Sehr verehrter Herr Professor Wendehorst, Herr Professor Weiß, liebe Mitglieder des Würzburger Diözesangeschichtsvereins, sehr geehrte Damen und Herren!
Es sind mittlerweile genau 75 Jahre vergangen – also an sich noch ein Jubiläum –, als die vom damaligen Bischof Matthias Ehrenfried einberufene Würzburger Diözesansynode im Oktober 1931 beschloss: „Zur Pflege und Erforschung der Diözesangeschichte ist ein eigener Verein … zu gründen.“ Als das wichtigste Ziel dieses Vereines nennt die Synode die „Herausgabe von diözesangeschichtlichen Veröffentlichungen“. Gut ein Jahr später wurde der Beschluss in die Tat umgesetzt. Am 22. November 1932 fand die Gründungsversammlung des Diözesangeschichtsvereins statt. Der erste Vorsitzende des Vereins, Domkapitular Ivo Fischer, gleichzeitig Archivar und Bibliothekar des Bischöflichen Ordinariats, betonte in seinem Geleitwort zu den ersten Diözesangeschichtsblättern: „Dieselben haben die Aufgabe, ausschließlich der Erforschung unserer Bistumsgeschichte zu dienen, historisches Quellenmaterial zu sammeln und Klerus und Laienwelt zur Kenntnis zu bringen. Insbesondere wollen sie auch über die religiöse Kultur des Frankenlandes die Nachwelt unterrichten.“
Ein Dreivierteljahrhundert hat der Verein unspektakulär, aber konsequent und eifrig diese Aufgabe erfüllt. Davon zeugt auch der mir gerade überreichte 68. Band der Würzburger Diözesangeschichtsblätter. Für diesen Dienst an der Kirche von Würzburg möchte ich dem Vorstand des Vereins, den Herausgebern und vor allem den Autoren, die ja alle unentgeltlich und allein aus Freude an der Kirchengeschichtsforschung alljährlich interessante Beiträge beisteuern, sehr herzlich danken.
Im Mittelpunkt der diesjährigen Jahresversammlung steht der wissenschaftliche Vortrag von Professor Wendehorst über die Marienkirche in der Festung, die nach der Überlieferung vor 1300 Jahren geweiht worden sein soll. Den historischen Befund werden sie, und darauf freue ich mich schon, mit der für sie charakteristischen Detailgenauigkeit darlegen.
Mag es hier auch die für das Frühmittelalter nicht seltenen Unsicherheiten geben, so dürfte es doch unbestritten sein, dass der Marienberg in der Frühzeit der Christianisierung Mainfrankens eine bedeutende Rolle spielte. Dies hat man in der Überlieferung unseres Bistums zu keiner Zeit vergessen!
Die im Kastell errichtete Kirche zu Ehren der Gottesmutter Maria wurde schließlich für den gesamten Berg sowie die ihn bekrönende Burg namensgebend. Bis zum heutigen Tag hütet gewissermaßen die Schlosskirche die Erinnerung an diese Anfänge und weist gleichzeitig zurück auf die Anfänge der Marienverehrung im Frankenland. Jene alte marianische Tradition des Marienberges dokumentiert seit den Tagen des großen Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn der nordöstliche Eckturm des Fürstenbaues durch seine Bekrönung: einer Madonna im Strahlenkranz.
Es verwundert daher nicht, dass der Schlossberg auch Eingang in die Liedtradition des Bistums gefunden hat. 1628 dichtete der berühmte Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld den marianischen Lobpreis „O himmlische Frau Königin“. Das Lied ist bis zum heutigen Tag so etwas wie eine „Nationalhymne“ der katholischen Mainfranken. In der dritten Strophe heißt es: „Dir, Jungfrau, Mutter ist geweiht der Schlossberg dort seit alter Zeit; selbst Fels und Stein und Erd` dich liebt, der Reben Kranz dich reich umgibt, wo segnend fließt aus deiner Hand ein Gnadenstrom ins Frankenland.“
In der Geschichte der Marienkirche spiegelt sich in vielfältiger Weise die Geschichte des ganzen Bistums wider: die Anfänge unter Bonifatius und Burkard, der Aufstieg der Bischöfe zu geistlichen Territorialherren, die Krise in der Zeit der Reformation, der Aufbruch in der Echter- und Barockzeit. Spätestens seit der Säkularisation fristet die Marienkirche eher ein Schattendasein, zuerst als Garnisonskirche und heute als Nebenkirche von Sankt Burkard mit nur sporadischen Gottesdiensten. Gleichwohl dürfte die Marienkirche zu den am meisten besuchten Kirchen des Bistums gehören. Vornehmlich Touristen, die das Festungsensemble besichtigen, kommen täglich in diese Kirche. Sie treten damit in Verbindung mit der christlichen Tradition des Frankenlandes, halten vielleicht auch nur einen kurzen Moment Einkehr oder werden zumindest einen kurzen Augenblick an Kirche und Glauben erinnert. So gewinnt die Marienkirche, die am Anfang der Glaubens- und Kirchengeschichte unseres Raumes steht, gerade heute wieder eine nicht zu unterschätzende missionarische Bedeutung.
Einen weiteren Aspekt möchte ich bei dieser Jahresversammlung ansprechen. Herr Professor Wendehorst, Sie haben in unermüdlicher Arbeit drei Bände der Würzburger Bischofsreihe innerhalb der Reihe „Germania sacra“ von den Anfängen bis einschließlich Julius Echter, also bis 1617, vorgelegt. Zu den Stiften Sankt Burkard und Neumünster haben sie ebenfalls eindrucksvolle Bände in der Reihe „Germania sacra“ verfasst. Für Ihre Verdienste um die Diözesangeschichte hat Ihnen Bischof Scheele bereits 1987 die Bruno-Medaille verliehen. Für diese Leistung möchte auch ich Ihnen sehr herzlich danken. Gleichzeitig möchte ich aber noch einen Wunsch – auch einem Bischof sei dies einmal vergönnt – anfügen, nicht primär an Sie, Herr Wendehorst, der Sie in dieser Hinsicht wahrhaft genug geleistet haben, sondern an Forscher, die in Ihre Fußstapfen treten könnten, nämlich dass die Würzburger Bischofsreihe bis zur Säkularisation 1802/1803 in einem vierten und letzten Band der „Germania sacra“ abgeschlossen werden möchte. Sollte sich dafür ein Weg eröffnen, so wird dem Bearbeiter die Unterstützung der Diözese Würzburg sicher sein können.
Im nächsten Jahr 2007 wird, wie der Vereinsvorsitzende in seinen Ausführungen hervorgehoben hat, im Zentrum der diözesangeschichtlichen Arbeit die Erinnerung an Bischof Josef Stangl und seine Zeit als Oberhaupt der Kirche von Würzburg stehen. Wir schauen damit auf die komplexen Umbrüche der jüngsten Vergangenheit. Heute werfen wir den Blick zurück bis in die Anfänge des Bistums. Es ist stets wichtig, das Ganze der Geschichte vor Augen zu haben, den Reichtum und die Schwierigkeiten jeder Epoche. Dafür leistet der Diözesangeschichtsverein einen unverzichtbaren Beitrag. Ich darf Sie daher in Ihrer Arbeit ermutigen.
(4806/1694)