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„Jeder Tag gibt die Chance zur Umkehr“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalgottesdienst zum Jahresabschluss im Kiliansdom am 31. Dezember 2010

Liebe Schwestern und Brüder,

Reinhold Schneider hat in seinem Buch „Winter in Wien“ geschrieben: „Wir leben zwischen dem Ende des Reiches und dem letzten Ruck des Zeigers.“ Damit drückt er aus, dass unsere Weltzeit als eine kurze Heilszeit zwischen der Himmelfahrt und der Wiederkunft Jesu Christi zu verstehen ist.

Diesem Gedanken haben wir im vergangenen Jahr in Würzburg besonders Rechnung getragen. Wir haben den Blick auf die Offenbarung des heiligen Johannes gerichtet, der in eindrucksvollen Bildern, Metaphern und Symbolen uns Einblicke in den göttlichen Heilsplan geschenkt hat. In über 150 Veranstaltungen haben wir uns diesem spannenden, einzigen prophetischen Buch des Neuen Testamentes angenähert.

Gerade weil das vergangene Jahr durch das Bekanntwerden sexueller Missbrauchsvorfälle im gesellschaftlichen und erst recht im kirchlichen Bereich bei uns allen große Erschütterungen ausgelöst hat, ist der Blick auf den uns offenbarten Heilswillen Gottes umso bedeutsamer.

Im soeben gehörten Johannesbrief ist von der letzten Stunde die Rede, die jetzt gekommen sei. Im Grunde leben wir unser ganzes Leben in der letzten Stunde, denn keiner von uns weiß, wann der Augenblick des eigenen Todes gekommen ist. Deshalb können und müssen wir jederzeit wachsam und bereit sein, dem Herrn unseres Lebens gegenüberzutreten und Rechenschaft für unser Leben abzulegen.

Im Rückblick auf das vergangene Jahr dürfen wir dankbar festhalten, dass wir die Errichtung der Pfarreiengemeinschaften in unserem Bistum im Wesentlichen abgeschlossen haben. Jetzt aber beginnt die eigentliche Aufbauarbeit: das Zusammenwachsen der einzelnen Pfarreien zu Pfarreiengemeinschaften. Dazu sind Geduld, Vertrauen und die Bereitschaft zum Abgeben gefordert.

Ich danke allen in unserem Bistum, die sich in der Vorbereitung, der Durchführung und der jetzt anstehenden Aufgaben zur Mitarbeit bereitgefunden haben. Ich danke allen Mitbrüdern, pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und allen ehrenamtlich Tätigen in den Pfarreiengemeinschaften, die sich mutig diesen neuen Herausforderungen stellen.

Das von Papst Benedikt XVI. ausgerufene internationale Priesterjahr hat neben allem zutage getretenen Schatten sehr viel Positives erbracht. Vielen Mitchristen ist die Bedeutung der priesterlichen Berufung wieder deutlicher geworden. Zwar leiden wir alle unter Priestermangel, aber ebenso unter Gläubigenmangel. Zwei Priester haben im vergangenen Jahr ihr Amt aufgegeben, 19 sind verstorben, zwei Männer sind zu Ständigen Diakonen geweiht worden. Zwei Seminaristen und zwei Ordensangehörige sind als Priesteramtskandidaten zu Diakonen und insgesamt acht (fünf Seminaristen und drei Ordensangehörige) zu Priestern geweiht worden. Leider haben mehr als 5800 Mitchristen unsere Kirche verlassen. Mit fast allen habe ich versucht, Kontakt aufzunehmen. Was für Gründe auch immer sie zum Kirchenaustritt bewogen haben mögen, sie sind von uns nicht vergessen worden. Voll Freude darf ich vermelden, dass wieder 23 Erwachsene getauft wurden und 139 Personen in die Kirche eingetreten sind.

Einer Kirchenprofanierung standen 14 Altarweihen gegenüber.

Da es bekanntlich wenig nutzt, über die Dunkelheit der Zeit zu schimpfen, habe ich bereits Ende 2009 mit den Seminaristen unseres Bistums eine Wallfahrt nach Lourdes und zum heiligen Pfarrer von Ars gemacht und mit den Priestern am feierlichen Abschluss des Priesterjahres 2010 in Rom teilgenommen. Ich darf sagen, dass dies wirkliche Gnadentage waren. Möge die Bitte um Arbeiter für den Weinberg des Herrn künftig reiche Frucht tragen.

Die vergangene Kiliani-Festwoche mit ihren 17.000 Mitfeiernden hat gezeigt, dass das Herz unserer Diözese kräftig schlägt und viele Gläubige zu erreichen vermag. Aber auch die Tausendjahrfeier des heiligen Bischofs Adalbero hat beeindruckend deutlich gemacht, dass Dankbarkeit das Gedächtnis des Herzens ist.

Es gab weitere fruchtbare Wallfahrten: Erinnert sei nur an die Krankenwallfahrt nach Lourdes, die Wallfahrten nach Altötting und die quirlige Ministrantenwallfahrt mit ca. 2300 Minis nach Rom. Wallfahrten – auch in unserem Bistum zu den vielen Marienwallfahrtsorten, zum Kreuzberg – und nach Walldürn machen uns immer wieder aufmerksam, dass wir Pilger sind und unsere Heimat nicht diese Erde, sondern der Himmel ist.

So schauen wir am Ende dieses Jahres 2010 mutig nach vorne. Bewusst habe ich als Jahresthema den Satz aus dem 2. Korintherbrief gewählt: „Jetzt ist die Zeit der Gnade“. (vgl. 2 Kor 6,2)

Jeder Tag, jede Stunde gibt uns die Chance zur Besinnung und Umkehr. Gottes Gnade kennt keine Grenzen - auch nicht in schwierigen Zeiten. Das durfte auch der Würzburger Pfarrer Georg Häfner, der am Sonntag, 15. Mai 2011, in unserem Dom selig gesprochen wird, erfahren. Er hat einfach, gläubig, konsequent den Glauben mit seinem Tod in Dachau besiegelt. Die Vorbereitungszeit bis zur Seligsprechung wird hoffentlich eine besondere Zeit der Gnade für uns alle werden.

Nach der Kiliani-Festwoche findet vom 13. bis 17. Juli das „Pueri-Cantores-Deutschlandfest“ in Würzburg statt. Wir dürfen zwischen 4000 und 5000 Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland erwarten, die in zahlreichen Chören nicht nur einen Klangteppich über Würzburg ausbreiten werden, sondern auch deutlich machen, dass neben den Ministranten die jungen Sängerinnen und Sänger einen wichtigen Schwerpunkt in unserer Jugendarbeit bilden und dass sie Hoffnungsträger für die Zukunft sind.

Schließlich wird Papst Benedikt XVI. vom 22. bis 25. September Deutschland besuchen. Berlin, Erfurt und Freiburg sind die Städte der Begegnung. Er wird vor dem Bundestag sprechen und auch den Kontakt zu vielen Mitfeiernden suchen. Ich hoffe, dass viele von uns zumindest in Erfurt dem Heiligen Vater begegnen können, sind doch auch zwei frühere Dekanate unseres Bistums, Saalfeld und Meiningen, in das neu errichtete Bistum Erfurt abgegeben worden.

Nach dem Pueri-Cantores-Kongress wird unser Dom innen renoviert werden. Wenn auch keine größeren Veränderungen zu erwarten sind, so wird es doch nicht zu vermeiden sein, dass er für anderthalb Jahre geschlossen bleiben wird. Die Gottesdienste werden dann großenteils in der Neumünsterkirche stattfinden, aber auch in anderen Würzburger Kirchen gefeiert werden.

Schließlich darf ich noch darauf aufmerksam machen, dass wir Anfang November nächsten Jahres eine Schiffswallfahrt zu den Heiligen Drei Königen nach Köln unternehmen werden. Dies dürfte eine der ungewöhnlichsten und denkwürdigsten Wallfahrten werden.

Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte nicht verhehlen, dass mich die weltweite Verfolgung der Christen, zumal im Irak, wo die Christen aus Angst vor Morddrohungen zum Teil selbst die Weihnachtsfeiern abgesagt haben, sehr bedrückt. Der erstarkende Atheismus auch in unserem Land ruft uns zu Geschlossenheit und mutigem Handeln auf.

Danken möchte ich allen, die im vergangenen Jahr sich selbstlos für andere eingesetzt haben. Ich denke dabei nicht nur an alle sozial und caritativ Arbeitenden, an die Betreuungs- und Pflegekräfte, die Polizei und die Feuerwehr, sondern auch an die Frauen und Männer der Bundeswehr, die weltweit Leib und Leben einsetzen und mit ihren Familien große Opfer bringen.

Mit dem heiligen Paulus möchte ich Ihnen in dieser Stunde zurufen: „Als Mitarbeiter Gottes ermahnen wir euch, dass ihr seine Gnade nicht vergebens empfangt. Denn es heißt: Zur Zeit der Gnade erhöre ich dich, am Tag der Rettung helfe ich dir. Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag der Rettung.“ (2 Kor 6,1.2) Machen wir etwas daraus!

Amen.