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Klärende Worte und Gedanken zur Ökumene

Ansprache von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Herbstvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken am 23. Oktober 2009 in Würzburg

Liebe Schwestern und Brüder,

in meinem Wort zu Ihrer Herbstvollversammlung möchte ich auf drei Punkte eingehen. Zuerst gilt es einige klärende Worte zu sagen bezüglich der Suspendierung des Hammelburger Pfarrers Michael Sell. Dann möchte ich meinen Blick auf die Pfarrgemeinderatswahlen im kommenden Jahr lenken und als Drittes zu Ihrem Tagungsthema Ökumene einige Gedanken einbringen.

1. Zu Beginn will ich Stellung nehmen zur Suspendierung von Pfarrer Michael Sell, Hammelburg, vom 15. Oktober 2009. Es ist der dritte junge Priester, der in diesem Jahr um sein Ausscheiden aus dem Priesterstand nachgesucht hat, weil er den in der Diakonenweihe versprochenen Zölibat nicht mehr leben könne. Dies bedrückt und schmerzt mich sehr. Von den kirchlichen Vorgaben her ist aber kein anderer Weg möglich als die sofortige Entpflichtung von den priesterlichen Aufgaben. Dies war allen dreien klar und wurde von ihnen akzeptiert. Wer sich auf den Weg macht, römisch-katholischer Priester zu werden, dem ist von vornherein die Bedingung des Zölibates bewusst. Er wird angeleitet, diesen zu leben und überzeugt zu versprechen. Natürlich kann es trotz allem guten Willens und allem Ringen zu einem Scheitern in diesem Lebensentwurf kommen mit der Feststellung, dass ein Priester heiraten und eine Familie gründen will. Die Konsequenzen sind von vornherein klar und ich halte einen ehrlichen Umgang damit für den einzig wahren.

Nun hat die Suspendierung von Pfarrer Sell ein einseitiges Medienecho hervorgerufen, das mir einerseits leider von bestimmten Interessen gelenkt erscheint und anderseits Unwahrheiten berichtet. So wird zum Beispiel behauptet, ich hätte die Suspendierung in Folge einer Denunziation ausgesprochen. Das ist nicht wahr.

An dieser Stelle will ich deshalb nochmals nachdrücklich wiederholen – ich habe es schon öfters gesagt: Anonymen Denunziationen wird keinerlei Stellenwert eingeräumt. Sie werden weder beachtet noch bearbeitet, sondern vernichtet. Die von Pfarrer Sell verbreitete und in den Medien zu lesende und zu hörende Behauptung, seine Suspendierung sei auf Grundlage einer Denunziation geschehen, ist nicht wahr. Ich selbst wurde von unserem Personalreferenten Dr. Heinz Geist über den Wunsch von Pfarrer Sell, das Priestertum aufzugeben und zu heiraten, informiert. Den Personalreferenten hatte der Pfarrer selbst telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt.

Erschreckend ist für mich die Unlauterkeit dieser Geschichte. Da einige Punkte diesbezüglich veröffentlicht wurden, will ich dazu Stellung nehmen. Es stimmt, dass ich vor zwei Jahren die Notwendigkeit sah, Pfarrer Sell zu einem Gespräch über seinen priesterlichen Lebenswandel zu bitten und ihn mit Vorwürfen bezüglich der Einhaltung des Zölibates zu konfrontieren. In diesem Gespräch versicherte er mir eindringlich, dass er in keiner Beziehung lebe und wenn er durch seinen Lebenswandel Anlass zum Ärgernis gegeben habe, diesen überdenken wolle. Ich habe ihm zugesichert, dass die Angelegenheit bis dahin – auf sein Wort – für mich erledigt sei. In der Presse hat er inzwischen zugegeben, dass es anders war. Dies war aber nicht das einzige Gespräch mit Pfarrer Sell bezüglich seines Lebenswandels. Davor und danach hat es Gespräche mit dem Personalreferenten Dr. Geist und dem Generalvikar Dr. Hillenbrand gegeben, in denen er ebenfalls seine Beziehung abgestritten hat.

Ich bin betroffen von der Art und Weise, wie Pfarrer Sell jahrelang in der Öffentlichkeit der Gemeinde diese Beziehung gelebt hat. Er hat im Grunde damit den Gemeinden gegenüber das nicht gelebt, was er versprochen hatte. Sicher mag er auf seine Art, den Glauben zu verkünden und die Liturgie zu feiern, begeistert haben. Dies rechtfertigt aber kein öffentliches Doppelleben, auch wenn es Gemeindemitglieder nicht nur toleriert, sondern anscheinend – diesen Eindruck gewinnt man zumindest in der Berichterstattung – unterstützt hatten.

Es bleibt insgesamt festzuhalten, dass eine Angelegenheit, die die weltweite Kirche betrifft, wie der Zölibat – zu dem man sicher unterschiedliche Positionen einnehmen kann – nicht in einem Bistum und auch nicht in einer Pfarreiengemeinschaft im Alleingang gelöst werden kann.

An dieser Stelle und gerade im Priesterjahr ist es mir ein besonderes Anliegen, ein herzliches Wort des Dankes und der Anerkennung all den Priestern auszusprechen, die den um des Himmelreiches willen versprochenen Zölibat als Zeichen der Ganzhingabe für Christus und die ihnen anvertrauten Gemeinden aus Überzeugung, bisweilen auch mit Ringen, leben. Dass alle Priester nun in der öffentlichen Meinung unter den Generalverdacht gestellt werden, den versprochenen Zölibat nicht zu leben, sondern heimliche Beziehungen zu unterhalten, und die daraus hervorgegangenen Kinder – zum Teil auf Druck des Bischofs – verleugnen, ist ein Schlag ins Gesicht. Die alte Stammtischparole, dass bis zu drei Kindern, wenn sie nur verschwiegen bleiben, von der Kirchensteuer bezahlt würden, entbehrt jeglicher Grundlage! Solche Behauptungen sind unverschämt und unwahr. Es ist aber leider wahr: es gibt im zölibatären Leben wie auch um Eheleben, wie im Leben von uns Menschen an sich ein Scheitern; aber es gibt damit immer nur einen wirklichen Umgang und das ist Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit.

Ich bitte Sie deshalb dringend, gegen solche unhaltbaren Unterstellungen offen und deutlich Stellung zu nehmen. Ich bitte Sie aber auch, in den Gemeinden für ein Klima zu sorgen, in dem der Priester seinen versprochenen Zölibat leben kann, ohne zu vereinsamen und ohne unter einem Generalverdacht zu stehen. Sie haben in den Gemeinden auch eine Verantwortung für Ihre Priester, wie ich sie als Bischof habe.

2. Im kommenden Jahr steht am Sonntag, dem 7. März 2010, erneut die Wahl der Pfarrgemeinderäte an. Sie fällt nahezu mit dem Ende des Prozesses der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften in unserem Bistum zusammen. Ich danke Ihnen allen, die Sie in den letzten vier Jahren den Aufbruch im Umbruch gewagt haben. Fast zeitgleich mit der Pfarrgemeinderatswahl werden wir im März 2010 in unserer Diözese alle Pfarreiengemeinschaften errichtet haben. Sie haben mit Ihrer Arbeit in den Pfarrgemeinderäten einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen beigetragen. Offenheit, Geduld und Vertrauen waren und sind gefragt, wenn Pfarreien den Blick über den eigenen Kirchturm wagen und miteinander Verantwortung für die Kirche im Bistum Würzburg übernehmen.

Der Errichtungsprozess der Pfarreiengemeinschaften war in der vergangenen Wahlperiode für viele Pfarrgemeinderäte die Aufgabe und Herausforderung schlechthin. Er war ein gewaltiger Umbruch in den Strukturen unserer Diözese. Ich weiß, dass dies oftmals nicht einfach war. Deshalb bin ich froh über das Engagement, mit dem dieser Strukturprozess vor Ort angegangen und geführt wurde. Ich kann nur danken für alles, was in diesem Zusammenhang und darüber hinaus in den Pfarrgemeinderäten geleistet wurde – ich bemühe mich besonders auch bei den Visitationen, dies auch immer wieder persönlich zu tun.

Es haben sich auch für die Pfarrgemeinderäte Veränderungen ergeben, die sich in der Satzungsänderung, die Sie beschlossen haben und die von mir in Kraft gesetzt wurde, ihren Niederschlag gefunden haben. Künftig ist es also möglich entweder einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat für die Pfarreiengemeinschaft zu wählen und Ortsauschüsse zu bilden, die die Arbeit in den einzelnen Gemeinden koordinieren, oder weiterhin Einzelpfarrgemeinderäte zu wählen und einen gemeinsamen Ausschuss auf der Ebene der Pfarreiengemeinschaft zu bilden. Die Pfarrgemeinderäte, die nun gewählt werden, egal nach welchem Modell, werden gewissermaßen ein Stückweit Pionierarbeit leisten dürfen und müssen, wie die Arbeit dieses Gremiums in der veränderten pastoralen Struktur aussehen kann. Ich denke, dies ist ein durchaus herausfordernder Prozess.

Die Pfarrgemeinderatswahl steht bewusst unter dem Leitwort und Motto „AUFBRECHEN“. Dieses Motto soll Mut machen, die errichteten Pfarreiengemeinschaften als Chance zu sehen. Gemeinsam ist zu schaffen, was für eine Pfarrei alleine oft nicht zu schaffen wäre. Es ist gleichzeitig auch Auftrag und Verpflichtung, nach der Schaffung der Strukturen nicht die Hände in den Schoß zu legen, sondern sie mit Leben und lebendigen Glauben zu füllen, der ausstrahlt, begeistert und Menschen neu gewinnt.

Die Vielfalt der Veränderungen unserer Zeit braucht neue Ideen, Kirche zwischen Tradition und Zukunft zu gestalten. Hier ist gerade der Pfarrgemeinderat vielerorts das Gremium, das mit dem notwendigen Weitwinkel die Freuden und Hoffnungen, aber auch die Angst und Trauer der Menschen von heute wahrnimmt und thematisiert. Kirche ist kein Selbstzweck. Kirche steht im Auftrag Jesu Christi, den Menschen zu dienen.

So wird das Motto „AUFBRECHEN“ zur Gabe und Aufgabe. Wir sind auf dem Weg mit der Gabe, mit den Begabungen und dem Segen, den Gott uns in Taufe und Firmung schenkt. Als Töchter und Söhne Gottes, bestärkt mit Jesu Geist und Kraft sind wir auf dem Weg. Wir müssen nicht alles selbst machen. Vieles wird uns geschenkt. Und wir werden gestärkt durch sein Wort und die heilige Eucharistie. Und so können wir auch die Aufgabe bewältigen, Gewohntes zu verabschieden und Neues einzuüben. „AUFBRECHEN“ - das hat auch mit Öffnen zu tun, mit Ungewohntem. Das Ziel ist noch nicht erreicht. Wir bleiben unterwegs als Kirche in dieser Zeit, als Kirche für die Menschen.

Schließlich ist es Jesus selbst, der uns zum „AUFBRECHEN“ ruft mit den Worten: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet allen das Evangelium“ (Mk 16,15).

Ich hoffe, dass sich viele bewährte Mitglieder der Pfarrgemeinderäte wieder zur Wahl stellen und so eine Kontinuität sichern. Ebenso hoffe ich, dass auch neue geeignete Kandidaten gewonnen werden können, die neue Ideen und frisches Engagement einbringen, dass aus dem Umbruch ein guter Aufbruch in die Zukunft der Kirche von Würzburg wird.

3. Das zentrale Thema ihrer diesjährigen Herbstvollversammlung, die Ökumene, ist in den vergangenen Tagen in prekärer Weise ein Thema der Öffentlichkeit gewesen. Es gilt grundsätzlich festzuhalten: Die Ökumene ist seit dem II. Vatikanischen Konzil ein unumkehrbarer Prozess. Auch so manches aktuelle „Rauschen im Blätterwald“, wie das um das „Interne Diskussionspapier“ der EKD, wird daran nichts ändern. Durch das Ökumenismus-Dekret „Unitatis Redintegratio“ des Konzils sind wir als Katholiken der Ökumene und dem Ziel einer sichtbaren Einheit der Kirche verpflichtet, schon allein aufgrund der Bitte Jesu um die Einheit der Seinen (vgl. Joh 17,21).

Gerade deshalb freut es mich, dass wir gerade in letzter Zeit in unserem Bistum großartige ökumenische Erfahrungen machen durften. Ich erinnere an die ökumenische Kreuzbergwallfahrt, die allein schon durch eine Teilnehmerzahl von mehr als 1000 Wallfahrern ein wirklicher Erfolg war. Schon die Zusammenarbeit im Vorfeld und dann auch der Verlauf haben gezeigt, dass ökumenisch Vieles möglich ist. Die Freude des neuen Regionalbischofs Christian Schmidt über diese Wallfahrtserfahrungen, die für ihn auch lutherisch „kompatibel“ sind, war deutlich zu spüren. Von der gemeinsamen „Hoffnung“ der Christen „unter dem Kreuz“ haben wir Zeugnis gegeben, das auch ein breites Echo in der Presse gefunden hat. Solche Begegnungen können ein Segen sein für die Stärkung des Willens zur Einheit der Christen.

Auch unsere neue Handreichung für die Ökumene in den Gemeinden, die Ihnen nachher durch den Ökumenereferenten Dr. Petro Müller noch genauer vorgestellt wird, darf als wichtiges ökumenisches Signal gewertet werden. Bisher gab es eine solche Handreichung im Bistum Würzburg nicht. Dass sie sich gerade den grundsätzlichen und praktischen Fragen der Ökumene in den Gemeinden widmet, zeigt, dass es um die konkrete Ökumene geht, die weder zaudern noch übers Ziel hinausschießen darf. Es braucht in Fragen der Ökumene immer zugleich Ungeduld und Geduld, denn letztlich wird uns bei all unserem Bemühen die Einheit der Kirche durch den Herrn geschenkt. Ich wünsche der neuen Handreichung – das habe ich auch in meinem Vorwort vermerkt – dass sie in allen Pfarreiengemeinschaften und Pfarreien unseres Bistums zur Hand genommen wird, dass die haupt- und ehrenamtlich Verantwortlichen sie hilfreich nutzen und dass so die Gemeinden in ihrem ökumenischen Denken und Tun gefördert werden.

Wenn man über die Grenzen des Bistums hinausschaut, kann man die vielfältigen Vorbereitungen auf größere ökumenische Ereignisse wahrnehmen. Da wird einmal am 30. und 31. Oktober das 10. Jubiläum der Gemeinsamen Erklärung der Rechtfertigungslehre begangen. Ein Jubiläum der Dankbarkeit, dass dieser wesentliche Schritt zu einem differenzierten Konsens zwischen der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund möglich wurde, aber auch ein Jubiläum des Nachdenkens, wie weitere Schritte der Annäherung möglich sind. Das neue Studiendokument zur „Apostolizität“ scheint mir auch diesen Weg in Richtung Konsens zu gehen, auch wenn es eher als „Zwischenbilanz“ aufzufassen ist.

Als besonderes Ereignis wirft der Ökumenische Kirchentag (ÖKT), der vom 12. bis 16. Mai 2010 in München stattfinden wird, seine Schatten voraus, mit dem Sie sich morgen auch noch beschäftigen werden. Es ist der zweite Kirchentag dieser Art. Erzbischof Reinhard Marx von München hat gesagt, dass dieser Kirchentag ein „Riesenereignis“ wird. Das Motto „Damit ihr Hoffnung habt“ (1 Petr 1,21) will die Hoffnungsbotschaft unseres gemeinsamen Glaubens als Christen hineintragen in unsere Gesellschaft, die ja nicht nur von einer Finanz- oder Wirtschaftkrise geschüttelt ist, sondern auch von einer wachsenden Sinnkrise. Die Vorbereitenden des ÖKT erwarten mehr als 100.000 Dauerteilnehmer. Für den Abend der Begegnung am Vorabend von Christi Himmelfahrt werden sogar bis zu 400.000 Teilnehmer erwartet. Man weiß heute schon, dass nahezu 40 Prozent davon unter 30 Jahren alt sein werden. Auch das ist ein Hoffnungszeichen und eine Chance zugleich, um junge Menschen in unserem Land anzusprechen und zu ermutigen. Das Bistum Würzburg wird auf der Agora vertreten sein und sich u.a. mit einer Präsentation der Würzburger Christophorus-Gesellschaft vorstellen. Ich möchte Sie ermuntern, darauf hinzuwirken, dass möglichst viele Christen aus unserer Region am Ökumenischen Kirchentag teilnehmen.