Aschaffenburg (POW) „Integration beginnt im Kopf. Für ein besseres Zusammenleben von Deutschen und Zuwanderern“: Unter diesem bundesweiten Jahresthema der Caritas stand der diesjährige Vinzenztag der Caritas im Aschaffenburger Martinushaus. Vor über 150 Gästen aus Politik und Kirche zeichneten Domkapitular Dietrich Seidel und Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm vom Vorstand des diözesanen Caritasverbands vier Schulprojekte aus, die sich um den erstmals ausgeschriebenen Vinzenzpreis der Caritas beworben hatten.
Unterfränkische Schulklassen waren im März aufgefordert worden, sich mit dem Thema Integration zu beschäftigen. Sie sollten Integrationsprojekte an ihrer Schule beschreiben oder sich mit Schwierigkeiten und der Notwendigkeit von Integration auseinandersetzen. Eine sechsköpfige Jury aus Pädagogen und Caritasmitarbeitern wählte unten den eingesandten Beiträgen vier aus.
Den Hauptpreis in Höhe von 1500 Euro bekam die Ganztagsklasse 8c der Albert-Schweizer-Hauptschule in Schweinfurt, die im vergangenen Schuljahr mit der „AG Bitte Danke“ ein pfiffiges Projekt durchgeführt hatte. Aus der Idee, einen Benimm-Katalog aufzustellen, war eine Integrationsgeschichte entstanden. Als Fotoroman hatte die Klasse die Geschichte in einer Auflage von 3000 Stück in Schweinfurt verteilt, als vertonte Bilderpräsentation reichte sie ihren Beitrag beim Caritas-Wettbewerb ein. Lebensnah in der Sprache beschreiben die Schüler anfängliche Integrationsschwierigkeiten einer neuen Mitschülerin aus der Ukraine. Das laut bejubelte Preisgeld wollen sie in einen Vorbereitungskurs für ihren qualifizierten Hauptschulabschluss investieren.
Den zweiten Preis in Höhe von 500 Euro erhielt die Kolpingschule Aschaffenburg. In ihrem Projekt „Inka“ (Integration durch Kooperation) dokumentierte die Schule Projekte, die nach Ansicht der Jury Langzeitwirkung haben. Seit zwei Jahren organisiert die Kolpingschule viele schulische und außerschulische Aktivitäten zur Integration ausländischer Mitschüler. Dabei werden Eltern und Institutionen einbezogen, auch die Kinder müssen sich aktiv beteiligen. Ausländischen Kindern werden im Kontakt mit deutschen Kindern viele Varianten der Gesellschaft und Kultur Deutschlands gezeigt.
Zwei Förderpreise in Höhe von je 200 Euro gab es für die Schulprojekte in Würzburg und Zellingen. An der Würzburger Adalbert-Stifter-Hauptschule kümmern sich seit zwei Jahren ehrenamtliche Lesebegleiter – überwiegend ehemalige Lehrkräfte – um die Sprachförderung deutscher und vor allem ausländischer Kinder. Und die vierten Klassen der Grundschule Zellingen wurden mit 200 Euro ausgezeichnet für eine Projektplanung im Religionsunterricht, mit der sich deutsche und ausländische Kinder ihre Kultur näher bringen können. Im kommenden Jahr hat die Caritas das Motto „Mach dich stark für starke Kinder“, das sich ebenfalls gut für einen Schulwettbewerb eignet.
Vor der Preisverleihung referierte Professor Georg Cremer, Generalsekretär des Deutschen Caritasverbands, über die Anforderungen an Politik und Caritas. Der Deutsche Caritasverband begrüße es sehr, dass sich die Bundesregierung verstärkt mit der Integration zugewanderter Menschen beschäftige. Cremer sprach sich gegen sogenannte Kettenduldungen aus, denn „Migranten brauchen Sicherheit für sich und ihre Familien“. Er forderte ein Gesamtintegrationskonzept mit umfassender Teilhabe der Zugewanderten an zentralen gesellschaftlichen Bereichen. Da in Kindergarten und Schule grundlegende Werte und soziale Regeln des Zusammenlebens vermittelt werden, müsse dort mehr interkulturell geschultes Personal beschäftigt werden. In der (vor-)schulischen Sprachförderung liege ein Grundstein für spätere erfolgreiche Integration.
Nicht zufrieden zeigte sich Cremer mit der rechtlichen Situation der bis zu einer Million illegal in Deutschland lebende Migranten. Sie hätten zwar einen Anspruch auf medizinische Versorgung, doch bei Inanspruchnahme drohe ihnen meist die Abschiebung. Daher nähmen sie oft keine ärztliche Hilfe in Anspruch, verschleppten Krankheiten und verstärkten chronische Krankheitsbilder. Ähnliche Probleme gebe es beim Schulbesuch. In einigen Bundesländern seien Kinder statusloser Eltern vom Schulbesuch ausgeschlossen. Solche Migranten meldeten daher ihre Kinder nicht zur Schule an, womit ihnen auch jede spätere Ausbildung verwehrt bleibe. Die Integration in den Arbeitsmarkt sei aber gerade bei Migranten wichtig, denn hier liege die Armutsquote und die Zahl der Schulabbrecher besonders hoch.
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