Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Jahrtagsgedenken an Erzbischof Hans Schwemmer

Predigt von Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand im Gottesdienst am 28. September 2008 in Pressath/Oberpfalz

 

Vor kurzem stieß ich auf ein Buch mit dem Titel „Glaubensprofile“, in dem sich verschiedene Frauen und Männer des öffentlichen Lebens zu religiösen Fragen äußerten. Spontan dachte ich mir, dass auch ein Beitrag von Hans Schwemmer ganz gut in dieses Spektrum der Meinungen gepasst hätte. Aber was hindert uns daran, heute seinem Glaubensprofil nachzuspüren, wenn wir im Blick auf den siebten Jahrestag seines Todes für ihn Eucharistie feiern? Ich lade Sie ein, diese Spurensuche zusammen mit mir in drei gedanklichen Schritten zu vollziehen.

1. Das Glaubensprofil von Hans Schwemmer war politisch. Gemeint ist damit nicht etwa eine Einmischung ins tagespolitische Geschehen, obwohl er auch zu solchen Vorgängen durchaus deutliche Worte finden konnte. Es ging ihm vielmehr darum, aus dem Glauben heraus Grundperspektiven zu sichern, die dann als Maßstäbe für verantwortliches Handeln taugten. „Eine Politik, die nicht dem Menschen dient, dient zu nichts“, war eines seiner geflügelten Worte. Gerade im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls konnte er darunter leiden, wenn Politik auf nationaler und internationaler Ebene zum Spielball von undurchschaubaren Machtinteressen zu werden drohte. Er wollte Politik als „Geschehen mit Gesicht“, in Form eines ständigen Dialogs, der Begegnungen ermöglicht und dadurch Vertrauen aufbaut. Dass er Partnerschaften zwischen verschiedenen europäischen Städten und Gemeinden, mit denen er verbunden war, ins Leben rief, war ein profilierter Beitrag zu dieser Perspektive. Diesen Dialog ging Hans Schwemmer bewusst vom Glauben her an, weil er der festen Überzeugung war, dass Menschen ihre Möglichkeiten nur dann nicht missbrauchen, wenn sie sich vor Gott verantwortlich wissen. Ich meine, da liegt ein Impuls aus dem Glaubensprofil von Hans, den alle, die ihm aus dem Bereich des öffentlichen Lebens verbunden sind, auf ihre persönliche Art übernehmen und weiterführen sollten.

2. Das Glaubensprofil von Hans Schwemmer war prophetisch. Auch dieses Wort muss man wieder richtig verstehen, nämlich vom Profil der biblisch bezeugten Prophetengestalten her. Dabei handelte es sich um Menschen, die oft genug unter ihren inneren Spannungen zu leiden hatten, aber gerade mit diesen Widersprüchlichkeiten der eigenen Existenz von Gott in Dienst genommen wurden. Gerade weil Hans in mancher Hinsicht selbst kein bequemer Mensch war, konnte er seinen Dienst als Priester und Bischof überzeugend und glaubhaft leben, da er sich – und darin hat er mich an die biblischen Propheten erinnert – mit allen eigenen Spannungen den Herausforderungen seiner Zeit stellte und in einer radikalen Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber den Ruf Gottes bezeugte. Stromlinienförmige Anpassung war nicht seine Sache. Es ist eigenartig, dass gerade er, der so gar nicht dem landläufigen Bild entsprach, das man sich von einem Diplomaten macht, vielen Menschen an seinen verschiedensten Einsatzorten in unverwechselbarer Erinnerung blieb und nicht als austauschbar Figur verblasste. Er hat auf seine Weise das Bild vom Botschafter neu geprägt – nämlich im Sinne der Propheten der Bibel, die als Botschafter Gottes im Bewusstsein der eigenen Fragen und Grenzen deshalb zu Zeugen einer Glaubensbotschaft werden konnten, weil sie sich dieser Botschaft überzeugend mit ihrem Leben gestellt haben. Auch dieser Zug am Glaubensprofil von Hans ist nicht zuletzt für uns, seine priesterlichen Mitbrüder, Ermutigung und Verpflichtung zugleich.

3. Das Glaubensprofil von Hans Schwemmer war praktisch. Auch das ist wiederum nicht im landläufigen Sinn zu verstehen, als ob er ein Mensch gewesen wäre, dem es auf Betriebsamkeit oder bloße Aktion ankam. Für ihn gehörten vielmehr Glaube und Handeln aus der zentralen Erfahrung heraus zusammen, dass Gott selbst in der Geschichte handelt und sich für uns Menschen engagiert, indem er in Jesus unser ganz konkretes Leben teilt. „Handeln im Sinne Jesu“ war für ihn deshalb ein grundlegendes Motiv seiner Spiritualität, seines Glaubensprofils. Diesen Maßstab legte er auch an seine Kirche an, die er liebte und mit der er nicht selten litt. Aber seine Leidenschaft für den Glauben verbot ihm den Rückzug in die Dauerhaltung einer beleidigten Distanz oder des selbstgerechten Besserwissens. Die praktische Dimension seines Glaubensprofils kam zum Tragen in seiner Sorge um sozial Benachteiligte, um Flüchtlinge und gesellschaftlich Entwurzelte. In ihnen sah er nicht Problemfälle, sondern Menschen, die ihm sein Engagement deshalb wert waren, weil er ihren Wert im letzten von Gott her bemaß. Auch in dieser Einstellung ist er für uns alle und speziell für jene, die ihm über den Tod hinaus in Freundschaft verbunden sind, Helfer und Anreger beim Entwickeln unseres eigenen Glaubensprofils, das sich nur bewahren lässt, wenn es sich im konkreten alltäglichen Handeln bewährt.

Im Februar dieses Jahres hatte ich eine Begegnung mit dem emeritierten österreichischen Weihbischof Heinrich Fasching (St. Pölten), der Hans Schwemmer sehr geschätzt hat. In unserem Gespräch fiel von seiner Seite der Satz: „Der Hans war zugleich ein freier und ein treuer Mensch.“ Ich denke dies so: Frei war er, weil er sich in allem von Gottes Treue gehalten wusste. Treu war er, weil ihm klar war, dass die Freiheit des Glaubens – von der ja auch sein Bischofswahlspruch kündete – nur als Treue und Hingabe zu leben ist. Für mich ist damit, sein und auch unser Glaubensprofil treffend umschrieben, egal, ob es sich politisch, prophetisch oder praktisch zeigt. Hans selber würde uns jetzt sagen: „Packen wir's an.“ Amen.