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Laienpredigt innerhalb der Messe und Wortgottesdienste am Sonntag

Wort von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg am Freitag, 11. März 2005

Wie ich leidvoll feststellen musste, haben in den letzten Wochen zwei Themen viele Gläubige in unserem Bistum durcheinander gewirbelt, verunsichert und Fragen aufgeworfen:

1. Meine Äußerungen zur Laienpredigt innerhalb der Messe.

2. Die Stellung der Wortgottesdienste am Sonntag

Zu 1. Homilie in der Heiligen Messe

Auf der letzten Dekanekonferenz wurde ich gefragt, ob Laien in der Heiligen Messe predigen dürften. Ich habe wahrheitsgemäß darauf hin gesagt, dass dies nicht gestattet sei. Als mich die Pastoralreferenten auf ihrem Treffen befragten, habe ich ebenso geantwortet und schließlich dies beim Treffen mit den Gemeindereferenten wiederholt. Diese Äußerungen wurden innerhalb der Medien breit ausgewalzt. Dies artete zum Teil in polemische Vorgänge aus. Weil ich ein so großes Unverständnis gegenüber den von mir aus als selbstverständlich angesehenen Äußerungen erkannte, habe ich einen Brief an alle Priester geschrieben, in denen die theologischen und rechtlichen Gründe noch mal dargelegt sind. Um Ihnen dies noch einmal in Erinnerung zu rufen, lese ich eine Passage vor:

Die Apostel haben von Christus den Auftrag, die frohe Botschaft zu verkünden und den Menschen nahe zu bringen. Als Nachfolger der Apostel stehen auch die Bischöfe in dieser Pflicht. In diese Aufgabe sind zweifellos alle Gläubigen mit hinein genommen. Die Priester und Diakone sind noch einmal in besonderer Weise durch ihre Weihe darauf hingeordnet, Christus gegenwärtig zu setzen. Dies tun sie nicht zuletzt in der Verkündigung. Deshalb hat ihr Verkündigungsdienst auch in jener Feier seinen Platz, in der Christus selbst in Brot und Wein unter uns gegenwärtig wird und die deshalb Quelle und Mittelpunkt der Kirche ist. So hält die Instruktion „zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester“ von 1997 zusammenfassend fest: „die Homilie ist als herausragende Form der Predigt … Teil der Liturgie selbst. Daher muss die Homilie während der Eucharistiefeier dem geistlichen Amtsträger, Priester oder Diakon vorbehalten sein.“ Dieses theologische Argument wird seit dem II. Vatikanum von allen lehramtlichen Dokumenten an erster Stelle genannt, um zu begründen, warum Laien in der Eucharistiefeier nicht predigen können.

Bereits das Konzil hatte die Bedeutung des Predigtdienstes der Priester immer wieder betont. So heißt es beispielsweise im Dekret über die Priester: „da niemand ohne Glauben gerettet werden kann, ist es die erste Aufgabe der Priester, als Mitarbeiter der Bischöfe, allen die frohe Botschaft zu verkünden“ (Dekret über Dienst und Leben der Priester „Presbyterium ordinis“, Nr. 4).

Eine weitere Überlegung möchte ich noch hinzufügen. Namentlich die Priester setzen Christus, das Haupt der Kirche, zu allererst in der Eucharistiefeier gegenwärtig, und dies keineswegs nur in der Wandlung, sondern durch ihren gesamten Vorsteherdienst. So sagt das II. Vatikanische Konzil: „Am meisten üben sie ihr heiliges Amt in der eucharistischen Feier oder Versammlung aus, wobei sie in der Person Christi handeln und sein Mysterium verkünden (Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“, Nr. 28). Wenn also ein Priester die Messe feiert, so feiert in ihm letztlich Christus selbst mit den Gläubigen. Dies geschieht auch bei der Verkündigung des Wortes Gottes. Dienst am Sakrament und Verkündigung des Wortes gehören in der Messe untrennbar zusammen. Weil es also beim Dienst des Priesters in der Eucharistiefeier um die Vergegenwärtigung Christi in seinem Wort wie in seinem Fleisch und Blut zugleich geht, kann der Priester letztlich nicht von der Aufgabe entbunden werden, in der Eucharistiefeier auch selbst zu predigen. Einzig an den Diakon oder einen anderen Priester kann der Vorsteher die Verkündigung in der Messe delegieren, weil auch sie mit der Weihe in den Dienst der Gegenwärtigsetzung Christi mit ihrer ganzen Person einbezogen sind. Die Predigt des Diakons in der Eucharistiefeier sollte aber nicht den Regelfall darstellen.

Ich weiß, liebe Schwestern und Brüder, dass viele Laien, Frauen und Männer gut predigen. Mir ist bewusst, dass dieser Dienst am Volke Gottes wertvoll ist, zumal auch die Stimme der Frau eingebracht

werden kann. Es gibt so viele Möglichkeiten, außerhalb der Heiligen Messe zu predigen, dass bei in Anspruchnahme der theologischen Begründung des Vorbehaltes der Homilie für den Priester nicht von einer Zurückstufung der Laien gesprochen werden kann. Oft höre ich das Argument, dass Priester überlastet seien und so in der praktischen Seelsorge dieser Aufgabe nicht voll nachkommen können. Darauf hin möchte ich Ihnen noch einmal die Worte in Erinnerung rufen, die der Bischof bei der Priesterweihe an die Priesteramtskandidaten richtet: „… Verkündet allen das Wort Gottes, das ihr ja selbst mit Freude aufgenommen habt. Sinnt nach über das Gesetz des Herrn. Bedenkt das wohl: Was ihr in den Heiligen Schriften lest, das ergreift im Glauben; was ihr im Glauben ergriffen habt, das verkündet den Menschen; was ihr den Menschen verkündet, das erfüllt selbst in euerem Leben.“ Beim Versprechen der Weihekandidaten fragt der Bischof: „Seid ihr bereit, in der Verkündigung des Evangeliums und in der Darlegung des Katholischen Glaubens den Dienst am Wort Gottes treu und gewissenhaft zu erfüllen?“ Die Weihekandidaten: „Ich bin bereit.“ Und ein wenig später heißt es: „Uns Bischöfen seien sie zuverlässige Helfer. In der Gnade des heiligen Geistes bringe das Wort der frohen Botschaft durch ihre Verkündigung reiche Frucht in den Herzen der Menschen, und es gelange bis an die Enden der Erde.“

Innerhalb meines Fastenhirtenwortes zum Eucharistischen Jahr 2005 hat ein kleiner Passus im Blick auf die Stellung der Wortgottesdienste am Sonntag Probleme evoziert, die ich nicht voraussehen konnte und die ich keineswegs lostreten wollte. Der kleine Passus im Hirtenwort lautet: „Es gehört mit zu den Problemen unserer Tage, dass nicht mehr in jeder Pfarrkirche am Sonntag die Heilige Messe gefeiert werden kann. Eine Wortgottesfeier kann aber kein gültiger Ersatz sein, sondern soll in einer Notsituation denen eine Brücke zur Begegnung mit dem Herrn in der Gegenwart seines Wortes sein, die keine Möglichkeit zum Besuch der Heiligen Messe haben. Alle aber, die beispielsweise in der Nachbarkirche eine Heilige Messe besuchen können, sind auch dazu angehalten. Es geht doch bei der Messfeier um das persönliche Einbezogenwerden in das Erlösungsgeschehen durch den sich gegenwärtig setzenden Herrn.“

Mit diesem Text sage ich keineswegs aus, dass ich die kostbare Arbeit der Wortgottesdienstleiter/Innen nicht schätze. Im Gegenteil. Ich bin davon überzeugt, dass in vielen kleinen Gemeinden der Wortgottesdienst am Sonntag eine große Hilfe ist, als Gemeinde gemeinsam Christus im Wort zu begegnen. Das aber hebt nicht die Verpflichtung derjenigen auf, die in der Lage sind, eine Heilige Messe zu besuchen, einen eventuell damit verbundenen weiteren Weg auf sich zu nehmen. Wortgottesfeier darf nicht in Konkurrenz zur Messfeier treten. Inzwischen ist mir das Bischofswort von Bischof Josef vom 15. Juni 1978 bekannt geworden, in dem er den Wortgottesdienst im Sinne der Synode der Deutschen Bistümer besonders wertschätzt. Er schreibt unter anderen darin: „Das Entscheidende ist klar zu sagen: Die Priesternot kann nicht anders als durch mehr Priester wirklich behoben werden. Wer dies nicht erkennt und ausspricht, täuscht sich und die anderen. Es gibt keinen Ersatz für die Eucharistiefeier und Sakramente. Deshalb gibt es auch keinen Ersatz für den Priester; denn nur er hat Auftrag und Vollmacht der Eucharistiefeier vorzustehen. Unsere Notsituation fordert deshalb zuerst und vor allem, dass wir in unseren Familien und Gemeinden viel mehr die Atmosphäre und jenen Raum des Glaubens schaffen, in dem junge Männer Freude am Priesterberuf gewinnen können. Wir müssen in Gebet und Opfer zum Himmel rufen, Gott möge diese Not von uns nehmen.

Uns bleiben jetzt nur Notlösungen. „…. Dieser Wortgottesdienst am Sonntag mit Kommunionspendung, ist sicher gegenüber der Messfeier eine Notlösung. Er ist dennoch nicht arm. Denn Christus ist auch darin für uns gegenwärtig …“. Dann spricht er davon, dass die Teilnahme am Wortgottesdienst mit Kommunionspendung so verpflichtend wie bisher die Mitfeier der Heiligen Messe sei.

Folgender Abschnitt aus dem Hirtenwort von Bischof Josef hat gerade in der heutigen Diskussion Widerspruch zu meinen Anregungen gegeben: „Ein weiterer Vorschlag geht dahin, die Gläubigen aufzufordern, am Sonntag mit dem Auto in Nachbargemeinden zu fahren, in denen eine Heilige Messe gefeiert wird, oder die Pfarrer aufzufordern, Busdienste für solche Fahrten einzurichten. – Dieser Vorschlag bringt Gefahren: Er zerstreut und trennt die Gemeinden, er verhindert, dass sie, die zusammen wohnen und zusammen leben auch miteinander beten und ihre Einheit im Herrn finden. Er lässt ihre Kranken und Behinderten, die zu solchen Fahrten nicht mehr regelmäßig im Stande sind, unberücksichtigt.“ Dieser damaligen Option, erwachsen aus der Würzburger Synode, war in den 70iger Jahren eine Zeit gegeben, in der versucht wurde, diese in die Praxis umzusetzen.

Inzwischen haben die Deutschen Bischöfe im gemeinsamen Hirtenwort zum Christkönigssonntag 2003 jedoch geschrieben: „Die geringere Zahl der Priester, aber auch andere Entwicklungen in unseren Pfarrgemeinden führen zu Änderungen in den Pfarrstrukturen und auch im Gottesdienstleben. Lieb gewordene Messzeiten sind nicht mehr möglich, liturgische Gewohnheiten müssen auf einmal mit denjenigen einer anderen Pfarrei abgestimmt werden. Manchem fällt die Annahme solcher Veränderungen schwer. Bei allem Verständnis für den Einzelfall rufen wir jedoch in Erinnerung, dass die Liturgie nicht Feier einer einzelnen Pfarrgemeinde ist, sondern Feier der Kirche insgesamt. Katholizität, allumfassende Einheit, kann im Überschreiten der Pfarreigrenze bei der gemeinsamern Feier der Liturgie Zeichenhaftigkeit gewinnen.“

Im Geleitwort zu dem Werkbuch für Wort-Gottes-Feiern an Sonn- und Werktagen von 2004 heißt es wörtlich: „Der Mangel an Priestern hat auch hierzulande dazu geführt, dass die sonntägliche Eucharistiefeier nicht mehr in jeder Gemeinde möglich ist. Dennoch muss es Ziel und Aufgabe der Kirche bleiben, darauf hinzuwirken, dass jede Pfarrgemeinde auch in Zukunft die sonntägliche Eucharistie feiern kann. Ist jedoch eine Messfeier nicht möglich und ist der nächste Ort, an dem die heilige Eucharistie gefeiert wird, unzumutbar weit entfernt, so soll die Pfarrgemeinde eingedenk des Herrenwortes: ‚Denn wo zwei oder drei versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen’ (Mt 18,20) zu einer Wort-Gottesfeier zusammenkommen, um die Gegenwart des Herrn in seinem Wort zu feiern. So werden die Gläubigen einander und den Herrn nicht aus den Augen verlieren, und ihre Sehnsucht nach der heiligen Eucharistie wird lebendig bleiben.“

Es sind zwei Akzente, die das II. Vatikanische Konzil setzte, als es im Bestreben um die Hervorhebung der Gottesgegenwart in der Verkündigung des Wortes Gottes die Wiederbelebung eigener Wortgottesfeiern, damals noch Wortgottesdienste genannt, wünschte. Zum einen geht es um die klare Eigenwertigkeit der liturgischen Gottesbegegnung im Hören seines Wortes und im betenden Antworten der versammelten Gemeinde. Zum anderen stellte sich bereits zu Zeiten des Konzils die Frage, wie eine gottesdienstliche Sonntagsversammlung der Gemeinde gewährleistet werden kann, wenn kein Priester anwesend ist.

Erst 15 Jahre später wurde der Konzilswunsch nach eigenen Wortgottesfeiern in einigen Bistümern Deutschlands, darunter auch in Würzburg, zur Wirklichkeit. Als 1978 Bischof Josef Stangl Richtlinien für die Wortgottesfeiern in der Diözese erließ und die ersten Wortgottesdienstleiter/Innen ihre Ausbildung aufnehmen konnten, war dabei vordringlich der zweite vom Konzil benannte Aspekt im Blick. Die Wortgottesfeiern wurden als Ersatz für die sonntägliche Eucharistie ins Leben gerufen, um die gottesdienstlichen Versammlungen der vielen und zum Teil kleinen Gemeinden im Bistum zu gewährleisten und zu erhalten.

Bischof Josef handelte damals in der Übereinstimmung mit anderen deutschen Bischöfen und in der Konsequenz der pastoralen Situation im Bistum Würzburg. Die Diözese Würzburg ist überwiegend ländlich strukturiert und von kleinen Pfarreien und Kuratien mit häufig sehr langer Tradition geprägt. Eine Auflösung zu Gunsten größerer Pfarreinheiten mit einem zentralen gottesdienstlichen Versammlungsort wäre aus logistischen Gründen schwierig gewesen und verbot sich schon durch das traditionelle und tief verwurzelte Selbstbewusstsein vieler Pfarreien. Auch dass diese sonntäglichen Wortgottesfeiern mit Kommunionspendung stattfanden, war damals selbstverständlich. Nach mehr als 25 Jahren Erfahrung mit der Wortgottesfeier hat sich die Situation nicht nur in der Diözese Würzburg verändert. Gleichzeitig hat auch eine theologische Reflektion stattgefunden, die für die deutschen Bistümer in einer Rahmenordnung (1999) und in einem pastoralen Schreiben (2003) ihren Niederschlag gefunden hat.

Für die hohe Eigenwertigkeit der Wortgottesfeier als wertvolle liturgische Form der Gottesbegegnung ist es zum einen schwierig, dass sie nur in „Ersatz“ und somit als „Konkurrenz“ zur Eucharistie eingeführt worden ist. Der erste vom Konzil benannte Aspekt, der eigenständigen Wortgottesfeier als Gottesdienstform für den Werktag wird erst in den letzten Jahren entdeckt und gewinnt für die Gemeinden ohne werktägliche Eucharistie zunehmend an Bedeutung. In ihrem pastoralen Schreiben von 2003 verweisen die Deutschen Bischöfe auf die Wichtigkeit einer täglich betenden Kirche vor Ort und werben für den täglichen Gottesdienst in Form von Wortgottesfeiern und beziehungsweise oder im Stundengebet. Zur besonderen Eigenwertigkeit der Wortgottesfeier aber gehört auch der Verzicht auf die Kommunionfeier, die mittlerweile nur noch außerordentlicher Bestandteil der Wortgottesfeier ist.

Die Eucharistie aber ist und bleibt der Höhepunkt gottesdienstlichen Feierns. Seit den ersten nachösterlichen Versammlungen der Jünger Jesu kennzeichnet die Eucharistie die Erinnerung an den Tod und die Auferstehung Jesu als unsere Hoffnung und Heilszusage. Der erste Tag der Woche, der Sonntag, ist deshalb seit dem Anfang der Kirche die Feierform des Sonntags und der sonntäglichen Gemeinde. Jede christliche Gemeinde hat daher nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht und die inhaltliche Notwendigkeit zur sonntäglichen Eucharistie. Durch die Eucharistie wird eine christliche Gemeinschaft voll und ganz zur Kirche. Gleichzeitig braucht es aber auch die christliche Gemeinschaft, damit Eucharistie sich als Zentrum kirchlichen Handelns entfalten kann. Dies geschieht heute in differenzierter Art und Weise. Gerade in den Städten unserer Diözese bildet sich neben dem Verständnis von territorial umgrenzter Gemeinde auch ein Gemeindebild heraus, das sich über persönliche Gemeinsamkeiten definiert.

Hier hat bereits der Prozess eingesetzt, dass die Mitfeiernden einer Messe aus unterschiedlichen Orten und Gegenden zum Gottesdienst zusammen kommen. In den eher ländlichen Gegenden ist die Situation noch anders. Nach dem Wegfall der Schulen, nach dem Verlust der politischen Selbständigkeit ist oftmals „nur“ die Pfarrei als Eigenprofil eines Dorfes, einer Kommune geblieben. Hier ist noch stärker die lokale Einheit im Blick und auch hier gilt die Sorge um eine sonntägliche Versammlung in Form der Eucharistie als oberstes Ziel. Jede dieser kleinen ländlichen Gemeinden würde auch gerne all sonntäglich ihre Eucharistie feiern. Ist dies aber nicht möglich, so ist die Wortgottesfeier ein hochwertiger „Ersatz“, der die sonntägliche Versammlung der Gemeinde garantiert und die Sehnsucht nach der Eucharistie wach halten soll. So heißt es im pastoralen Schreiben „Mitte und Höhepunkt des ganzen Lebens der christlichen Gemeinde“ vom 24. Juni 2003: Was auf den ersten Blick als gute Notlösung erscheint und in bestimmten Situationen auch sinnvoll sein kann, zeigt aber mittlerweile problematische Folgen. Denn manche meinen, dass ein Wortgottesdienst, der mit einer Kommunionfeier verbunden wird, ein vollgültiger Ersatz für eine Messfeier ist. (S. 30)“

Für eine weitere Entwicklung muss der Blick nach vorne gerichtet werden. Dabei wird man in unserer unterschiedlich strukturierten Diözese immer von einer ungleichzeitigen Entwicklung ausgehen müssen. In den städtischen Gemeinden ist dieses Thema der Wortgottesfeiern am Sonntag noch nicht so virulent. Vielleicht wird sich dort sogar zukünftig eine stärkere Entwicklung in Richtung von Personalgemeinden ergeben. Anders sieht dies zum Teil schon in den Stadtrandgemeinden aus, die vor 30 Jahren ihre politische Selbständigkeit verloren haben. Hier gilt es im Verbund mit der Entwicklung dieser Gemeinden darauf zu achten, wie die Möglichkeit zur sonntäglichen Eucharistie gewährleistet und gleichzeitig das hohe Maß an Eigenempfinden bewahrt werden kann. Gemeindeverständnis und Eucharistie sind von einander abhängig und müssen sich gegenseitig befruchten und eine Einheit bilden. Meine Sorge gilt dem hohen Wert der Eucharistie wie der Gemeinde und dem Verständnis von kirchlicher Gemeinschaft gleicher Weise.

Wo sich Gemeinden neu und auf anderen Ebenen bilden, muss ich Mut machen, dies auch in der gemeinsamen Feier der Eucharistie zum Ausdruck zu bringen. In Gemeinden mit einer stark lokalen und territorialen Prägung ist es wichtig, durch eine Wortgottesfeier die sonntägliche Gemeinde zu garantieren, die Sehnsucht nach der Eucharistie wach zu halten und gleichzeitig sensibel zu beobachten, wie und ob diese Gemeinden in ihrer Selbsteinschätzung durch die gesellschaftliche Mobilität verändert werden und Gemeindeentwicklung deshalb auch zu einer veränderten gottesdienstlichen Praxis führen muss. Dies gilt in gleicher Weise nicht nur für die Gottesdienste, sondern für das gesamte Gemeindeleben.

Im Grunde hatte mein Vorgänger, Bischof Paul-Werner Scheele und Weihbischof Helmut Bauer nie eine andere Position im Blick auf die Homilie in der Heiligen Messe und die Stellung der Wortgottesfeier am Sonntag in der Zuordnung zur Eucharistiefeier vertreten. Und auch Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand hatte schon vor einigen Jahren Überlegungen zum Dienst des Priesters in der kooperativen Pastoral angestellt. Daraus wird ersichtlich, dass auch schon damals die Mitwirkung von Laien am Auftrag des Amtes in dem von mir angemahnten Sinne verstanden wurden: „Das II. Vatikanische Konzil gibt verschiedene Hinweise darauf (LG 33, AA24) wie Laien über die in Taufe und Firmung begründete Teilnahme an der Heilssendung der Kirche hinaus zur Mitarbeit am Auftrag des Amtes berufen werden können. Sie können dabei gewisse Aufgaben (munera) übernehmen, die enger mit den ordinierten Ämtern (officia) verbunden sind. Dies ist in der theologischen Lehre, bei liturgischen Handlungen und in der Seelsorge möglich. In diesem Sinn spricht das Konzil von einer cooperatio bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten, ohne dass dadurch eine participacio am ordinierten Amt im eigentlichen Sinn gegeben wäre. Deutlich wird, worauf Walter Kasper eindringlich hingewiesen hat, dass sich die (nicht zuletzt von machen Kirchenrechtlern vertretene) These, wonach jeder, der in der Kirche eine bestimmte Funktion wahrnimmt, unmittelbar am kirchlichen Amt selber teilhat bzw. ordiniert werden müsste, nicht auf die Lehre des Zweiten Vatikanums berufen kann. Das Konzil lässt vielmehr die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Laien sein, aber Laien, die durch eine besondere Missio an der Ausübung bestimmter amtlicher Aufgaben mitarbeiten. Theologisch will man damit auch die Unverfügbarkeit des Ordo wahren: „Die Weihe ist Sakrament. Das bedeutet: Ich empfange, was ich mir nicht selbst besorgen kann; ich tue, was nicht aus mir kommt … Darum kann sich niemand selbst zum Priester erklären, und keine Gemeinde kann mit ihren Beschlüssen jemanden dazu machen“ (Franz Kamphaus). Vielleicht hat man den Priesterberuf in der Vergangenheit einseitig funktional gesehen, so dass der Zusammenhang zwischen Weihe und Amtsausübung etwas aus den Blick geraten ist. Umgekehrt verbietet es sich jedoch, aus der notwendigen theologischen Besinnung auf die Bedeutung der Ordination für den Priester eine bestimmte soziologische Position abzuleiten: Die Weihe impliziert niemals eine Höherstellung, sondern ist immer eine spezifische Indienstnahme durch Jesus Christus für die Kirche. Das nachkonziliare Kirchenrecht von 1983 hat versucht, die eben skizzierten Ansätze aufzugreifen. Ich kann hier nicht im Einzelnen darauf eingehen, aber möchte darauf hinweisen, dass der berühmte can. 517 § 2 eben darauf hinzielt, in Situationen des Priestermangels Diakone und Laien in die Ausübung leitender Seelsorgsaufgaben einzubinden – jedoch niemals so, dass dadurch auf Dauer der Zusammenhang von Amt und Ordination unterlaufen wird. Es kann also, wenn man auf der Linie des Konzils bleiben will, nicht angehen, dass Lösungsversuche zur Behebung des Priestermangels die Nebenwirkung haben, dass sie den priesterlichen Dienst zumindest rein funktional unnötig oder austauschbar erscheinen lassen. Es geht bei dieser Frage nicht um einen Neoklerikalismus, wie manchmal geargwöhnt wird, es geht auch nicht nur um die Lebensform des zölibatären Priestertums, es geht letztlich um die sakramentale Grundstruktur der Kirche. Das Problem ergibt sich ganz konkret bei einer Kumulation von verschiedenen Beauftragungen auf eine einzige Person. Wenn man etwa einem Pastoralreferenten oder einer Pastoralreferentin alle theologisch und kirchenrechtlich an sich möglichen Beauftragungen wie die Laienpredigt außerhalb der Eucharistie, die Leitung so genannter priesterloser Gottesdienste, die Taufspendung, die Eheassistenz, die Beerdigung, den Mitvorsitz in der Kirchenverwaltung usw. auch tatsächlich überträgt, dann kommt es – zumindest in der Außenwahrnehmung – faktisch zu der Figur eines Amtes ohne Weihe. Diese Sicht wird verstärkt durch eine Tendenz, welche sich aufgrund der gewandelten Wahrnehmungsweisen schwer tut, die Kirche und in ihr den priesterlichen Dienst als sakramentale Lebensform zu sehen; es erscheint von der äußeren Optik her als ein – womöglich ersetzbarer – Teil der kirchlichen Organisationsform. Die Verstärkung dieser Sicht aber kann nicht die Absicht pastoraler Maßnahmen zur Gemeindebegleitung sein. Es empfiehlt sich deshalb, Aufgaben vor allem in größeren Gemeinden im Sinn der beschriebenen Mitwirkung am Amt an mehrere Personen zu delegieren; Aufgabe des Priesters wäre dann unter anderem der begleitende Dienst an der Einheit in einem solchen Team.

Die Belastung unserer Pfarrer darf uns in der Bistumsleitung nicht gleichgültig sein. Aber gerade der Blick auf die zunehmende Not vieler Mitbrüder verpflichtet zu kirchlich, will sagen: theologisch, spirituell und pastoral verantwortbaren Lösungen; nicht selten ist das Gegenteil von „gut“ auch hier nicht „schlecht“, sondern „gut gemeint“ … (aus: Wie heute als Priester leben?“ Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand.)

Sie sehen, dass meine Antworten keine neuen sind, die die Kirche verändern wollen, sondern durchaus in den auch schon früher vertretenen Grundlinien zeitgemäßer kirchlicher Auffassungen liegen und aufgrund ihrer theologischen Einbindung auch der Akzeptanz und Umsetzung harren!