Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Kleine lebendige Gemeinden sehr bedeutungsvoll“

Interview mit Dekan Norbert Clausen zur Situation im Dekanat Schweinfurt-Süd angesichts der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften

Schweinfurt/Heidenfeld (POW) Neun Pfarreiengemeinschaften mit insgesamt rund 42.000 Katholiken bilden künftig das Dekanat Schweinfurt-Süd. In folgendem Interview spricht Dekan Norbert Clausen (Heidenfeld) über den Stand der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Schweinfurt-Süd, über kirchliches Leben in den Landgemeinden und über die Verehrung der Märtyrerpriester Liborius Wagner und Georg Häfner.

POW: Wie würden Sie den aktuellen Stand des Prozesses der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Schweinfurt-Süd umschreiben?

Dekan Norbert Clausen: Die Errichtung der Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Schweinfurt-Süd ist bis auf die geplante Pfarreiengemeinschaft Werneck vollzogen. Hier müssen die beiden Teil-Pfarreiengemeinschaften noch zusammenwachsen. Sehr unterschiedlich ist der innere Nachvollzug dieser formellen Vorgänge. Hier reicht die Bandbreite vom Minimum der Abstimmung der Gottesdienstzeiten bis hin zu regelmäßigen Veranstaltungen auf Pfarreiengemeinschaftsebene. In einigen Pfarreiengemeinschaften werden sogar Synergieeffekte wie beispielsweise gemeinsame Wallfahrten und Gottesdienste entdeckt und immer mehr genutzt. Dieser innerliche Prozess des Wachsens braucht jedoch viel Zeit. Es wird auch nötig sein, jeder Pfarreiengemeinschaft ihre Gestaltungsfreiheit zu lassen.

POW: Wo liegen die besonderen Probleme, wo die besonderen Chancen in Ihrem Dekanat?

Clausen: In den vergangenen Jahren und Monaten hatten wir einen großen Wechsel beim hauptamtlichen Personal. Dadurch sind so manche Prozesse unterbrochen worden oder beginnen neu. Ich denke, dass jede Pfarreiengemeinschaft so viel mit sich zu tun hat, dass es zurzeit schwer ist, auf Dekanatsebene zu denken, zu planen und zu handeln. Das ist sicher nur im kategorialen Bereich möglich, zum Beispiel in der Jugendarbeit oder der Familienseelsorge. In diesen Bereichen wird sinnvollerweise auf der größeren Ebene des Raums Schweinfurt gearbeitet.

POW: Ihr Dekanat liegt stark im Einzugsgebiet der Stadt Schweinfurt. Wie wirkt sich die Nähe zur Stadt auf das kirchliche Leben in den Landgemeinden aus?

Clausen: Einen direkten Einfluss auf das kirchliche Leben sehe ich höchstens darin, dass Menschen, die in den ländlichen Gemeinden ihre Wünsche wie Hochzeitstermine oder Gottesdienstzeiten nicht erfüllt sehen, in die Stadt ausweichen. Das sehe ich allerdings nicht negativ. In den dörflichen Kirchengemeinden erlebe ich eine große Vielfalt. In vielen Orten gestalten sehr engagierte Christen in Zusammenarbeit mit ihren hauptamtlichen Seelsorgern das Leben ihrer Gemeinden. Darin sehe ich die Chance, dass unterschiedliche Schwerpunkte und Profile auch kleiner Gemeinden sich gegenseitig ergänzen können.

POW: Gerolzhofen und Werneck sind die größeren Orte im Dekanat. Kommt diesen Zentren eine besondere Bedeutung im Dekanat zu?

Clausen: Für das Dekanat stelle ich hier momentan keine besondere Bedeutung fest. In Gerolzhofen gibt es zurzeit sicher vom Personellen her ein Potential, das sich in nächster Zeit entwickeln wird. Hier rechne ich neben dem Kirchenmusikalischen auch mit pastoralen und theologischen Impulsen. Ich halte jedoch gerade unsere kleinen lebendigen Gemeinden für sehr bedeutungsvoll. Sie werden in Zukunft in wechselndem Auf und Ab „Glaubenszentren“ bilden. Wir können in Zukunft nicht mehr sagen: Diese Gemeinde ist ein Zentrum. Es wird eher darauf hinauslaufen, dass für eine gewisse Zeit eine Gruppe – Bibelkreis, Ortsverband, Jugend, Kirchenchor oder Kirchenmusik – oder eine Gemeinde über sich hinaus ausstrahlt. Solch ein Wechsel scheint mir zwar ungewohnt, aber durchaus gesund zu sein.

POW: Wie kann kirchliches Leben in den kleinen Landgemeinden aufrecht erhalten werden?

Clausen: Vieles wird nicht mehr durch Pfarrer und Hauptamtliche zu garantieren sein. Da sind die Christen in den Orten gefordert. Ich glaube, dass es von ihrem Engagement abhängt, ob eine örtliche Gemeinde lebendig bleibt. Das gemeinsame Gebet, die Geselligkeit der Gemeinschaft, der Austausch über Lebens- und Glaubensfragen, auch die Glaubensweitergabe wird mehr als bisher Aufgabe eines jeden Christen sein. Wenn eine Gemeinde das nicht leisten kann, wird sie Schwierigkeiten haben, lebendig zu bleiben.

POW: Wie wichtig sind Wort-Gottes-Feiern vor Ort, wenn der Priester nicht mehr regelmäßig zur Sonntagsmesse in jede Pfarrgemeinde kommen kann?

Clausen: Das ist eine theologische Frage, die sicher auf Diözesanebene beantwortet werden muss. Die örtlichen Pfarrgemeinderäte legen häufig einen großen Wert auf einen sonntäglichen Gottesdienst vor Ort. Ich denke, dass hier die Pfarrer als Leiter der Pfarreiengemeinschaften mit ihren pastoralen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Gremien gut überlegt Wege finden müssen, die in ihren Gemeinden möglich sind. Hilfreich wäre hier sicher ein stärkeres Bewusstsein für die Vielfalt der Gottesdienstformen in unserer Kirche.

POW: Was sollte künftig allein auf Ebene der Pfarreiengemeinschaft stattfinden?

Clausen: Ich meine, dass viele Dinge eine Entlastung sein können, wenn sie auf Ebene der Pfarreiengemeinschaft erledigt werden. Hier werden aber die Hauptamtlichen und die Gremien der einzelnen Pfarreiengemeinschaften ihre eigenen örtlichen und persönlichen Möglichkeiten ausloten und umsetzen müssen. Ich werbe jedoch gerne darum, mit Mut und Kreativität solche Schritte der Zusammenarbeit zu gehen.

POW: In Heidenfeld ruhen die Gebeine des Seligen Liborius Wagner, in Oberschwarzach wirkte der künftige Selige Pfarrer Georg Häfner. Welche Bedeutung haben die beiden Priester im Dekanat? Werden Sie im Dekanat besonders verehrt?

Clausen: Die Verehrung des Pfarrers Georg Häfner wird durch die bevorstehende Seligsprechung eine Ausweitung und Stärkung erfahren. Es ist sicher wünschenswert, dass ihm auch auf Dauer eine breite Aufmerksamkeit zuteil wird. Die Verehrung des seligen Liborius Wagner ist in Heidenfeld selbst tief verwurzelt. Einzelne Interessensgruppen sind ihm fest verbunden. Einige jährliche Pfarrwallfahrten kommen nach Heidenfeld. Auf Bistumsebene scheint mir das Bewusstsein für diesen guten Fürsprecher zurückgegangen zu sein. Vor Jahren galt er weithin als Patron der Priester unseres Bistums, auch dies scheint mir nicht mehr so fest im Bewusstsein zu sein. Hier liegen sicher eine Aufgabe und eine Chance der örtlichen Gemeinden, die Verehrung der Seligen wachzuhalten.

POW: Was möchten Sie am ersten Fastensonntag 2010 mit Blick auf das Dekanat Schweinfurt-Süd sagen können?

Clausen: Für mich ist momentan nicht der erste Fastensonntag 2010 der Blickpunkt. Wichtiger scheint mir in unserem Dekanat der Termin der Pfarrgemeinderatswahlen zu sein. Hier wird sich zeigen, ob und wie weit die Menschen in den Pfarreien bereit sind, in den neu gegründeten Pfarreiengemeinschaften Mitverantwortung zu tragen. An der Bereitschaft der Pfarrgemeinderatsmitglieder und anderer Christen, für die Wahl zu kandidieren, und an der Bereitschaft der künftigen Pfarrgemeinderäte, miteinander in den Pfarreiengemeinschaften zu arbeiten, wird sich zeigen, ob die seitens des Bistums errichteten Pfarreiengemeinschaften auch an der Basis mitgetragen werden. Ich hoffe sehr, dass die bisher sehr engagierten Christen unserer Gemeinden auch in den größeren Strukturen der Pfarreiengemeinschaften bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und Einsatz zu zeigen.

Interview: Bernhard Schweßinger (POW)

(4809/1378; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet