In vielen kirchlichen Projekten und Aktionen auch der Diözese Würzburg wird der Einsatz für Menschen in Entwicklungsländern konkret. Als Teil der Weltkirche ist das Bistum Würzburg mit Bistümern in Afrika und Lateinamerika partnerschaftlich verbunden.  

Verantwortung für das Ganze

„Wir alle haben Verantwortung für das Ganze. Global denken, lokal handeln ist meine Devise. Deshalb setzte ich mich nach meinen Möglichkeiten ein für bessere soziale und ökologische Standards bei der weltweiten Herstellung von Nahrungs- und Verbrauchsgütern. Der Faire Handel ist dafür ein wichtiger Baustein“, sagt Pfarrer Steffen Lübke von der ökumenischen Kur- und Rehaseelsorge in Bad Kissingen. Auch er und die evangelische Gemeinde der Stadt haben die Kissinger Bewerbung zur Fairhandelsstadt unterstützt und tun dies weiterhin. „Die Fairtrade Town macht es leichter, hier bei uns das Bewusstsein der Menschen zu schärfen für die Probleme, die unser Konsumverhalten andernorts auslöst.“   In der Diözese Würzburg ist Umweltbeauftragter Christof Gawronski zuständig für Projekte und Ideen rund um den Eine-Welt-Gedanken. „Jeder Mensch möchte gerecht behandelt werden – eine Grundvoraussetzung, um gut leben zu können. Das gilt natürlich auch beim Lohn“, sagt Gawronski. „Dabei ist es egal, ob es um den Kleinbauern in Afrika geht, einen Plantagenarbeiter in Südamerika, einen europäischen Milchbauern, einen Lehrer, einen Angestellten oder auch einen kirchlichen Mitarbeiter. Als Kirche muss es unser Anspruch sein, dass gutes Leben für alle möglich ist.“ Dass bei sozialen Aspekten da nicht Schluss sein dürfe, sondern dass die ökologische Seite in unmittelbarem Zusammenhang damit stehe, sei nicht erst seit der Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus klar. „Unsere Pfarreien und Einrichtungen haben einen nicht zu unterschätzenden Vorbildcharakter. Hier dürfte die Frage nicht lauten: Können wir es uns das leisten?, sondern vielmehr: Können wir als Kirche es uns leisten, nicht nach sozialen und ökologischen Kriterien zu handeln?"  

Nicht nur reden – handeln

Eine Welt-Arbeit und Eine Welt-Politik fangen im Kopf an, vor der eigenen Haustür, im eigenen Leben, im eigenen Land. Entscheidet sich eine Stadt, per Ratsbeschluss an der Kampagne Fairtrade Town teilzunehmen, müssen bis zum Erreichen des Siegels eine Reihe von Kriterien erfüllt werden (siehe Infobox). Die Kirchengemeinden als Teil der Zivilgesellschaft spielen dabei eine wichtige Rolle. So gab es in Bad Kissingen unter anderem Aktionen von Firmlingen, die nach Gottesdiensten Produkte aus dem Weltladen verkauften oder ein Quiz beim Pfarrfest der Pfarrei St. Elisabeth rund um den Anbau von Kakaobohnen in Peru. Zu gewinnen gab es drei Präsentkörbchen mit allerlei fair Gehandeltem. Bereits zum dritten Mal fand im Rahmen der sogenannten Fairen Woche ein ökumenischer Gottesdienst statt.    „Es kann in der Kirche viel von Gerechtigkeit gesprochen werden, wenn sie nicht ins Handeln kommt, bleibt die Rede leer. Die Glaubwürdigkeit der Kirche hängt daran, ob sie es vermag, aus Worten Taten werden zu lassen. Und wie ich meine, ist der faire Handel eines der wichtigsten Zeugnisse dafür in den letzten Jahrzehnten“, sagt Günter Kirchner, ehemals Regionaljugendseelsorger in Schweinfurt, das ebenfalls Fairtrade Town ist. „Der Verkauf von fair gehandelten Produkten wie Kaffee, Tee oder Schokolade nach Gottesdiensten durch viele in der Kirche Engagierte haben zu einer Erfolgsstory beigetragen, die es bis in den Einzelhandel geschafft hat.“  

Gutes Gewissen

Kirchner ist seit diesem Jahr Einrichtungsleiter im Würzburger Haus Wirbelwind der Schwestern des Erlösers. Auch dort ist der Einsatz für fairen Handel konkret: „In allen unseren Einrichtungen inklusive des großen Josefskrankenhauses wird ausschließlich fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt. Wir bieten unseren Gästen ein kleines Sortiment an Süßem und fairen Knabbersachen an, die auch gerne angenommen werden. Im Haus Wirbelwind sitzen sozusagen die afrikanischen Schwestern des Erlösers immer mit am Tisch. Die Menschen in den Herkunftsländern von Kaffee, Tee, Kakao und mehr sind uns nicht fremd. Faire Handelsbeziehungen sind ein wichtiger Baustein für eine gerechte, friedliche Welt. Wer heute Fluchtursachen bekämpfen will, kann damit unter anderem auch beim täglichen Einkauf damit beginnen.“   Jetzt ist eine nahezu ideale Zeit dafür, denn Lebkuchen, Spekulatiusgebäck sowie Schoko-Nikoläuse und -Weihnachtsmänner haben bereits wieder Einzug in die Supermärkte gefunden. Weltläden bieten schmackhafte Alternativen mit einer großen Auswahl an fair gehandelten Winternaschereien. Das gute Gewissen beim Einkauf gibt es gratis dazu.    Susanne Wahler-Göbel