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„Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild“

Ansprache von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Hauptsache gesund? – Lichtinseln zur Pränataldiagnostik“ in der Sparkasse Mainfranken am Freitag, 24. März 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Mitbrüder,

zunächst möchte ich mich bei den Hausherren bedanken, die es möglich gemacht haben, diese Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen. Es geht bei der Pränataldiagnostik um eine Thematik, die nicht im binnenkirchlichen Raum alleine, sondern in der allgemeinen Öffentlichkeit diskutiert werden muss. Danke auch Ihnen, dass Sie an diesem Vormittag der Einladung gefolgt sind und durch Ihre Anwesenheit bekunden, dass diese Thematik wichtig ist. Mit dem Stichwort „pränatale Diagnostik“ wird der Blick auf ein Lebensfeld gerichtet, das bedauerlicherweise nicht so sehr im Mittelpunkt steht, wie es der zentralen Frage des Lebens angemessen wäre. Gerade an diesem Ort können wir auf zwei Grundausrichtungen des Lebens eingehen, Wert und/oder Würde des Menschen. Das Wort „Wert“ stammt aus der Ökonomie. „Wert“ ist der Bestimmungsgrund des Preises. Was ist das wert? Wir kennen Messwerte, Grenzwerte oder Geldwerte. Sie unterliegen der Definition des Menschen und sind verhandelbar: Grenzwerte werden von Kommissionen festgelegt, Messwerte sind statistische Ergebnisse von Experimenten, Geldwerte unterliegen des Schwankungen von Wechselkursen.

Der Begriff „Würde“ ist ein Gegenbegriff. Die Würde des Menschen bedeutet, dass der Mensch sich nicht selbst bewerten kann. Er ist der Bewertung durch den Menschen entzogen. Es ist bedenklich und letztlich gefährlich, Menschen in Wertkategorien einordnen zu wollen, denn die Kehrseite vom „wertvollen“ Mensch ist „unwert“ – und damit haben wir eine leidvolle Erfahrung innerhalb unserer deutschen Geschichte gemacht. Der Begriff „Würde“ ist deshalb strikt von Bewertung zu trennen. Im Anfang des biblischen Berichtes aus dem Buch Genesis wird von der Situation im Paradies gesprochen. Die Ursünde des Menschen war, sein zu wollen wie Gott. Wer über die Würde anderer Menschen bestimmen will, über deren Lebensrecht, spielt sich nicht nur zum Supermenschen auf, sondern verwechselt sich mit Gott, ja setzt sich an die Stelle Gottes. Denn der Mensch maßt sich an, das Schicksal und das Lebensrecht anderer zu bestimmen. Gegen diesen Komplex schützt letztlich allein der Gottesglaube. Er entlarvt den Allmachtswahn von Menschen und zwingt uns dadurch uns selbst gegenüber mit unseren Möglichkeiten und Grenzen realistisch zu sehen.

Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild. Dieser Grundsatz ist durch die jüdisch-christliche Tradition der Menschheitsgeschichte eingestiftet. Darin liegt die Würde des Menschen begründet. Darum ist sie unantastbar. Weil der Mensch aus der Liebe Gottes kommt, ist er dem Zugriff des Menschen entzogen. Für uns Christen ist das daran festgemacht, dass Gott mit der Menschwerdung seines Sohnes Jesus Christus gleichsam in unserer Haut steckt. Wie dies konkret aussehen kann, schildert eine kleine Erzählung. Eine Lehrerin berichtet, was sie auf dem Schulhof erlebt hat. Ein Junge fragt sie: „Hat der Liebe Gott wirklich alles gemacht?“ Darauf die Lehrerin: „Ja natürlich, alles, die ganze Welt“. Der Junge baut sich direkt vor ihr auf und bohrt nach: „Mich auch?“, die Lehrerin: „Na klar, er hat alles gemacht, dann auch Dich“. Da reißt der Junge beide Arme hoch und tanzt vor Freude. Er hat ein rundliches Gesicht, schlitzförmige Augen und Mühe, seine Zunge im Mund zu halten und er gilt als geistig behindert. Doch das hat er besser verstanden als viele von uns: Er weiß, was es heißt, ein Kind Gottes zu sein. Fragen Sie einmal behinderte Menschen, was sie von ihrem Leben halten. Wie viel Glaubens- und Lebensfreude strahlt gerade aus den Körpern und Gesichtern behinderter Menschen. Ihnen das Lebensrecht absprechen zu wollen, weil wir uns dadurch ein leichteres Leben versprechen, bedeutet, sich zum Herrn über das Leben des anderen aufzuspielen.

Die Kirche darf diese Ansicht nicht nur als Lippenbekenntnis formulieren. Sie muss auch den Frauen und Männern, die Ja zu dem behinderten Kind sagen, beistehen. Mein Vorgänger, Bischof Paul-Werner Scheele, hat dankenswerter Weise 1999 die Initiative und Stiftung „Miteinander für das Leben“ im Bistum Würzburg gegründet. Unser Generalvikar, Dr. Hillenbrand, und Damen vom Katholischen Frauenbund sowie der Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen des Sozialdienstes katholischer Frauen in Würzburg, leiten diese Stiftung und bemühen sich um Anträge und konkrete Hilfsmaßnahmen. Bitte sagen Sie dies auch betroffenen Eltern. Sie stehen mit Ihrer Entscheidung zum Leben Ihres Kindes nicht alleine, sondern dürfen auf die Mithilfe von uns Christen bauen.

Als Gotteskind verdankt der Mensch sein Dasein nicht allein dem Willen seiner Eltern und einer Laune der Natur. Der Mensch stammt aus der Liebe Gottes. Er ist allein durch ihn begründet, ihm verantwortbar und in seiner Liebe geborgen. Vor all seinen Fähigkeiten und Behinderungen ist er von Gott angenommen und in seinem Gesicht spiegelt sich das Angesicht Jesu Christ wieder. Darin gründet seine unveräußerliche und unantastbare Würde. Die gewähren weder Staat, noch Gesellschaft, noch Eltern. Und darum können sie sie auch nicht entziehen. Die Würde des Menschen ist unantastbar, weil Gott ihr Urheber und Garant ist. Wer ein Kind mit seinen Behinderungen annimmt ist weder blind noch blauäugig. Er sieht es mit den Augen Gottes und er sieht in die Augen Gottes. Heinrich Böll sagte einmal: „Selbst die allerschlechteste christliche Welt würde ich der besten heidnischen vorziehen, weil es in einer christlichen Welt Raum gibt, denen keine heidnische Welt je Raum gab: Verkrüppelte und Kranke, Alte und Schwache; und mehr noch als Raum gab es für sie: Liebe für die, die der heidnischen wie der gottlosen Welt nutzlos erschienen und erscheinen … Ich empfehle es der Nachdenklichkeit und der Vorstellungskraft der Zeitgenossen, sich eine Welt vorzustellen, auf der es Christus nicht gegeben hätte“.

Damit diese Wirklichkeit nicht vergessen wird, wünsche ich dieser Ausstellung viel Erfolg. Mögen viele Menschen mit dieser Thematik in Kontakt kommen und es ihnen vergönnt sein zu erkennen, wo es gilt, Halt zu sagen und auf schreckliche Fehlentscheidungen hinzu weisen, damit die Würde des Menschen in keinem Augenblick zur Frage steht.

(1306/0465; E-Mail voraus)