Würzburg (POW) „Unsere Kirchen müssen seniorengerechter werden.“ Das hat Bundesministerin a. D. Professor Dr. Dr. Ursula Lehr bei der Diözesanversammlung des Katholischen Senioren-Forums in der Diözese Würzburg am Montag, 20. November, im Sankt Burkardushaus gefordert. Lehr sprach über den demographischen Wandel in der Gesellschaft und die daraus folgenden Herausforderungen für die Kirche.
„Wir leben heute in einer alternden Welt. Immer mehr ältere Menschen stehen immer weniger jungen gegenüber. Die zunehmende Langlebigkeit stellt eine Herausforderung für jeden einzelnen, aber auch für die Gesellschaft und vor allem auch für die Kirche dar“, sagte Lehr vor den Delegierten des Senioren-Forums. „Der Kirchgang und die Teilnahme am Gemeindeleben können durch strukturelle Veränderungen erleichtert werden. Auf Hör-, Seh- und Gehbehinderungen eingehen heißt, behindertengerechte Zugänge zum Gotteshaus ermöglichen, die akustische Verständlichkeit durch Mikrofone und Lautsprecher sichern und die Kommunionausteilung in den Bänken ermöglichen“, sagte Lehr. Auch die zunehmende Pflegebedürftigkeit vieler Senioren sei eine Herausforderung für Kirche und Gemeinde. Pflegebedürftige dürften nicht allein gelassen werden. Die Betroffenen müssten spüren, dass sie Teil der Gemeinde sind, auch wenn sie nicht mehr am sonntäglichen Gottesdienst teilnehmen könnten.
Weiter sei es ein wichtiges Aufgabenfeld der Kirche, für die helfenden Angehörigen dazusein. Diese Menschen benötigten geistliche Unterstützung, um Kraft zu tanken, aber auch konkrete Hilfe, um die Pflege zu bewältigen. „Gemeinden können Besuchsdienste organisieren, die für stundenweise Ablösung und Entlastung der pflegenden Angehörigen sorgen. Außerdem wären viele alleinlebende, ältere Menschen, die gehbehindert sind, froh über eine Begleitung für einen kurzen Spaziergang; froh jemanden zu haben, bei dem sie sich einhaken können, weil man sich nicht mehr ganz sicher fühlt“, regte Lehr an. Für die Kirche tue sich ein großes Aufgabenfeld auf – von Pflege und Unterstützung Kranker und Pflegender bis hin zur Intensivierung der Hospizarbeit.
Doch Alter hat nicht nur mit Krankheit und Tod zu tun, stellte die ehemalige Bundesfamilienministerin klar. Die „jungen Alten“ von heute seien gesund und kompetent wie nie zuvor. Sie widmeten sich nicht nur engagiert familiären und beruflichen Aufgaben, sondern seien auch freiwillig für andere tätig und übernähmen oft Ehrenämter. Damit unterstützten sie die kirchliche Gemeindearbeit auf vielfältige Weise. „Ich wünsche ihnen, die ihnen gegebenen, speziellen Möglichkeiten aufzuspüren und zu nutzen“, sagte Lehr.
Professor Dr. Dr. Ursula Lehr ist führende Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Erforschung und der Gestaltung des Alterns und gründete 1995 das Deutsche Zentrum für Altersforschung (DZFA). Von 1988 bis 1991 war die CDU-Politikerin Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit.
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